Adventskalender 2023
Es ist wieder soweit: Vom 1. bis 24. Dezember öffnen wir für Sie jeden Tag ein Türchen mit Bildern aus der Wissenschaft – und vielen spannenden Forschungsgeschichten. Viel Spaß beim Stöbern und Staunen!
Den Hintergrund unseres Adventskalenders bildet in diesem Jahr ein Ausschnitt aus einem der ersten Bilder, die EUCLID, das neue Weltraumteleskop der ESA, Anfang November zur Erde schickte. Zu sehen ist die Umgebung des Kugelsternhaufens NGC 6397. Er liegt von der Erde aus betrachtet in einer Entfernung von 7200 Lichtjahren am Südsternhimmel im Sternbild Altar.
©ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, image processing by J.-C. Cuillandre (CEA Paris-Saclay), G. Anselmi, CC BY-SA 3.0 IGO
©ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, image processing by J.-C. Cuillandre (CEA Paris-Saclay), G. Anselmi, CC BY-SA 3.0 IGO
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Das Weltall im Computer
Man nehme eine ordentliche Portion Gas, füge Dunkle Materie hinzu und verfeinere die Mischung mit der Schwerkraft sowie mit massereichen Neutrinos. Dann gebe man diese Zutaten in zwei Supercomputer ein und warte auf das Ergebnis. Nun, ganz so einfach war es für die Forschenden dann doch nicht, mit komplexen Programmen die Entwicklung des Universums und der Galaxien darin nachzustellen. Doch das Rezept funktionierte und lieferte das bisher umfassendste hydrodynamische Simulationsmodell des Weltalls. Es untersucht das Verhalten von Flüssigkeiten und Gasen unter dem Einfluss von Kräften wie Strömung, Druck und Gravitation.
So gelang es dem „MillenniumTNG“ genannten Projekt, die Entstehung von etwa einhundert Millionen Galaxien in einer Region mit einem Durchmesser von knapp zweieinhalb Milliarden Lichtjahren zu verfolgen. Das Bild zeigt ein Detail aus der Simulation mit Gas (oben links), Dunkler Materie (oben rechts) und Sternenlicht (unten Mitte). Angedeutet in den beiden oberen Ausschnitten sind die Fäden des kosmischen Netzes, das den Kosmos großräumig durchzieht. Die neuen Rechnungen sollen unter anderem dazu beitragen, das kosmologische Standardmodell einem Präzisionstest zu unterziehen.
Mehr dazu: Das Universum auf die Probe gestellt
Computersimulation
So gelang es dem „MillenniumTNG“ genannten Projekt, die Entstehung von etwa einhundert Millionen Galaxien in einer Region mit einem Durchmesser von knapp zweieinhalb Milliarden Lichtjahren zu verfolgen. Das Bild zeigt ein Detail aus der Simulation mit Gas (oben links), Dunkler Materie (oben rechts) und Sternenlicht (unten Mitte). Angedeutet in den beiden oberen Ausschnitten sind die Fäden des kosmischen Netzes, das den Kosmos großräumig durchzieht. Die neuen Rechnungen sollen unter anderem dazu beitragen, das kosmologische Standardmodell einem Präzisionstest zu unterziehen.
Mehr dazu: Das Universum auf die Probe gestellt
Computersimulation
© Max-Planck-Institut für Astrophysik, Garching
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Völlig losgelöst ...
… schwebt ein glänzender Goldring in einer Vakuumkammer am MPI für Plasmaphysik in Garching. In diesem Zustand kann der supraleitende Magnetring geladene Teilchen, positive wie negative, einfangen. Die Wissenschaftler*innen wollen damit Materie-Antimaterie-Plasmen untersuchen. Auf der Erde kennen wir solche Plasmen nur in der Science Fiction – doch im Universum existieren sie sehr wohl: in der Nähe von Quasaren und vielleicht auch in den Akkretionsscheiben junger Galaxien. In der Frühphase unseres Universums bildeten sie wahrscheinlich sogar den vorherrschenden Zustand der Materie.
Die Antiteilchen von Elektronen sind die positiv geladenen Positronen. Abgesehen von ihrer entgegengesetzten elektrischen Ladung haben sie exakt dieselben Eigenschaften. Treffen beide aufeinander, vernichten sie sich in kürzester Zeit gegenseitig. Die Versuchsanordnung mit dem schwebenden Ring kann dies jedoch verzögern und so die Untersuchung von Paarplasmen ermöglichen. Mit Elektronen klappt es bereits, als nächstes stehen Versuche mit Positronen an.
Das Video zeigt, wie der 15 Zentimeter große Ring sich langsam von der Plattform löst und um seine Freiheit zu kämpfen scheint, bevor er schließlich völlig frei und stabil schwebt – ein Zustand, der im Experiment dreieinhalb Stunden lang anhielt.
Mehr dazu: Antimaterie und Materie gemeinsam einfangen
Video (zum Starten bitte ins Bild klicken)
Die Antiteilchen von Elektronen sind die positiv geladenen Positronen. Abgesehen von ihrer entgegengesetzten elektrischen Ladung haben sie exakt dieselben Eigenschaften. Treffen beide aufeinander, vernichten sie sich in kürzester Zeit gegenseitig. Die Versuchsanordnung mit dem schwebenden Ring kann dies jedoch verzögern und so die Untersuchung von Paarplasmen ermöglichen. Mit Elektronen klappt es bereits, als nächstes stehen Versuche mit Positronen an.
Das Video zeigt, wie der 15 Zentimeter große Ring sich langsam von der Plattform löst und um seine Freiheit zu kämpfen scheint, bevor er schließlich völlig frei und stabil schwebt – ein Zustand, der im Experiment dreieinhalb Stunden lang anhielt.
Mehr dazu: Antimaterie und Materie gemeinsam einfangen
Video (zum Starten bitte ins Bild klicken)
© MPI für Plasmaphysik, Garching
3
Advent, Advent - ein Lichtlein brennt
Quarks, Leptonen, Bosonen, Gluonen – mindestens 37 verschiedene Elementarteilchen existieren. Um sie zu untersuchen, muss man sie erst einmal nachweisen. Hier spielen Szintillatoren eine wichtige Rolle, Substanzen, die durch Wechselwirkungen mit energiereichen Teilchen angeregt werden und diese Anregungsenergie dann in Form messbarer Strahlung wieder abgeben. Szintillatoren können Kristalle, Flüssigkeiten oder polymere Festkörper sein.
