Pflanzenzellen bereiten sich auf Besiedlung durch Symbiose-Pilze vor

Lasermikrodissektion ermöglicht Einblicke in das Symbioseprogramm von Wurzelzellen

14. November 2011

Nicht nur Öl und Erdgas, auch der Phosphor wird knapp. Bereits in 20 Jahren sei mit einem eklatanten Phosphatmangel zu rechnen, verkündeten im August angesehene Wissenschaftler auf einer Konferenz in Cambridge. Phosphor, dieses lebenswichtige Element, ist unter anderem Bestandteil unserer DNA und durch nichts zu ersetzen. Schon jetzt sind viele Böden so verarmt, dass die Pflanzen nur dank einer Symbiose mit den arbuskulären Mykorrhizapilzen (AM-Pilzen) genügend Phosphor aus dem Boden aufnehmen können. Diese Symbiose kommt bei fast allen Landpflanzen vor und es scheint dafür in den Wurzelzellen ein genetisches Programm zu geben. Dieses zu entschlüsseln, daran arbeiten auch die Forscher um Franziska Krajinski vom Potsdamer Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie. Da die AM-Symbiose asynchron abläuft, also in verschiedenen Zellen einer Wurzel unterschiedliche Phasen der Symbioseentwicklung vorkommen, wollten die Wissenschaftler ganz spezielle Zelltypen untersuchen. Nicht Wurzelgewebe, wie es sonst der Fall ist. Mit Hilfe eines Laserstrahls gelang es ihnen, Zellen aus dem Gewebeverband herauszutrennen und ihre individuelle Genaktivität zu entschlüsseln.

Wenn Forscher Pflanzen auf ihre Inhaltsstoffe hin untersuchen, so gehen sie meistens davon aus, dass Zellen aus einem Gewebe die gleichen Substanzen enthalten. In vielen Fällen ist das auch so. Die einzelnen Zellen aus Blättern, Sprossachsen oder Wurzeln ähneln sich untereinander in ihrem Stoffwechsel und ihrer Genaktivität. Komplizierter wird die Sache erst, wenn Pflanzen zum Beispiel mit Pilzen eine Symbiose eingehen, denn dadurch kann der Stoffwechsel der Pflanzenzellen umprogrammiert werden und auch Nachbarzellen können sich im Hinblick auf ihre Genexpression drastisch unterscheiden.

Die am weitesten verbreitete Symbiose ist die zwischen Wurzelzellen und arbuskulären Mykorrhizapilzen, kurz AM-Pilze genannt. Unbemerkt vom Großteil der Menschheit sorgen diese Pilze dafür, dass Pflanzen auch auf nährstoffarmen Böden wachsen können. Sie strecken ihre fadenförmigen Zellen, die Hyphen, weit in das Erdreich hinein und können somit viel mehr Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen, als es der Pflanze über ihre Wurzeln möglich ist. Hauptsächlich Phosphat, vermutlich aber auch Nitrat und Metalle wie Kupfer, Zink und Eisen gibt der Pilz bereitwillig an die Pflanze ab. Im Gegenzug erhält der Pilz von der Pflanze Zucker, den sie über die Photosynthese herstellt.

Pilz- und Pflanzenzelle verschmelzen aber nie direkt, sie sind ständig durch ihre Membranen – also die Außenwand der Zellen – voneinander getrennt. Damit die großen Zucker- und Phosphatmoleküle trotzdem von einer Zelle in die andere gelangen können, ändern die Pflanzenzellen die Struktur ihrer Zellmembran. Sie bauen große Proteinkomplexe in die Membranen ein, durch die Stoffe wie durch einen Tunnel hinein- und hinauswandern können. Wenig erstaunlich war es deshalb, dass die Forscher in den bereits vom Pilz infiltrierten Pflanzenzellen vermehrt Gene für solche Transportproteine fanden. Überraschender ist die Tatsache, dass auch die Zellen, die sich in der Nähe der kolonisierten Zellen befinden, umprogrammiert waren. Mehr als 800 Gene zeigten ausschließlich in diesen Zellen eine veränderte Aktivität.  „Das vermehrte Ablesen von Genen, die für Transportproteine, Fettstoffwechsel und Genregulation zuständig sind, scheint also nicht von der Pilzbesiedelung selbst ausgelöst zu werden“, erklärt Nicole Gaude, die Erstautorin der Studie. Wahrscheinlicher ist es, dass die Zellen sich auf eine baldige Besiedelung des Pilzes vorbereiten.

Möglich wurden diese exakten Ergebnisse durch Lasermikrodissektion. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem mit Hilfe eines Laserstrahls unter dem Mikroskop einzelne Zellen aus Geweben ausgeschnitten werden können. Mindestens 5000 Zellen haben Gaude und ihr Team per Handarbeit mit dem Laserstrahl aus dem Gewebe getrennt, eine Sisyphusarbeit. Doch der Aufwand hat sich gelohnt. „Wir wissen jetzt, welche Gene bei der Entstehung einer Symbiose aktiviert werden“, so Gaude.

Ein Verständnis dieses Symbioseprogramms von Pflanzen, könnte in Zukunft den Einsatz von Mykorrhizapilzen in der Landwirtschaft denkbar machen und somit den Einsatz künstlicher, teurer Dünger reduzieren.

CSt/HR

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