Traditionsreich, angesehen - und bald pleite
Dass Unternehmen mehrere hundert Jahre alt werden, ist sehr unwahrscheinlich
Ob großer Automobilhersteller, oder systemrelevante Bank, auf kurz oder lang verschwinden alle Unternehmen wieder vom Markt - da dürften auch keine Rettungsmaßnahmen der Politik helfen. Denn dass ein Unternehmen mehrere hundert Jahre alt wird, ist zwar nicht auszuschließen aber sehr unwahrscheinlich. Das ergibt sich aus einem mathematischen Modell, mit dem Alex Coad am Max-Planck-Institut für Ökonomik in Jena die Altersverteilung von Unternehmen beschreibt und sie in einen Zusammenhang mit der Unternehmensgröße bringt. Der Ansatz könnte in Zukunft genauere Prognosen über die Entwicklung von Volkswirtschaften ermöglichen. (Journal of Industry, Competition and Trade, 9. März 2010 und Economics: The Open-Access, Open-Assessment E-Journal, 21. Mai 2010)
Die älteste Firma der Welt; das japanische Bauunternehmen Kongō Gumi, ging 2006 im 1428. Jahr seines Bestehens in die Insolvenz. Das älteste Unternehmen Deutschlands, die Brauerei Weihenstephan, feiert in diesem Jahr seinen 970. Geburtstag, das Unternehmen Weltenburger, ebenfalls eine Brauerei, bringt es immerhin auf 960 Jahre.
Welche Lebenserwartung Unternehmen im Allgemeinen haben, untersucht Alex Coad vom Jenaer Max-Planck-Institut für Ökonomik. Er hat ein Modell zur Altersverteilung von Unternehmen entwickelt. Auf diese Weise kann er auch vorhersagen, wie viele der heute existierenden Unternehmen einer Volkswirtschaft- wahrscheinlich - auch in 10, 30 oder 50 Jahren noch Bestand haben werden. Sein bislang wichtigstes Ergebnis: Die Altersverteilung von Unternehmen lässt sich näherungsweise durch eine Exponentialverteilung darstellen. Das bedeutet: Die Chance, dass ein Unternehmen das nächste Jahr überlebt, ist von Jahr zu Jahr annähernd konstant. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Firma ihren 100. oder gar 1000. Geburtstag feiern kann, ist damit sehr gering, aber nicht gleich Null.
Anders als die Größenverteilung ist die Altersverteilung von Unternehmen wissenschaftlich kaum untersucht. "Dabei ist sie aus mehren Gründen von großem Interesse", sagt Alex Coad: "Sie spiegelt zuverlässig die Zahl der Neugründungen, die Überlebensraten und die Marktaustritte von Unternehmen wider." Darüber hinaus gibt sie Hinweise auf die Organisationsstrukturen und die Technologien der Unternehmen, denn die Bedingungen und Regelungen in der Gründungsphase von Unternehmen prägen diese langfristig. Außerdem ist sie nützlich für internationale Vergleiche.
Altersverteilung und Firmengröße
Für seine Studien analysierte Coad Datensätze der statistischen Bundesämter aus Indien, Spanien und Italien, die eine möglichst vollständige Statistik der Unternehmen eines Landes anstreben. Alle Analysen führten zu der genannten exponentiellen Funktion. Das entspricht einer über lange Zeit konstanten, jährlichen Überlebensrate. Mit einer Ausnahme: In den ersten Jahren ihres Bestehens ist das Überleben von Unternehmen sehr viel gefährdeter. Dieses Ergebnis bestätigte auch die Analyse eines vierten Datensatzes, der Auskunft über neugegründete bzw. junge Unternehmen in den USA gibt.
Neben der Frage nach der Lebenserwartung von Unternehmen an sich, stellt sich die Frage, wie groß die Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt wahrscheinlich sein werden. Daraus könnten sich beispielweise Hinweise auf die zu erwartende Zahl von Arbeitsplätzen ergeben. Als gesichert gilt unter Ökonomen dabei zum einen, dass ältere Firmen tendenziell größer als jüngere Firmen sind, da sie über die Jahre Kapital, Know How und Netzwerke kumulieren. Zum anderen belegen zahlreiche Studien für die Größenverteilung von Firmen die sog. Pareto-Verteilung. Das heißt, es gibt eine stark ungleiche Verteilung von Unternehmen, mit einer großen Zahl kleiner Firmen und einer kleinen Zahl großer Unternehmen. Die Pareto-Verteilung sagt jedoch nichts über das Unternehmensalter aus. Coad hat nun ein mathematisches Modell entwickelt, mit dem sich das Firmenalter und die Größenverteilung gleichzeitig analysieren lassen. Dieses bildet die empirischen Befunde sehr gut ab. Aus den beobachteten Alters- und Größenverteilungen ließen sich dann möglicherweise genauere Prognosen über die Entwicklung von Volkswirtschaften treffen.