Hier ist ein neues Szintillatormaterial zu sehen, das am MPI für Kernphysik entwickelt wurde. Das Besondere dabei: Es kann durchsichtig oder opak sein, je nach Temperatur. Dies könnte die Detektion von Neutrinos und Antineutrinos stark vereinfachen. Denn deren Signale lassen sich damit sehr viel genauer bestimmen und deutlich besser von Störsignalen unterscheiden. So könnte es vielleicht sogar möglich werden, Neutrino-Detektoren an der Erdoberfläche zu betreiben statt wie bisher in Untergrundlaboren. Ein weiterer wichtiger Vorteil des neuen Materials: Es ist viel sicherer und einfacher zu handhaben als herkömmliche Detektoren – denn diese sind oft sehr leicht entflammbar. Die Verwendung als Kerze zeigt, dass das bei diesem Szintillator kein Problem darstellt.
Fotografie
Hier ist ein neues Szintillatormaterial zu sehen, das am MPI für Kernphysik entwickelt wurde. Das Besondere dabei: Es kann durchsichtig oder opak sein, je nach Temperatur. Dies könnte die Detektion von Neutrinos und Antineutrinos stark vereinfachen. Denn deren Signale lassen sich damit sehr viel genauer bestimmen und deutlich besser von Störsignalen unterscheiden. So könnte es vielleicht sogar möglich werden, Neutrino-Detektoren an der Erdoberfläche zu betreiben statt wie bisher in Untergrundlaboren. Ein weiterer wichtiger Vorteil des neuen Materials: Es ist viel sicherer und einfacher zu handhaben als herkömmliche Detektoren – denn diese sind oft sehr leicht entflammbar. Die Verwendung als Kerze zeigt, dass das bei diesem Szintillator kein Problem darstellt.
Fotografie
© MPI für Kernphysik, Heidelberg / Benjamin Gramlich
16
Dem Leben auf der Spur
Welche physikalischen Mechanismen nutzen Zellen, um sich zu organisieren? Um das herauszufinden, bauen Wissenschaftler*innen am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts im Laborgrundlegende Strukturen und Muster lebender Systeme nach. Dazu verwenden sie biologische Bausteine wie Proteine und Lipidmembranen . In einer streng kontrollierten, künstlichen Umgebung variieren sie gezielt einzelne Parameter wie etwa Stoffkonzentrationen und beobachten, wie sich die Änderungen auswirken. So gewinnen sie Einblicke in das Zusammenspiel unbelebter Bestandteile einer Zelle. Sobald sie die Teilsysteme und Funktionseinheiten im Detail verstanden haben, wollen die Forschenden versuchen, die verschiedenen Teile zu einer funktionstüchtigen, künstlichen Zelle zusammenzusetzen. Dabei geht es um eine zentrale Frage: Was macht Leben aus und wie ist es entstanden? Hier sind fluoreszent markierte Proteine zu sehen, die sich beim Kontakt mit Lipidmembranen zu schneeflockenförmigen Mustern anordnen.
Fluoreszenzmikroskopie
Fluoreszenzmikroskopie
© MPI für die Physik des Lichts, Erlangen / Mergime Hasani
23
Entscheidung leicht gemacht
Ob zu Land, zu Wasser oder in der Luft – wenn Tiere sich durch den Raum bewegen, müssen sie immer wieder entscheiden, welche Richtung sie als nächstes einschlagen. Wie gehen sie dabei vor? Wissenschaftler*innen am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie sind dieser Frage anhand eines Computermodells nachgegangen. Es berücksichtigt, wie das Gehirn räumliche Handlungsoptionen darstellt. Die Forschenden haben dabei einen Algorithmus entdeckt, der sogar über Artgrenzen hinweg gültig ist: Demnach verarbeiten Tiere die Komplexität ihrer Umwelt, indem sie Entscheidungen zwischen mehreren Optionen in eine Reihe von einfacheren Entscheidungen zwischen lediglich zwei Möglichkeiten zerlegen – ein Prozess, der wissenschaftlich als „Bifurkation“ (Aufgabelung) bezeichnet wird. Mit dieser Strategie gelingt es ihnen, sich effektiv und schnell für eines von mehreren möglichen Zielen zu entscheiden, unabhängig von der ursprünglichen Zahl an Optionen. Verhaltensexperimente mit so unterschiedlichen Tieren wie Insekten und Fischen haben das Modell bestätigt. Das Bild veranschaulicht die grundlegenden geometrischen Prinzipien, die räumliche Entscheidungsfindung steuern.
Mehr dazu: Wie Tiere räumliche Entscheidungen treffen
Comuptersimulation
Mehr dazu: Wie Tiere räumliche Entscheidungen treffen
Comuptersimulation
© MPI für Verhaltensbiologie, Konstanz / Vivek Sridhar
13
Gemeinsam stark
Unsere Haut bildet eine effektive Barriere gegen Krankheitserreger. Doch schon durch kleinste Verletzungen können Bakterien, Parasiten oder Pilze eindringen und schwere Infektionen hervorrufen. Um dies zu verhindern, patrouillieren ständig Fresszellen der angeborenen Immunabwehr durch unsere Blutgefäße, die sogenannten neutrophilen Granulozyten. Bei den ersten Anzeichen einer Entzündung wandern sie ins Gewebe ein und locken über Signalstoffe immer mehr „Kollegen“ an. Gemeinsam greifen sie dann die Erreger an, um sie zu töten und zu verdauen. Max-Planck-Forschende untersuchen, wie sich solche Schwärme von Immunzellen zusammenfinden – und sich auch wieder auflösen, sobald die Eindringlinge unschädlich gemacht sind. Letzteres ist wichtig, damit die Immunreaktion nicht über das Ziel hinausschießt. Wie die Forschenden zeigen konnten, werden die Zellen mit der Zeit unempfindlich gegenüber den eigenen Signalstoffen, die sie ursprünglich zusammengeführt haben. Das läutet das Ende des Schwarms ein. Hier ist ein Kollektiv von neutrophilen Granulozyten zu sehen (grün). Die mehrfarbigen Bahnen zeichnen die Bewegungspfade der Zellen nach.
