Das Alter treibt Blüte

Ein neu entdeckter Signalweg sorgt dafür, dass Pflanzen auch ohne stimulierende Umwelteinflüsse blühen können

20. August 2009

Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen haben einen Signalweg entdeckt, der Pflanzen unabhängig von äußeren Einflüssen, wie Tageslichtlänge und Temperatur, blühen lässt. Dabei wirkt die Konzentration eines kleinen RNA-Schnipsels in den Zellen wie eine Sanduhr: Nimmt diese mit zunehmendem Alter ab, erwacht die Pflanze aus ihrem vegetativen Ruhestadium und begibt sich in die reproduktive Blühphase. Somit wird sichergestellt, dass die Pflanze nicht vergeblich darauf wartet sich fortzupflanzen, wenn die Umweltbedingungen über einen längeren Zeitraum hinweg nachteilig sind. (Cell, 21. August 2009)

Warum erblühen manche Pflanzen auch an kurzen grauen Tagen? Die Wissenschaftler um Detlef Weigel vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie haben eine Antwort auf diese Frage gefunden: Ein innerer Mechanismus ermöglicht, dass Pflanzen auch dann blühen, wenn positive äußere Einflüsse wie längere Sonnentage fehlen. Hierbei spielt ein kleiner RNA-Schnipsel, eine sogenannte mikro-RNA, eine wichtige Rolle: Sinkt seine Konzentration in den Sprosszellen, wird ein Prozess angestoßen, der zur Blütenbildung führt.

Mikro-RNAs bestehen aus nur 20 bis 22 Basenpaaren und übernehmen sowohl in Pflanzen als auch Tieren eine wichtige Aufgabe bei der Regulation von Genen. Indem sie an die komplementäre Basensequenz einer Boten-RNA binden, verhindern sie, dass diese in ein Protein übersetzt wird. Das entsprechende Gen wird auf diese Weise stumm geschaltet.

Die Tübinger Entwicklungsbiologen fanden heraus, dass die Ackerschmalwand, Arabidopsis thaliana, diesen Regulationsmechanismus benutzt, um von der vegetativen Ruhephase in das Fortpflanzungsstadium zu wechseln. Für die Ausbildung der Pflanzenblüte spielen SPL-Gene eine wichtige Rolle. In jungen Pflanzen wird die Bildung von SPL-Genprodukten durch mikro-RNA156 weitgehend unterdrückt. In ihrer Studie zeigten Jia-Wei Wang und seine Kollegen nun, dass die Konzentration der mikro-RNA ohne äußere Einflüsse mit der Zeit absinkt: Die SPL-Gene werden in Proteine umgesetzt und regen dadurch das Blütenwachstum an. Somit scheinen auch altersabhängige Mechanismen die Pflanzenreproduktion zu regulieren.

Der neu entdeckte Prozess unterstützt dabei einen bereits bekannten parallelen Signalweg, welcher von äußeren Tageslichtfaktoren abhängig ist. Beide Mechanismen aktivieren in der Pflanzensprosse eine Reihe verschiedener überlappender Gene, die für die Blütenbildung entscheidend sind. "Die Blütezeit ist für Pflanzen ein sehr wichtiger Prozess. Durch die Redundanz wird sichergestellt, dass bei Ausbleiben entsprechender äußerer Reize die Pflanze nicht ewig wartet, bis sie blüht. Denn das Blühen ist für die Fortpflanzung unerlässlich", erklärt Detlef Weigel, Direktor am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie.

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