Wie man Krebszellen erstickt

Selbstassemblierende Moleküle könnten bei der Krebstherapie helfen
 

8. September 2022

Die Entwicklung medizinischer Behandlungen gegen Krebs ist weltweit ein großes Forschungsthema - doch Krebszellen schaffen es oft, die gefundenen Lösungen zu umgehen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Tanja Weil und David Ng vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung haben nun eine Methode entwickelt, die dauerhaft funktionieren könnte. Sie stört die zellulären Komponenten, die für die Umwandlung von Sauerstoff in chemische Energie verantwortlich sind. Damit konnten die Forschenden im Labor erste Erfolge bei der Eliminierung von Zellen aus unbehandelbarem metastasierendem Krebs erzielen.
 

Die Behandlung von Krebs ist ein langwieriger Prozess, da sich Reste lebender Krebszellen oft zu aggressiven Formen weiterentwickeln und unbehandelbar werden. Daher umfassen die Behandlungspläne oft mehrere Medikamentenkombinationen und/oder eine Strahlentherapie, um einen Rückfall zu verhindern. Um die Vielfalt der Krebszelltypen zu bekämpfen, wurden moderne Medikamente entwickelt, die auf spezifische biochemische Prozesse abzielen, die in jedem Zelltyp einzigartig sind.

Krebszellen sind jedoch sehr anpassungsfähig und in der Lage, Mechanismen zu entwickeln, um die Wirkung der Behandlung zu umgehen. "Wir wollen eine solche Anpassung verhindern, indem wir in den Grundpfeiler des zellulären Lebens eingreifen, nämlich wie Zellen atmen - das heißt Sauerstoff aufnehmen - und so chemische Energie für das Wachstum produzieren", sagt David Ng, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Polymerforschung.

Das Forscherteam hat einen synthetischen Wirkstoff hergestellt, der in die Zellen eindringt, auf die dort herrschenden Bedingungen reagiert und einen chemischen Prozess initiiert. Dadurch binden sich die Moleküle des Wirkstoffs aneinander und bilden winzige Härchen, die tausendmal dünner sind als ein menschliches Haar. "Diese Härchen sind fluoreszierend, so dass man sie direkt mit einem Mikroskop betrachten kann, wenn sie sich bilden", sagt Zhixuan Zhou, Alexander-von-Humboldt-Stipendiat und Erstautor der Arbeit.

Die Wissenschaftler überwachten den Sauerstoffverbrauch in verschiedenen Zelltypen und fanden heraus, dass die Härchen - unabhängig vom Zelltyp - die Zellen daran hindern, Sauerstoff in ATP umzuwandeln - ein Molekül, das für die Energieversorgung der Zellen verantwortlich ist. Der Prozess funktionierte sogar bei Zellen einer unbehandelbaren metastasierenden Krebsart. Das Ergebnis war, dass die Zellen innerhalb von vier Stunden abstarben. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden im renommierten Journal of the American Chemical Society veröffentlicht.

Unter kontrollierten Laborbedingungen hat das Forschungsteam von Weil und Ng ein vielversprechendes Ergebnis erzielt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen, dass sie daraus nach einigen weiteren Jahren der Forschung eine neue Methode zur Behandlung von bisher unheilbarem Krebs entwickeln können. Zudem könnte es mithilfe dieser Methode in Zukunft auch gelingen, die Kontrolle anderer zellulärer Prozesse zu manipulieren, um weitere Krankheiten zu behandeln.

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