Mehr dazu: Lockstoffe für das Kollektiv
Computersimulation
Mehr dazu: Lockstoffe für das Kollektiv
Computersimulation
© MPI für Immunbiologie und Epigenetik, Freiburg / Tim Lämmermann
4
Zellen auf Wanderschaft
Viele Zellen können aktiv wandern. Während der Embryonalentwicklung, der Wundheilung und der Immunabwehr ist das für den Organismus überlebenswichtig. Der Bewegungsdrang von Zellen kann aber auch fatale Folgen haben – etwa bei der Bildung von Tumor-Metastasen. Max-Planck-Forschende untersuchen, wie Zellgruppen wandern und wie sie sich dabei orientieren. Im Fokus steht dabei die sogenannte Durotaxis, bei der die Zellen den Unterschieden in der Beschaffenheit der Oberfläche folgen, auf der sie sich bewegen. Die Illustration veranschaulicht das Prinzip: Zellaggregate befinden sich auf einem Substrat, dessen Festigkeit von weich (links, gelb) bis steif (rechts, dunkelblau) reicht. Im weichen Bereich bleiben die Zellen an ihrem Platz und bilden ein kugelförmiges Aggregat – ein lebendes Tröpfchen. Wird das Substrat steifer, beginnen sie sich zu bewegen. Das Zellaggregat breitet sich schließlich zu einem dünnen Film aus, der weiter in Richtung der festeren Unterlage wandert. An Froschembryonen wurde beobachtet, dass Durotaxis auch in der Natur stattfindet: Bei der Bildung des Gesichts orientieren sich bestimmte Zellen an der Festigkeit des darunter liegenden Gewebes.
Illustration
Illustration
© MPI für Physik komplexer Systeme, Dresden / Mariona Esquerda Ciutat
9
Mehr als die Summe seiner Teile
Wenn viele gleichartige Einheiten so miteinander wechselwirken, dass daraus etwas Neues entsteht, spricht man von Emergenz. Auch in der Biologie werden viele Vorgänge durch emergentes Verhalten erst ermöglicht – auf ganz unterschiedlichen Skalen, von einzelnen Molekülen über Zellen bis hin zu ganzen Organismen.
Hier haben Wissenschaftler*innen am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen in einer Computersimulation das Verhalten von Stäbchen mit einen Durchmesser von ca. einem Mikrometer (einem tausendstel Millimeter) untersucht, die in ihrer Länge wachsen und sich teilen – eine idealisierte Form von Bakterien. Die Stäbchen dieser virtuellen Kolonie sind entsprechend ihrer Ausrichtung eingefärbt. Die einzige Wechselwirkung zwischen ihnen besteht darin, dass sie wachsen, mehr Raum einnehmen und dadurch ihre Nachbarn wegschieben. Trotz dieser einfachen Regel bilden sich mit der Zeit Bereiche, in denen die Stäbchen über große Distanzen hinweg fast gleich ausgerichtet sind (erkennbar durch die einheitliche Farbe). Diese Mikrodomänen verformen sich durch das Wachstum, brechen auf und bilden sich immer wieder neu. Die Dynamik hängt stark von der äußeren Umgebung ab und beeinflusst auch die Form der Kolonie als Ganzes. Anhand solcher Minimalmodelle können Wissenschaftler*innen die Voraussetzungen ermitteln, unter denen emergentes Verhalten entsteht.
Computersimulation
Hier haben Wissenschaftler*innen am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen in einer Computersimulation das Verhalten von Stäbchen mit einen Durchmesser von ca. einem Mikrometer (einem tausendstel Millimeter) untersucht, die in ihrer Länge wachsen und sich teilen – eine idealisierte Form von Bakterien. Die Stäbchen dieser virtuellen Kolonie sind entsprechend ihrer Ausrichtung eingefärbt. Die einzige Wechselwirkung zwischen ihnen besteht darin, dass sie wachsen, mehr Raum einnehmen und dadurch ihre Nachbarn wegschieben. Trotz dieser einfachen Regel bilden sich mit der Zeit Bereiche, in denen die Stäbchen über große Distanzen hinweg fast gleich ausgerichtet sind (erkennbar durch die einheitliche Farbe). Diese Mikrodomänen verformen sich durch das Wachstum, brechen auf und bilden sich immer wieder neu. Die Dynamik hängt stark von der äußeren Umgebung ab und beeinflusst auch die Form der Kolonie als Ganzes. Anhand solcher Minimalmodelle können Wissenschaftler*innen die Voraussetzungen ermitteln, unter denen emergentes Verhalten entsteht.
Computersimulation
© MPI für Dynamik und Selbstorganisation, Göttingen / Jonas Isensee, Philip Bittihn
7
Von Katastrophen gezeichnet
Über Jahrhunderte haben Vulkanausbrüche und Erdbeben die Geschichte Neapels und seiner Umgebung geprägt. Doch im Gegensatz zu anderen italienischen Städten (und auch im Unterschied zu den Siedlungen näher an den Hängen des Vesuvs) wurde Neapel bei den zahlreichen Katastrophen nie ganz zerstört. Die Ereignisse haben sich jedoch tief in die Stadt „eingegraben“ – physisch wie kulturell. Konstruktion, Rekonstruktion, Zerstörungen und Wiederaufbau sind fundamentaler Teil der neapolitanischen Geschichte.
Kunstgeschichtlich betrachtet ist Neapel sozusagen ein Palimpsest, ein Dokument, das immer wieder abgewaschen und neu beschrieben wird. Das spiegelt sich in der Architektur der Stadt ebenso wie in der Kunst, in historischen Darstellungen, berühmten Gemälden und modernen Werken. Zeitgenössische Künstler wie der Pop-Art-Superstar Andy Warhol haben sich mit der Geschichte der Stadt auseinandergesetzt – und dies wiederum in Kunstwerken ausgedrückt, die heute selbstverständlicher Teil der Stadt sind, z.B. das große Mosaik des südafrikanischen Künstlers William Kentridge in der U-Bahnstation „Toledo“.
