Plancks Welt – Zwischen Tradition und Moderne

Die Gesellschaft, in der Max Planck aufwächst, ist geprägt von tief greifenden Veränderungen in Wirtschaft, Arbeitsleben, Politik und öffentlichem Leben

Die Großindustrie entsteht und mit ihr die Arbeiterklasse. Durch die Industrialisierung hängen wissenschaftliche Erkenntnisse und technischer Fortschritt immer enger zusammen. Reformen im Bildungswesen und die Gründung neuer wissenschaftlicher Institutionen sind die Folge. Der Nationalstaat entsteht und mit ihm eine neue nationale Identität, die sich auch auf die Wissenschaft erstreckt. Trotz wirtschaftlichen Aufschwungs und wachsenden Selbstbewusstseins bleibt die politische Mitwirkung des Bürgertums begrenzt. Mit der Popularisierung der Wissenschaft verbinden sich auch Hoffnungen auf politischen Fortschritt. Wissenschaft wird Produktivkraft und Kulturgut.

Der Kaiser und die Moderne

Kaiser Wilhelm II. ist ein autokratisch herrschender Monarch, der ein traditionsbestimmtes Verständnis von seiner Aufgabe als Herrscher hat. Das schließt aber eine Begeisterung für technischen Fortschritt nicht aus: Wilhelm II. wird zum Förderer wissenschaftlicher Institutionen und nicht zuletzt der Schutzherr der „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften“, der Vorgängerorganisation der Max-Planck-Gesellschaft.

Die soziale Frage

Mit der Zuwanderung in die Städte und der Entstehung der Arbeiterklasse lösen sich traditionelle Formen sozialer Absicherung auf. Die Arbeiter organisieren sich politisch. Reichskanzler Otto von Bismarck verbietet 1878 mit den Sozialistengesetzen sozialdemokratische und sozialistische Organisationen. Seine moderne Sozialpolitik soll die Lage der Arbeiter verbessern und so deren Zulauf zur Sozialdemokratie schwächen: 1883 wird die Krankenversicherung, 1884 die Unfallversicherung eingeführt.

Transformation der Wirtschaft

Landwirtschaft und manuelle Fertigung prägen die traditionelle Wirtschaftswelt. Im 19. Jahrhundert entwickeln sich technikbasierte Industrien wie die Chemie- und Elektroindustrie, die häufig als Aktiengesellschaften neue Unternehmensformen annehmen. Weltweite Märkte entstehen und das Deutsche Reich wird zu einer der führenden Industrienationen.

Kulturelle Tradition und technischer Aufbruch

Elektrizität und Verkehr sind augenfällige Beispiele für die Modernisierung von der Gründerzeit bis zur Jahrhundertwende und werden mit großen Zukunftshoffnungen verbunden. Elektrische Straßenbahnen erobern die Städte und die Beschleunigung des Lebens drückt sich in Geschwindigkeitsrekorden aus. Der technische Aufbruch findet jedoch im „Gehäuse“ einer der Tradition verbundenen Kultur statt, wie sie etwa die Architektur der Fassaden zeigt.

Wissenschaft für Frieden und Krieg

„Brot aus Luft“ nennen Zeitgenossen das Herstellungsverfahren, dem der Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Chemie und Elektrochemie, Fritz Haber, zusammen mit Carl Bosch von der BASF zum Durchbruch verhilft. Doch geht das daraus gewonnene Ammoniak weniger als Basis für Pflanzendünger (z. B. Kalkammonsalpeter) in die Geschichte ein: Es wird durch Umwandlung zu Salpeter zur Grundlage der Sprengstoffproduktion im Ersten Weltkrieg, ohne die Deutschland den Krieg nicht so lange hätte führen können.

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