Grundlagenforschung als Brücke

Grundlagenforschung als Brücke

Von der ersten "Fühlungnahme" hin zu einer stabilen Partnerschaft 

Die heute engen Wissenschaftsbeziehungen zwischen Israel und Deutschland waren kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges nicht selbstverständlich. Bis auf das umstrittene Wiedergutmachungs-Abkommen gab es kaum offizielle Kontakte. Doch 1959 unternahm eine Gruppe von Max-Planck-Wissenschaftlern aus Deutschland eine denkwürdige Israel-Reise an das gerade erst etablierte Weizmann Institut in Rehovot. Diese Reise, initiiert von israelischer Seite, legte nicht nur den Grundstein für enge Kontakte zwischen der Max-Planck-Gesellschaft und israelischen Wissenschaftseinrichtungen, sondern auch für die Minerva Stiftung.

„Fühlungnahme“ nannte Otto Hahn, damaliger Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, seinerzeit die Versuche deutscher und israelischer Forscherinnen und Forscher nach dem Holocaust, zumindest im wissenschaftlichen Bereich, wieder eine gemeinsame Basis zu finden. Zusammen mit Feodor Lynen und Wolfgang Gentner folgte er 1959 einer offiziellen Einladung an das Weizmann-Institut in Rehovot. Der Ansatz dieser Reise war, eine explizite Konfrontation mit der NS-Vergangenheit und mit politischen und moralischen Themen zu vermeiden wie auch militärische Aspekte der anwendungsbezogenen Forschung auszuklammern. Stattdessen wollte man sich einzig auf die Grundlagenforschung beschränken.

Bereits zwei Jahre später kam der erste deutsche Max-Planck-Wissenschaftler zu einem Forschungsaufenthalt nach Israel. 1964 formalisierten die beiden Institutionen ihre Zusammenarbeit mit dem Abschluss des ersten Kooperationsvertrags. Israelische Wissenschaftler waren erstmals 1967 an Max-Planck-Instituten zu Gast.

Die Versuche, sich zu begegnen und zusammenzuarbeiten, fielen in eine Zeit, in der sich Deutschland und Israel nach den Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus schwertaten, politische Kontakte auf breiter Ebene zu knüpfen. Da bot die Grundlagenforschung ein strategisch wichtiges Feld, das jenseits aller Brüche gemeinsam zu bestellen war.

So trug die Wissenschaft dazu bei, mit einer Vergangenheit umzugehen, die das israelische und das deutsche Volk bis dahin unüberwindlich trennte. Der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt würdigte diese Tatsache 1973 bei seinem Besuch am Weizmann-Institut mit den Worten: „Wir fingen wieder an, wie andere Völker zu sein, als Professoren nicht nur aus Amerika und Russland, nicht nur aus Frankreich und Polen, sondern auch aus Ihrem Land zu uns kamen, um mit uns zusammen zu arbeiten."

Minerva Stiftung als Flagschiff der Kooperation 

Nach den ersten wissenschaftsgeleiteten Begegnungen zwischen Forschenden aus Israel und der Max-Planck-Gesellschaft begann der gezielte und dauerhafte Austausch mit Projekten am Weizmann Institute of Science. Für diese Kooperation gründete die Max-Planck-Gesellschaft in den sechziger Jahren die Minerva Stiftung als ihre Tochtergesellschaft. Bis heute ist sie ein Flaggschiff deutsch-israelischer Wissenschaftskooperationen. Die Stiftung wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert und arbeitet eng mit allen bedeutenden Universitäten und Forschungseinrichtungen in Israel zusammen. 

Im Rahmen folgender Programmlinien ist die Minerva Stiftung aktiv:

  • Minerva Weizmann Programm am Weizmann Institute of Science in Rehovot, Israel
  • Minerva Zentren Programm, ein Forschungsprogramm an israelischen Unis und dem Weizmann Institute (aktuell 23 Research Centers in Israel)
  • Nachwuchsförderung durch das Minerva Stipendienprogramm mit 70 Stipendien (circa 35 neue pro Jahr für deutsche und israelische Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler) und durch das Minerva Kurzzeitstipendienprogramm für Aufenthalte zwischen einer Woche und acht Wochen in Deutschland bzw. Israel, jährlich 30 Stipendiatinnen und Stipendiaten
  • Nachwuchsförderung durch Konferenzen: deutsch-israelische Minerva-Schools (2 bis 3 pro Jahr)
  • Entwicklung und Besetzung neuer, innovativer Themenfelder in Form von deutsch-israelischen Minerva-Gentner Symposien (2 bis 3 pro Jahr)

Die Regeln der Qualitätssicherung sowie der wettbewerbsorientierten Auswahl von Projekten und Forschungszentren, wie sie die Max-Planck-Gesellschaft vertritt, werden auch in den Minerva Programmen umgesetzt.

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