Mehr dazu: Leben im Schatten des Vesuv.
Video-Collage (zum Starten bitte ins Bild klicken)
Mehr: Neapel als Palimpsest. Naturkatastrophen (komplettes Video mit vielen Erläuterungen durch die Wissenschaftlerinnen Tanja Michalsky und Elisabetta Scirocco) (vimeo / 20:32 min)
Kunstgeschichtlich betrachtet ist Neapel sozusagen ein Palimpsest, ein Dokument, das immer wieder abgewaschen und neu beschrieben wird. Das spiegelt sich in der Architektur der Stadt ebenso wie in der Kunst, in historischen Darstellungen, berühmten Gemälden und modernen Werken. Zeitgenössische Künstler wie der Pop-Art-Superstar Andy Warhol haben sich mit der Geschichte der Stadt auseinandergesetzt – und dies wiederum in Kunstwerken ausgedrückt, die heute selbstverständlicher Teil der Stadt sind, z.B. das große Mosaik des südafrikanischen Künstlers William Kentridge in der U-Bahnstation „Toledo“.
Mehr dazu: Leben im Schatten des Vesuv.
Video-Collage (zum Starten bitte ins Bild klicken)
Mehr: Neapel als Palimpsest. Naturkatastrophen (komplettes Video mit vielen Erläuterungen durch die Wissenschaftlerinnen Tanja Michalsky und Elisabetta Scirocco) (vimeo / 20:32 min)
© Bibliotheca Hertziana, Rom
1
Gar nicht spröde
Anders als herkömmliche Legierungen bestehen Hoch-Entropie-Legierungen (HEL) aus nahezu gleichen Anteilen mehrerer Metalle, die sich auf atomarer Ebene verbinden. So können Materialien erzeugt werden, die gegensätzliche Eigenschaften wie Festigkeit und Formbarkeit kombinieren. Hier geht es um CoCrFeNi, eine HE-Legierung, die ihre hervorragenden mechanischen Eigenschaften auch bei sehr tiefen Temperaturen von zum Beispiel -200°C behält. Hergestellt wird sie durch ein additives Fertigungsverfahren, oft auch als 3D-Druck von Metallen bezeichnet. Entscheidend ist dabei ein leicht fließendes Metallpulver, mit dem sich sehr gleichmäßige dünne Schichten auftragen lassen. Max-Planck-Wissenschaftler*innen haben dem Metallpulver deshalb harte keramische Nanopartikel beigefügt. Diese erhöhen die Fließfähigkeit des Pulvers, aber auch die Festigkeit und Zähigkeit der entstehenden Legierung. Das Bild zeigt ein solches Partikel im Querschnitt. Es besteht aus einem Kern aus Titanoxid und einer Schale aus Titannitrid und hat einen Durchmesser von knapp 150 Nanometern (ein Nanometer ist der millionste Teil eines Millimeters).
Elektronenmikroskopie, koloriert
Elektronenmikroskopie, koloriert
© MPI für Eisenforschung, Düsseldorf / Vivek Devulapalli
18
Wem gehört Wissen?
In unserer modernen, globalisierten Welt scheinen „Wissen“ und „Besitz“ zwei verschiedene Dinge zu sein. Aber sind sie das wirklich? Das Projekt kn/own/able (von know = wissen und own = besitzen) geht der Frage nach, wem Wissen gehört – nicht nur im akademischen, sondern auch im gesellschaftlichen Kontext. Es geht um Themen wie Kolonialismus und Dekolonialisierung, kulturelles Erbe, Recht und vieles mehr, bis hin zur Entwicklung der Wissenschaft. Handweben und die dazugehörige Herstellung einfacher Farben in Indien sind ein Beispiel für dieses Konzept: Wie gehen wir mit dem „unaussprechlichen“ Wissen um, das den Körpern der Weber*innen und den gewebten Objekten innewohnt? Welchen Stellenwert hat dieses Wissen in einer Gesellschaft, in der sich der legale Besitz von Wissen hauptsächlich auf Texte wie Patente und Copyright-Angaben bezieht? Andere Beispiele im historischen Kontext sind die Herstellung von Porzellan oder von Seide in China; sehr aktuell sind die Fragen nach den Rechten an traditionellem Wissen im Bereich der Medizin. Alle diese Themen nimmt der Podcast mit Dagmar Schäfer auf; der Ausschnitt dreht sich um das Gerben von Leder, das auch für den Aufstieg des römischen Imperiums von entscheidender Bedeutung war.
Ausschnitt aus dem Podcast mit Dagmar Schäfer, Direktorin am MPI für Wissenschaftsgeschichte (bitte ins Bild klicken)
Kompletter Podcast in voller Länge (31:38 min): Kann man Wissen enteignen?
Das Buch „Ownership of Knowledge” ist via Open Access frei verfügbar.
Fotografie
Ausschnitt aus dem Podcast mit Dagmar Schäfer, Direktorin am MPI für Wissenschaftsgeschichte (bitte ins Bild klicken)
Kompletter Podcast in voller Länge (31:38 min): Kann man Wissen enteignen?
Das Buch „Ownership of Knowledge” ist via Open Access frei verfügbar.
Fotografie
© MPI für Wissenschaftsgeschichte, Berlin / Foto: Verena Braun
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Fast wie Magie
Kaum glaubt man seinen Augen zu trauen: Quasi aus dem Nichts heraus wächst im Becherglas ein großer, ebenmäßiger Kristall. Nun, so ganz aus dem Nichts heraus geschieht das nicht. Und ganz so schnell geht es in der Realität auch nicht: Was hier dank des Zeitraffers in Sekunden zu passieren scheint, dauert im Labor etwa vier Wochen.
Nötig ist dafür zunächst eine übersättigte Kupfersulfatlösung. Kupfersulfat löst sich sehr gut in Wasser, bei hoher Konzentration ist die Lösung dunkelblau. Unter den richtigen Bedingungen kann sogar mehr Salz gelöst werden als der normalen Sättigung entspricht. Hängt man in eine solche übersättigte, metastabile Lösung einen Impfkristall als Kristallisationskeim, wächst der Kristall – bis die Übersättigung abgebaut ist.
