Digitale Archäologie zum Selbermachen

Neue Methoden zur Visualisierung von kleinen Objekten und Artefakten

15. April 2022

Ein neuer Artikel in PLOS ONE stellt schrittweise Anleitungen zur Erstellung veröffentlichungsfähiger 2D- und 3D-Visualisierungen vor. Die Techniken ermöglichen es jedem, mit minimalem Aufwand und Kosten hochwertige Bilder und digitale Modelle zu erstellen.

Die Fähigkeit, Artefakte visuell darzustellen, seien es anorganische wie Stein, Keramik und Metall oder organische wie Knochen und Pflanzenmaterial, war schon immer von großer Bedeutung für die Anthropologie und Archäologie. Die Errungenschaft die Vergangenheit zu sehen, und nicht nur über sie zu lesen, eröffnet unschätzbare Einblicke für Forschende, pädagogische Fachkräfte, Studierende und die breite Öffentlichkeit in die Herstellung kultureller Materialien und die Bevölkerung, die diese herstellten und nutzten.

Die Digitalfotografie ist die am weitesten verbreitete Methode visueller Darstellung - ungeachtet ihrer Schnelligkeit und Effizienz, scheitert diese aber oft an der originalgetreuen Darstellung des untersuchten Artefakts. In den letzten Jahren, hat sich das 3D-Scannen als alternative Quelle für hochwertige Visualisierungen entwickelt, aber die Kosten für die Ausrüstung und die Produktionszeit eines Modells sind häufig nicht tragbar.

In einer neuen Studie, veröffentlicht in PLOS ONE werden zwei neue Verfahren zur Herstellung hochauflösender Darstellungen kleiner Artefakte vorgestellt, die mit Basis-Software und Grundausrüstung umsetzbar sind. Die Vorgehensweisen basieren auf Fachwissen aus den Bereichen der Archäologie, Computergrafik und der Videospielentwicklung und sind so konzipiert, dass sie jedem ermöglichen, qualitativ hochwertige Bilder und Modelle mit minimalem Aufwand und geringen Kosten zu produzieren.

Das erste Verfahren, die Small Object and Artefact Photography (SOAP), beschäftigt sich mit der fotografischen Anwendung moderner digitaler Techniken. Das Protokoll begleitet die Nutzer:innen bei der Fotografie kleiner Objekte und Artefakte - vom anfänglichen Aufbau der Ausrüstung, zur besten Methode des Umgangs mit der Kamera sowie deren Funktionalität bis hin zur Anwendung von Nachbearbeitungssoftware.   

Das zweite Verfahren, die High Resolution Photogrammetry (HRP), wird für die fotografische Erfassung, die digitale Rekonstruktion und dreidimensionale Modellierung kleiner Objekte angewendet. Diese Methode strebt an, einen umfassenden Leitfaden für die Entwicklung hochauflösender 3D-Modelle zu bieten, indem sie bekannte Techniken aus dem akademischen Bereich und der Computergrafik vereint und es jedem ermöglicht, eigenständig hochauflösende und quantifizierbare Modelle herzustellen.

„Diese neuen Protokolle verbinden detaillierte, konkrete und benutzerfreundliche Arbeitsschritte für die Aufnahme und Verarbeitung von Bildern - damit tragen sie zur Reproduzierbarkeit hochwertiger Visualisierungen bei“, sagt Hauptautor Jacopo Niccolò Cerasoni. „Durch die eindeutige Erläuterung jedes Prozessabschnitts und der dazugehörigen theoretischen und praktischen Überlegungen, machen es diese Methoden den Nutzer:innen möglich, hochwertige, zur Veröffentlichung geeignete zwei- und dreidimensionale Darstellungen ihrer archäologischen Artefakte selbstständig zu erstellen.“

Die SOAP und HRP Protokolle wurden mit den Programmen Adobe Camera Raw, Adobe Photoshop, RawDigger, DxO Photolab, und RealityCapture entwickelt und nutzen die beinhalteten Funktionen und Werkzeuge, die die Bilderfassung und -bearbeitung einfacher und schneller machen. Obwohl die meisten dieser Softwareprogramme ohne weiteres in einem akademischen Umfeld verfügbar sind, können SOAP und HRP auch auf Software ohne Lizenz und mit ähnlichen Funktionen angewendet werden. Das ermöglicht Forschenden die Nutzung sowohl kosten- als auch lizenzfreier Software, wenngleich mit geringfügigen Änderungen der vorgestellten Schritte der Anwendung.

Sowohl das SOAP Protokoll als auch das HRP Protokoll werden auf protocols.io. veröffentlicht.

„Die visuelle Kommunikation ist wesentlich, um vergangene Verhaltensweisen, Technologien und Kulturausprägungen zu verstehen - die Möglichkeit, Artefakte wirklichkeitsgetreu darzustellen, ist somit entscheidend für die Archäologie,“ sagt Ko-Autor Felipe do Nascimento Rodrigues.

Obwohl neue Technologien das Wissenschaftsfeld der Archäologie revolutionieren, fehlt es an praktischen Anleitungen für die archäologische Fotografie sowie für dreidimensionale Rekonstruktionen. Die Autoren der neuen Veröffentlichung hoffen, diese Lücke zu schließen, indem sie Forschenden, pädagogischen Fachkräften und Enthusiasten eine Schritt-für-Schritt Anleitung zur Erstellung hochqualitativer Visualisierungen von Artefakten an die Hand geben.

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