Technologischer Durchbruch für die Silizium-Photonik
Max-Planck-Wissenschaftlerin präsentiert neues Herstellungsverfahren für Nanokristalle aus Silizium für Optoelektronik und Speichertechnik
Ein Verfahren zur maßgeschneiderten Herstellung von Silizium-Nanokristallen auf 4-Zoll-Wafern haben Wissenschaftler um Dr. Margit Zacharias am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik, Halle/Saale, entwickelt und zum Patent angemeldet. Nach einem gängigen Verfahren der Silizium-Technologie wird hierbei zunächst eine thermisch nicht stabile Siliziumoxidverbindung als ultra-dünne Schicht (nur ein bis fünf Nanometer) auf einem Träger abgeschieden. Eine anschließende thermische Behandlung führt in dieser Schicht zu einer Phasenseparation, bei der sich in Abhängigkeit von der Temperatur Siliziumcluster und -nanokristalle bilden, die in eine Matrix aus thermisch stabilem Siliziumdioxid eingebettet sind. Die Größe der Nanokristalle wird über die Dicke der aufgedampften Schicht gesteuert. Auf diese Weise lassen sich hochdichte Felder von Siliziumclustern oder -nanokristallen sehr kostengünstig herstellen (Solid State Phenomena 94 (2003) 95-104). Inzwischen vermeldeten die Firmen Motorola mit dem ersten 4-Megabit-Speicher und STMicroelektronics bei Licht-emittierenden Dioden (LED) technologische Durchbrüche auf der Basis von Silizium-Nanokristallen.
Silizium ist nicht nur eines der Basiselemente unseres Planeten, es ist auch die Grundlage der modernen Informationsgesellschaft. Die moderne Elektronik wäre ohne die Entwicklung von Siliziumtransistoren nicht denkbar und ein solcher Transistor ist nur möglich durch die herausragenden Eigenschaften und die Stabilität des Siliziums und seines Oxids. Die zunehmende Miniaturisierung der Mikroelektronik, die Ansprüche der Optoelektronik und die Entwicklung der optischen Datenübertragung zeigen aber auch die Grenzen der Siliziumtechnologie auf: Silizium ist ein indirekter Halbleiter und hat als solcher eine sehr ineffiziente Lichtemission bei Raumtemperatur. So werden in der Optoelektronik meist Strukturen basierend auf den III-V Elementen, wie z.B. Galliumarsenid oder Indiumphosphid oder entsprechende Kombinationen, verwendet, welche aber nicht mit Silizium kompatibel sind.
Einen Ausweg bieten Strukturen im Nanometer-Bereich, denn in diesen Abmessungen zeigt Silizium andere Eigenschaften. Im Bereich von wenigen Nanometern wird die Beweglichkeit von Elektronen und Elektronen-Fehlstellen im Silizium stark eingeschränkt und es treten so genannte "Quantum-Confinement-Effekte" auf, wodurch sich die Bandlücke des Siliziums vergrößert und die Lichtemission in den sichtbaren Bereich verschiebt. Deshalb gibt es seit über zehn Jahren weltweit sehr intensive Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Silizium-Nanokristalle. Diese können auf sehr unterschiedlichen Wegen hergestellt werden, doch immer stellte sich das Problem, wie man die Größe dieser Nanokristalle kontrollieren könnte. Bei technologischen Anwendungen muss man in der Lage sein, Dichte, Größe und Position der Nanokristalle unabhängig voneinander kontrollieren zu können. Dies ist mit den üblichen Verfahren, wie zum Beispiel die Erzeugung von porösem Silizium, Ionen-Implantation oder die Herstellung von dicken SiOx-Filmen nicht möglich.
Forscher am Max-Planck-Institut für Mikrostukturphysik haben jetzt ein Verfahren entwickelt, mit dem man die Größe von Silizium-Nanokristallen kontrollieren und diese maßgeschneidert auf 4-Zoll-Wafern herstellen kann. Das Verfahren beruht auf einer Kombination aus einer Multilagenstruktur mit Schichtdicken von wenigen Nanometern und unterschiedlichen Bandlücken, so genannten Übergittern, und einer Phasenseparation in den ultra dünnen Schichten. Die Übergitterstruktur aus amorphen Siliziumoxid-Schichten (SiOx/SiO2) wird mit einem heute gängigen technologischen Verfahren hergestellt. Eine besonders simple Variante demonstrierten die Max-Planck-Wissenschaftler, indem sie Siliziumoxid unter Vakuum oder in sauerstoffhaltiger Atmosphäre verdampften (vgl. Abb. 1). Die entstehende amorphe SiO/SiO2-Übergitterstruktur wird dann in einer Stickstoffatmosphäre bei 1.100 Grad Celsius getempert. Durch die auf diese Weise thermisch ausgelöste Phasenseparation wandelt sich SiO in den ultra dünnen Sublagen in reine Silizium-Nanokristalle und in amorphes SiO2 um, wodurch die Nanokristalle automatisch mit einem entsprechenden Barrierenmaterial umgeben sind (vgl. Abb. 2).
Die Größe der Kristalle in dem interessierenden Bereich von zwei bis fünf Nanometer kann über die Dicke der Schicht, und der Abstand zwischen den Kristallen über die Dicke der SiO2-Barriereschichten und den Sauerstoffgehalt der SiOx-Schichten gesteuert werden. Ein höherer Sauerstoffgehalt führt automatisch zu einem höheren Anteil des amorphen SiO2 nach der Phasenseparation und somit zu einem größeren Abstand der Silizium-Nanokristalle innerhalb einer Sublage. Da die Lumineszenz des Siliziums mit der Zahl der Kristalle wächst und bei kleinen Kristallen die Quantenausbeute höher ist als bei größeren, sind vor allem sehr kleine Kristalle in hohen Dichten für eine möglichst hohe Lumineszenzintensität erforderlich. Implantiert man die nanokristallinen Strukturen mit Erbium-Ionen, tritt ein sehr effektiver Energietransfer von den Nanokristallen zu den Er3+-Ionen ein und die Lumineszenz verlagert sich in den technisch interessanten Bereich von 1,54 Mikrometer. Diese Wellenlänge hat große Bedeutung in der optischen Datenübertragung, da die dort eingesetzten Glasfaserkabel bei 1,54 Mikrometer ein Transmissionsmaximum aufweisen. Auch werden Erbium dotierte Glasfaser als Verstärker für die optische Datenübertragung angewendet.
STMicroelectronics hat im Herbst des Jahres 2002 eine auf nanokristallinem Silizium basierende Leuchtdiode (LED) für 1,54 Mikrometer mit einem Wirkungsgrad von 10 Prozent vorgestellt. Diese beruht noch auf dicken SiO2-Schichten, in denen die Silizium-Kristalle durch Ionenimplantation erzeugt wurden, die sich relativ ungeordnet verteilen. Dieser Wirkungsgrad könnte durch das neue Verfahren und Strukturen, bei denen eine dichte Matrix von zwei Nanometer großen Kristallen erzeugt wird, noch übertroffen werden. Ein weiteres Anwendungsgebiet der Silizium-Nanokristalle in oxidischer Matrix sind Speicherschaltkreise. So hat Motorola erst kürzlich den ersten 4-Megabit-Speicher vorgestellt, der die Ladungsspeicherung in Silizium-Nanokristallen ausnutzt.