In der Wissenschaft wie auch in der industriellen Produktion hat Kristallisation eine große Bedeutung, etwa bei der Gewinnung und der Reinigung von Arzneimitteln. Meist sind dabei jedoch nicht große, sondern besonders reine und gleichmäßige Kristalle gefragt. Forschende am MPI in Magdeburg beobachten deshalb in sogenannten Wachstumszellen die Kristallisation verschiedener Stoffe in Abhängigkeit von Faktoren wie Temperatur, Druck oder Lösungsmittel.
Fotografie und Video (zum Starten bitte ins Bild klicken)
Nötig ist dafür zunächst eine übersättigte Kupfersulfatlösung. Kupfersulfat löst sich sehr gut in Wasser, bei hoher Konzentration ist die Lösung dunkelblau. Unter den richtigen Bedingungen kann sogar mehr Salz gelöst werden als der normalen Sättigung entspricht. Hängt man in eine solche übersättigte, metastabile Lösung einen Impfkristall als Kristallisationskeim, wächst der Kristall – bis die Übersättigung abgebaut ist.
In der Wissenschaft wie auch in der industriellen Produktion hat Kristallisation eine große Bedeutung, etwa bei der Gewinnung und der Reinigung von Arzneimitteln. Meist sind dabei jedoch nicht große, sondern besonders reine und gleichmäßige Kristalle gefragt. Forschende am MPI in Magdeburg beobachten deshalb in sogenannten Wachstumszellen die Kristallisation verschiedener Stoffe in Abhängigkeit von Faktoren wie Temperatur, Druck oder Lösungsmittel.
Fotografie und Video (zum Starten bitte ins Bild klicken)
© MPI für Dynamik komplexer technischer Systeme, Magdeburg
10
Galaktischer Kreissaal
Ungefähr 45 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt befindet sich eine Galaxie mit der Bezeichnung NGC 1097. Ihr galten erste Beobachtungen mit Eris, einer speziellen Infrarotkamera, die an einem der Acht-Meter-Teleskope des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte am Cerro Paranal im Norden Chiles montiert ist. Das Instrument lieferte diese Aufnahme vom Zentrum der Galaxie in niemals zuvor erreichter Detailauflösung. Deutlich sichtbar ist der rund 5500 Lichtjahre durchmessende Ring aus Gas und Staub, in dem jede Menge Sterne geboren werden. Die hellen Flecken außen sind solche stellaren Kreißsäle. Die braunen Regionen hingegen markieren Staubspuren, die zeigen, wie Gas von außen in der Galaxie nach innen wandert. Im Ring befeuert dieser Prozess die Sterngeburten. Tief im hellen Herzen von NGC 1097 lauert ein supermassereiches schwarzes Loch, dem das spiralförmig einströmende Gas als Futter dient. Eris, gebaut von einem Konsortium unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik, soll in den nächsten zehn Jahren nicht nur Galaxien beobachten, sondern auch Exoplaneten bei fremden Sternen und Zwergplaneten in unserem eigenen Sonnensystem.
Mehr dazu: „First Light“ für ERIS
Teleskopaufnahme
Mehr dazu: „First Light“ für ERIS
Teleskopaufnahme
© MPE/ESO/ERIS
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Eine uralte Partnerschaft
Blattkäfer sind eine der artenreichsten Insektenfamilien der Erde. Ein bekannter Vertreter dieser Gruppe ist der Kartoffelkäfer. Sowohl Larven als auch erwachsene Blattkäfer ernähren sich von verschiedenen Pflanzenteilen. Forschende am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie untersuchen das Verdauungssystem mehrerer Arten um herauszufinden, wie sich diese Insekten an ihre vegetarische Lebensweise angepasst haben. Eine wichtige Rolle dabei spielen symbiotische Bakterien, die im Körper vieler Blattkäfer vorkommen.. Sie helfen beim Abbau der pflanzlichen Zellwand und verschaffen ihrem Wirt dabei auch Zugang zu wichtigen Nährstoffen wie Aminosäuren und Vitaminen. Diese Symbiosen bestehen seit mehr als 60 Millionen Jahren und versetzten die Käfer in die Lage, bis dahin unerschlossene, nährstoffarme Lebensräume zu besiedeln. Das Bild zeigt Spilopyra sumptuosa, eine seltene australische Blattkäferart, die durch die metallische Färbung an Kopf, Brustschild und Flügeldecken auffällt. Die Aufnahme setzt sich aus fast 3000 Einzelbildern zusammen, wodurch eine außergewöhnliche Detailschärfe erreicht wird.
Fotografie
Fotografie
© MPI für chemische Ökologie, Jena
24
Energie!
In der Medizin werden geladene Protonen oder Elektronen beschleunigt und auf krankhaftes Gewebe gefeuert – oftmals, um bösartige Tumore abzutöten. Ihre hohen Geschwindigkeiten und Energien erreichen diese Teilchen, indem sie in einer großen Anlage durch mehrere hintereinandergeschaltete elektrische Felder hindurch beschleunigt werden. Eine handlichere Variante eines solchen Teilchenbeschleunigers könnte in Zukunft auf Plasmawellen beruhen. Auch hier werden geladene Teilchen durch eine Reihe elektrischer Felder in eine Richtung beschleunigt. Die künstlerische Darstellung zeigt das Prinzip: Ein nur zehn Zentimeter langes Bündel freier Protonen (diffuse rötliche Punktwolken) befindet sich in einem Plasma aus freien geladenen Teilchen (Elektronen und ionisierte Atome, kleine blaue Punkte). Ein Laserpuls (rot) durchstößt das Plasma und das Protonenbündel von unten nach oben und regt das Plasma entlang des Lasers zum Schwingen an. Das Protonenbündel reagiert aufgrund seiner Ladung, schwingt mit und teilt sich wie Sand auf einer Lautsprechermembran in eine Reihe konzentrierter Pakete auf. Entlang der so entstandenen elektrischen Feldkette könnten nun Elektronen wie auf einer Plasmawelle reiten und so beschleunigt werden.
