Die Strafverfolgung von Wilderern schützt Menschenaffen effektiv
Eine Langzeitstudie beziffert erstmalig den relativen Einfluss von Artenschutz in 16 afrikanischen Ländern und zeigt, wie entscheidend die langfristige Präsenz von Strafverfolgung, Tourismus, Forschung und NROs für das Überleben von Schimpansen, Bonobos und Gorillas ist.
Aktuellen Studien zufolge verringert sich die Anzahl der afrikanischen Menschenaffen rasant. Viele Gebiete, in denen die Tiere vorkommen, werden kaum verwaltet und geschützt. In Zusammenarbeit mit Feldforschern und Verwaltern afrikanischer Nationalparks untersuchten Leipziger Max-Planck-Wissenschaftler, wie sich das Fehlen von Artenschutz-Bemühungen auf Menschenaffen auswirkt. Hierfür wurden während der letzten 20 Jahre Daten aus 109 Verwaltungsdistrikten in 16 ost-, west- und zentralafrikanischen Ländern erhoben. Eine langfristige Präsenz von lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen und von Strafverfolgungsbehörden hatte einen messbar positiven Effekt auf Schimpansen, Bonobos und Gorillas. Die nationale Entwicklung, die häufig als Motor für den Artenschutz bezeichnet wird, und eine hohe Bevölkerungsdichte haben sich hingegen negativ auf das Überleben der gefährdeten Menschenaffen ausgewirkt.
„Zum Schutz der natürlichen Ressourcen, insbesondere zur Bekämpfung des Rückgangs der Wildtierbestände, ist es zwingend nötig, effektive Maßnahmen umzusetzen“, ist Sandra Tranquilli vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie überzeugt. Wie erfolgreich verschiedene Schutzaktivitäten sind und wie sie sich über einen großen räumlichen und zeitlichen Rahmen hinweg auswirken, wurde bisher kaum beziffert. „Ein quantitativer Vergleich ist jedoch wichtig, um Natur- und Artenschutzstrategien gezielt zu unterstützen. Er wird im Hinblick auf den rasanten Rückgang vieler afrikanischer Menschenaffenpopulationen dringend benötigt“.
Ihre Studie fokussierte auf vier verschiedene Schutzaktivitäten für den gesamten afrikanischen Kontinent und deren relative Bedeutung: den Einsatz von Strafverfolgungsbehörden (Wildhüter, Nationalpark-Agenten), den Tourismus, der Forschung und der Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen (NROs). Die Auswirkung dieser Maßnahmen wurde in 109 afrikanischen Verwaltungsdistrikten für den Schutz von Schimpansen, Bonobos und Gorillas, die in 16 ost- west- und zentralafrikanischen Ländern leben, über 20 Jahre (1990-2009) hinweg untersucht. Ergänzend dazu hat die Langzeitstudie auch Umweltbedingungen und den Einfluss des Menschen sowie aktuelle Statusmeldungen zur Situation der Menschenaffen miteingeschlossen.
Demnach verringern langfristig angelegte Schutzaktivitäten die Wahrscheinlichkeit, dass Menschenaffen aussterben - je länger die Maßnahmen andauern, umso weniger wahrscheinlich sterben sie aus. „Die Ergebnisse erbringen den quantitativen Beweis, dass das Risiko für Menschenaffen dort am höchsten ist, wo Wildhüter- und Polizeipräsenz fehlen“, sagt Sandra Tranquilli. „Tourismus, Forschung und die Präsenz von und Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen vor Ort haben aber ebenfalls einen messbaren positiven Einfluss.“
„Es ist für die meisten von uns unvorstellbar, wie schnell die letzten verbleibenden Gebiete unberührter Natur verschwinden. Wenn wir einige dieser Orte für die Zukunft erhalten möchten, brauchen wir mehr Studien dieser Art“, sagt Hjalmar Kühl, der die Natur- und Artenschutzgruppe am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie leitet. „Sie helfen uns besser zu verstehen, welche Schutzmaßnahmen am effektivsten sind und in welche Aktivitäten die begrenzt vorhandenen Ressourcen am besten investiert werden sollten.“„Dies ist ein ausgezeichnetes Beispiel für beweisorientierte Forschung zur Arterhaltung, in der Schutzmaßnahmen und –strategien quantitativ begutachtet werden“, sagt Forscherin Fiona Maisels von der Wildlife Conservation Society. „Diese Studie wird dazu ermutigen, die nur begrenzt vorhandenen Personal- und Finanzressourcen dort einzusetzen, wo sie ein Maximum an Effektivität erreichen – vor Ort in die effektive Strafverfolgung von Wilderern“.
„Das Überleben der afrikanischen Menschenaffen ist von der Strafverfolgung abhängig“, sagt Forscherin Fidèle Amsini, die aus der D.R. Kongo stammt und bei der Frankfurter Zoologischen Gesellschaft tätig ist. „Es ist auch abhängig von Spenden und den Konsequenzen, die den Behörden afrikanischer Länder entstehen.“
Darüber hinaus empfehlen die Autoren – außer der Anwendung eines beweisorientierten Denkansatzes – ein ständiges Monitoring der Entwicklung der Menschenaffenpopulationen und der ständigen Bedrohungen, um das Überleben der nächsten Verwandten des Menschen sicherzustellen.
SJ/BA
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Diese Arbeit wurde unterstützt von der Arcus Foundation, der Max-Planck-Gesellschaft und dem US Fish and Wildlife Service; die Daten werden in der A.P.E.S. Datenbank der IUCN verwaltet. Die Arbeit wurde gemeinsam mit Mitarbeitern folgender NROs, Universitäten und Nationalparks durchgeführt: AGRECO, African Wildlife Foundation, Fauna and Flora International, Federal University of Technology (Akure, Nigeria), Garamba National Park (D.R. Kongo), Ghana PADP II-LTS International, Ghana Wildlife Society, Great Ape Trust, Institut National pour l'Environment et la Conservation de la Nature (Burundi), IUCN/SSC Primate Specialist Group, Kalinzu Forest Project, Support for Conservation of Bonobos, Tshuapa-Lomami-Lualaba Project, University of Amsterdam (Amsterdam, Niederlande), University of California (Davis, USA), University College London (London, Großbritannien), University of Ghana (Legon, Ghana), University of Stirling (Stirling, Großbritannien), University of Kyoto (Kyoto, Japan), University of Melbourne (Melbourne, Australien), West African Primate Conservation Action, West Chester University (Pennsylvania, USA), Wild Chimpanzee Foundation, Wildlife Conservation Society, World Wide Fund for Nature, Zoological Society of London.