Visualisierung
Visualisierung
© superbossa.com/ MPI für Physik, München
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Das Königreich im Himmmel
Das gesamte Staatsgebiet von Lesotho liegt auf einer Höhe vom mehr als 1000 Metern über dem Meeresspiegel, der weitaus größte Teil zwischen 1800 und 3000 Metern. Daher der Beiname „Königreich im Himmel“. Im Gegensatz zu den umliegenden Regionen im südlichen Afrika ist das Land sehr wasserreich. Im Winter ist das Klima rauh, es fällt Schnee, der 192 Meter hohe Maletsunyane-Wasserfall ist dann oft vereist.
Wissenschaftler*innen des MPI für Geoanthropologie haben in den Gebirgsregionen Lesothos untersucht, wie unsere Vorfahren mit schwierigen und wechselhaften Klimabedingungen zurechtkamen. Denn selbst im Pleistozän, also in der letzten Kaltzeit, war die Gegend bewohnt. Die Forschenden analysierten Wachse aus Pflanzenblättern, die in Sedimenten über Hunderttausende von Jahren konserviert werden. So konnten sie die Vegetations- und Niederschlagsverhältnisse über einen Zeitraum von ca. 60.000 Jahren dokumentieren. Besonders interessant sind die letzten 20.000 Jahre, denn mit dem Übergang vom Pleistozän zum Holozän änderten sich die Klimabedingung dramatisch. Wie die Ergebnisse zeigen, nutzten die Menschen die hochgelegenen Gebiete Lesothos durchgehend, wahrscheinlich aufgrund der zuverlässigen Wasserversorgung. Gleichzeitig zeigt die Arbeit das beispiellose Ausmaß der Klimaerwärmung und des Landschaftswandels in dieser Region in den letzten 200 Jahren.
Mehr dazu: Jahrtausende des ökologischen Wandels
Fotografie
Wissenschaftler*innen des MPI für Geoanthropologie haben in den Gebirgsregionen Lesothos untersucht, wie unsere Vorfahren mit schwierigen und wechselhaften Klimabedingungen zurechtkamen. Denn selbst im Pleistozän, also in der letzten Kaltzeit, war die Gegend bewohnt. Die Forschenden analysierten Wachse aus Pflanzenblättern, die in Sedimenten über Hunderttausende von Jahren konserviert werden. So konnten sie die Vegetations- und Niederschlagsverhältnisse über einen Zeitraum von ca. 60.000 Jahren dokumentieren. Besonders interessant sind die letzten 20.000 Jahre, denn mit dem Übergang vom Pleistozän zum Holozän änderten sich die Klimabedingung dramatisch. Wie die Ergebnisse zeigen, nutzten die Menschen die hochgelegenen Gebiete Lesothos durchgehend, wahrscheinlich aufgrund der zuverlässigen Wasserversorgung. Gleichzeitig zeigt die Arbeit das beispiellose Ausmaß der Klimaerwärmung und des Landschaftswandels in dieser Region in den letzten 200 Jahren.
Mehr dazu: Jahrtausende des ökologischen Wandels
Fotografie
© MPI für Geoanthropolgie, Jena / Patrick Roberts
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Fürs Leben gewappnet
Eizellen zählen zu den größten Zellen im Tierreich. Sie enthalten jede Menge Nährstoffe, um dem Embryo einen optimalen Start ins Leben zu ermöglichen. Bei der Entstehung einer Eizelle teilt sich die Vorläuferzelle extrem unsymmetrisch und durchläuft dabei eine besondere Form der Zellteilung: die Meiose. Forschende am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften untersuchen, wie sich die Zellteilungsmaschinerie an diese spezielle Art der Teilung angepasst hat. Als Modell nutzen sie unter anderem marine Organismen wie Seesterne, deren Eier sich ausgezeichnet für die Lichtmikroskopie eignen: Sie sind hochtransparent, einfach zu handhaben und teilen sich schnell.
Aus einer befruchteten Eizelle kann sich dann durch wiederholte reguläre (mitotische) Teilungen ein neuer vielzelliger Organismus entwickeln. Hier ist ein Seestern-Embryo am Anfang seines Lebens zu sehen, mitten in der zweiten Teilung. Die Chromosomen sind in Magenta, die Mikrotubuli in Gelb eingefärbt. Mikrotubuli sind ein wesentlicher Teil des Zellskeletts. Sie bilden die sogenannte Spindel, welche die Chromosomen bei der Teilung in die zwei Tochterzellen verteilt.
Fluoreszenzmikroskopie
Aus einer befruchteten Eizelle kann sich dann durch wiederholte reguläre (mitotische) Teilungen ein neuer vielzelliger Organismus entwickeln. Hier ist ein Seestern-Embryo am Anfang seines Lebens zu sehen, mitten in der zweiten Teilung. Die Chromosomen sind in Magenta, die Mikrotubuli in Gelb eingefärbt. Mikrotubuli sind ein wesentlicher Teil des Zellskeletts. Sie bilden die sogenannte Spindel, welche die Chromosomen bei der Teilung in die zwei Tochterzellen verteilt.
Fluoreszenzmikroskopie
© MPI für multidisziplinäre Naturwissenschaften / Mingfang Cai und Peter Lenart
6
Backen im Vakuum
Wer ein neues Material designt, muss es bis ins Detail verstehen. Da ist zum Beispiel die Frage, aus welchen Atomen das Material zusammengesetzt ist und wie diese Atome angeordnet und miteinander verbunden sind. Entscheidend dabei ist es zu messen, wie sich die Elektronen des Materials verhalten. Diese nehmen als Teil eines Festkörpers ganz bestimmte Energieniveaus an, die charakteristisch sind für viele physikalische Eigenschaften – wie etwa die Frage ob es sich um einen elektrischen Leiter oder Isolator handelt. Indem die Wissenschaftler*innen das Material mit Röntgenstrahlung beschießen und die Energie der dabei herausgeschlagenen Elektronen vermessen, können sie darauf schließen, in welchen Energieniveaus sich die Elektronen zuvor befanden. Dazu müssen sie die Messprobe zuvor jedoch akribisch vorbereiten und die Oberfläche auf atomarer Ebene reinigen und glätten. Hierzu wird die Probe, die nicht größer ist als wenige Milli- oder sogar Mikrometer, in einer Ultrahochvakuum-Kammer auf 600 Grad Celsius erhitzt. Der Blick durch das Bullauge der Kammer ist auf den etwa zwei Zentimeter langen blockförmigen Probenhalter im Zentrum gerichtet, der wie auch der Anschlussdraht durch die Hitze in violetter Farbe glüht.
Fotografie
Fotografie
© MPI für chemische Physik fester Stoffe, Dresden / Katarina Höfer
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Torwächter des Erbguts
Die Zellen aller „höheren Lebewesen“ (vereinfacht ausgedrückt alle Lebewesen außer Bakterien) haben einen Zellkern. Dort liegt, gespeichert in Form von DNA, das Erbgut – abgegrenzt vom Rest der Zelle, dem Cytoplasma, und geschützt durch eine Doppelmembran, die Kernhülle. Ein Austausch von Stoffen und Information zwischen Kern und Cytoplasma ist nur durch Poren in der Kernhülle möglich. Eine Wirbeltierzelle hat etwa 2000 solcher Kernporen.
Diese Poren können sich verengen und weiten und regulieren so den Materialtransport zwischen Kern und Cytoplasma. Biochemisch gesehen ist so eine Pore ein kompliziert aufgebauter Proteinkomplex aus über 30 verschiedenen Proteinen. Jede einzelne Pore besteht aus etwa 1000 dieser Bausteine und ist insgesamt nur wenige Zehntausendstel Millimeter groß.
Einem Forschungsteam am MPI für Biophysik ist es mithilfe von KI gelungen, ein sehr detailliertes Modell einer menschlichen Kernpore zu erstellen. Modelle wie dieses helfen, die Transport- und Abwehrmechanismen der Poren besser zu verstehen, sowie Fehler in Bau und Funktion zu identifizieren. Das ist auch von medizinischer Bedeutung, denn eines Tages lassen sich mit diesen Erkenntnissen vielleicht Viren wie HIV daran hindern, unerkannt in den Zellkern zu gelangen.
Strukturmodell, erstellt mit Kryo-Elektronentomographie und AlphaFold2 / Computersimulation (zum Start des Videos bitte in das Bild klicken)
Diese Poren können sich verengen und weiten und regulieren so den Materialtransport zwischen Kern und Cytoplasma. Biochemisch gesehen ist so eine Pore ein kompliziert aufgebauter Proteinkomplex aus über 30 verschiedenen Proteinen. Jede einzelne Pore besteht aus etwa 1000 dieser Bausteine und ist insgesamt nur wenige Zehntausendstel Millimeter groß.
Einem Forschungsteam am MPI für Biophysik ist es mithilfe von KI gelungen, ein sehr detailliertes Modell einer menschlichen Kernpore zu erstellen. Modelle wie dieses helfen, die Transport- und Abwehrmechanismen der Poren besser zu verstehen, sowie Fehler in Bau und Funktion zu identifizieren. Das ist auch von medizinischer Bedeutung, denn eines Tages lassen sich mit diesen Erkenntnissen vielleicht Viren wie HIV daran hindern, unerkannt in den Zellkern zu gelangen.
Strukturmodell, erstellt mit Kryo-Elektronentomographie und AlphaFold2 / Computersimulation (zum Start des Videos bitte in das Bild klicken)
© MPI für Biophysik, Frankfurt / Agnieszka Obarska-Kosinska
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Nachwehen einer Sternengeburt
Sterne kommen nicht eben sanft zur Welt. Alles beginnt mit diffusen Wolken aus interstellarer Materie. Aufgrund der Schwerkraft und der Kollision von Teilchen ziehen sie sich zusammen und zerfallen schließlich in sehr dichte Fragmente. Auch diese prästellaren Kerne werden instabil, kollabieren erneut und bilden Protosterne. Auf dieser Aufnahme des Weltraumteleskops James Webb liegt ein solches nur einige zehntausend Jahre altes Sternbaby versteckt hinter dichten Staubvorhängen im Zentrum zweier Gasströme, die es in entgegengesetzte Richtungen ausspuckt. In derartigen Jets schießt die Materie mit Geschwindigkeiten von einigen Hundert Kilometern pro Sekunde ins Weltall. Treffen die Jets auf Gas und Staub in der Umgebung, zaubern sie ein farbenprächtiges Herbig-Haro-Objekt ins Universum – benannt nach zwei Astronomen, die als erste erkannten, dass diese Phänomene ein Teil der Sternentstehung sind. Dahinter stecken Stoßwellen, die das Gas zum Leuchten anregen. Der neugeborene Stern in der Konstellation Perseus ist rund tausend Lichtjahre von der Erde entfernt und besitzt lediglich acht Prozent der Masse unserer Sonne. Nach seiner turbulenten ersten Lebensphase wird er irgendwann zur Ruhe kommen und sich zu einem vergleichsweise ruhigen, erwachsenen Stern entwickeln.
Mehr dazu: Gasjet eines jungen Sterns
Teleskopaufnahme (James Webb Space Telescope/NIRCam)
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Teleskopaufnahme (James Webb Space Telescope/NIRCam)
© ESA/Webb, NASA, CSA, T. Ray (Dublin Institute for Advanced Studies)
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Malen mit DNA
Das halbmondförmige Süßwasser-Bakterium Caulobacter crescentus hat einen einzigartigen Lebenszyklus: Teilt es sich, entstehen zwei unterschiedliche Tochterzellen. Eine davon bildet einen stielartigen Fortsatz aus, mit dem sich die Zelle auf Oberflächen anheften kann. Max-Planck-Fellow Martin Thanbichler nutzt diese Besonderheit, um herauszufinden, wie Bakterien ihren Zellzyklus und ihre Form kontrollieren. Das Bild zeigt eine Zelle von C. crescentus kurz vor der Teilung und daneben eine neu entstandene, nicht gestielte Zelle. Die chromosomale DNA (blau) und die Zellmembranen (rot) wurden mit Fluoreszenzfarbstoffen markiert und mittels hochauflösender Mikroskopie unter Verwendung der DNA-PAINT-Technik sichtbar gemacht. Dabei binden die Farbstoffmoleküle nur vorübergehend an die DNA bzw. die Membranen und erzeugen bei jedem Bindevorgang ein kurzes „Blinken“ des Fluoreszenzsignals. Das ermöglicht eine superauflösende Rekonstruktion. So lassen sich winzige Veränderungen in der Feinstruktur von Zellen detektieren, um etwa die Wirkung von Antibiotika auf die zelluläre Physiologie im Detail zu untersuchen.
Mehr dazu: Achillesferse der Bakterienzellwand
Fluoreszensmikroskopie (DNA-Paint-Technik)
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Fluoreszensmikroskopie (DNA-Paint-Technik)
© MPI für terrestrische Mikrobiologie, Marburg / Rogelio Hernandez-Tamayo
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Ins Schleudern gekommen
Pflanzen haben zahlreiche raffinierte Strategien entwickelt, um ihre Samen zu verbreiten. Beim Behaarten Schaumkraut Cardamine hirsuta schleudern explodierende Samenkapseln die Saat in alle Richtungen. Max-Planck-Wissenschaftler*innen haben den Mechanismus dahinter im Detail untersucht. Wie sie herausgefunden haben, spielt dabei das Polymer Lignin (hier rot) eine zentrale Rolle. Damit der Schleudermechanismus funktioniert, muss es in einem ganz bestimmten Muster in die Kapselwand (hier blau) eingelagert sein. Für die Ausbildung dieses Musters ist der Mikronährstoff Kupfer erforderlich. Darüber hinaus haben die Forschenden auch die Gene identifiziert, welche die Einlagerung von Lignin in die Zellwand der Samenkapseln steuern. Diese Erkenntnisse sind vor allem aus Sicht der Forstwirtschaft aufschlussreich – denn Lignin ist die Substanz, die Holz seine Festigkeit und Steifheit verleiht. Waldböden haben jedoch oft einen geringen Kupfergehalt, was zu schlechter Verholzung und einer Schwächung der Bäume führt. Die Rolle des Kupfers im Verholzungsprozess zu verstehen, ist daher auch von wirtschaftlicher Bedeutung.
Mehr dazu: Kupfer lässt Samenkapseln explodieren
Fluoreszenzmikroskopie
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Fluoreszenzmikroskopie
© MPI für Pflanzenzüchtungsforschung, Köln / Miguel Pérez Antón
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Mysteriöse Tröpfchen
Im Jahr 2009 entdeckten Forschende um Anthony Hyman vom Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik einen ganz neuen Zustand biologischer Materie: In der Zellflüssigkeit von Fadenwurm-Embryonen stießen sie auf hochkonzentrierte Ansammlungen von Proteinen, die winzigen Tropfen ähneln. Diese Gebilde, die die Wissenschaftler*innen „Kondensate“ tauften, sind im Gegensatz zu Zellorganellen nicht von einer Membran umgeben. Sie bilden sich teils in Sekundenschnelle und werden meist kurz darauf wieder abgebaut. Die hohe Proteinkonzentration im Innern der Tröpfchen regt biochemische Reaktionen an, die außerhalb nicht möglich wären.
Kondensate kommen auch in menschlichen Zellen vor und spielen eine wichtige Rolle im Zellstoffwechsel. Kommt es – oft altersgedingt – zu Störungen bei deren Abbau, können sich darin toxische Stoffe ablagern, die mit degenerativen Krankheiten wie ALS oder Alzheimer in Verbindung gebracht werden. Die Entdeckung der Tröpfchen ist daher ein wichtiger Ansatzpunkt für das Verständnis vieler Krankheiten und die Entwicklung neuer Medikamente. Das Bild zeigt eine Wasser-Öl-Emulsion mit fluoreszierend markierten Kondensaten eines Fadenwurm-Proteins.
Mehr dazu: Tröpfchen in der Zellsuppe (PDF)
Fluoreszenzmikroskopie
Kondensate kommen auch in menschlichen Zellen vor und spielen eine wichtige Rolle im Zellstoffwechsel. Kommt es – oft altersgedingt – zu Störungen bei deren Abbau, können sich darin toxische Stoffe ablagern, die mit degenerativen Krankheiten wie ALS oder Alzheimer in Verbindung gebracht werden. Die Entdeckung der Tröpfchen ist daher ein wichtiger Ansatzpunkt für das Verständnis vieler Krankheiten und die Entwicklung neuer Medikamente. Das Bild zeigt eine Wasser-Öl-Emulsion mit fluoreszierend markierten Kondensaten eines Fadenwurm-Proteins.
Mehr dazu: Tröpfchen in der Zellsuppe (PDF)
Fluoreszenzmikroskopie
© MPI für molekulare Zellbiologie und Genetik, Dresden / Anatol Fritsch
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Leber en miniature
Organoide sind Miniatur-Versionen von Organen, die im Labor aus Stammzellen herangezogen werden. Für die biomedizinische Forschung sind sie sehr zukunftsträchtig, denn mit ihrer Hilfe können Wissenschaftler*innen ganz unterschiedliche Aspekte wie Organentwicklung, Geweberegeneration, Krankheiten und neue Therapien untersuchen, ohne dafür auf vollständige Organismen angewiesen zu sein. Die nur wenige Millimeter großen Zellklumpen leisten daher einen wichtigen Beitrag, um Tierversuche zu vermeiden. Forschende am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik nutzen solche Lebermodelle, um verschiedene Erkrankungen nachzuvollziehen. Die Aufnahme zeigt menschliche Leberorganoide, die Albumin ausscheiden (hier grün). Albumin ist eines der wichtigsten von der Leber produzierten Proteine und im Körper für Transportprozesse im Blut unabdingbar. Dass Leber-Organoide dieses Protein im Labor bilden ist ein Beleg für die hohe Funktionalität dieser Organmodelle.
Fluoreszenzmikroskopie, animiert (zum Starten bitte ins Bild klicken)
Fluoreszenzmikroskopie, animiert (zum Starten bitte ins Bild klicken)
© MPI für molekulare Genetik, Berlin / Anja Hess
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