Forschungsbericht 2014 - Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion
Optimierte Hydrogenasen für die Anwendung in der Energiekonversion
Hydrogenase: ein nützliches und effizientes Enzym
Wasserstoff (H2) gilt als sehr guter Kandidat für eine nachhaltige, CO2-freie Energiewirtschaft. Hergestellt durch Wasserspaltung mithilfe erneuerbarer Energiequellen, kann er als Brennstoff in Brennstoffzellen oder auch in wichtigen chemischen Prozessen eingesetzt werden, wie z. B. bei der Synthese von Ammoniak oder, zusammen mit CO2, bei der Bildung von Alkoholen und Kohlenwasserstoffen. Der Elektrokatalysator, der hauptsächlich für diese Reaktionen verwendet wird, ist Platin, das zwei wesentliche Nachteile zeigt: (1) Es ist ein seltenes und teures Metall, wodurch es schwierig wird, es im globalen Maßstab anzuwenden, und (2) es wird durch H2S und CO vergiftet, den typischen Verunreinigungen, die bei der H2-Herstellung durch Dampf-Reformierung von Erdgas oder Kohle auftreten. Es ist daher zwingend notwendig, neue Katalysatoren auf der Basis von Metallen zu finden, die ein höheres Erdvorkommen aufweisen.
Enzyme sind die grundlegenden Werkzeuge, die von lebenden Organismen eingesetzt werden, um alle katalytischen Prozessen in der Zelle durchzuführen. Als Katalysatoren besteht ihre Hauptfunktion darin, die Aktivierungsenergie der meisten chemischen Reaktionen, die in lebenden Zellen auftretend, zu senken. Jedes Enzym ist für eine spezielle Aufgabe optimiert, d. h. für die Umwandlung eines Substrats in das gewünschte Produkt. Diese Reaktionen, die sie katalysieren, können von Verdauung der Nahrung bis zur DNA-Synthese variieren, wobei zahlreiche metabolische Schritte in der Zelle beteiligt sind, um entweder Energie zu gewinnen oder in der Zelle zu speichern. Unter diesen energiebezogenen Enzymen finden wir die Klasse der Hydrogenasen. Diese Metalloenzyme katalysieren eine sehr einfache Reaktion, die reversible Oxidation von molekularem Wasserstoff:
H2 ⇄ H+ + H- ⇄ 2H+ + 2e-
Die Reaktion findet am aktiven Metallzentrum statt, das die Azidität des H2 stark erhöht und damit seine heterolytische Spaltung möglich macht, die durch die Anwesenheit einer nahegelegenen Base beschleunigt wird. Eine Reihe von eng benachbarten Eisen-Schwefel-Cluster übertragen dabei die Elektronen aus dem aktiven Zentrum an die Oberfläche des Proteins oder umgekehrt. Aminosäurereste werden für den Protonen- und Wassertransport genutzt. Diese Einheit erreicht dabei Umsatzfrequenzen bis zu 10.000 s-1. Hydrogenasen sind in der Natur weit verbreitet und werden entsprechend des Metallgehaltes ihrer aktiven Zentren in [NiFe], [FeFe] und [Fe] Hydrogenasen klassifiziert, wobei die [FeFe] Hydrogenasen als die aktivsten gelten (Abb. 1) [1] .
Hydrogenasen sind wahre Überlebenskünstler, die höchstwahrscheinlich bereits in der Urzelle (LUCA) [2] vorhanden waren. Die Funktion dieser Enzyme war auf der frühen Erde mit einer reduzierenden Atmosphäre ohne Sauerstoff und mit höheren Wasserstoffkonzentrationen von großer Bedeutung. Unter diesen Bedingungen verwendete der erste lebende Organismus den Wasserstoff als Elektronenquelle, indem die Wasserstoffoxidation mit Elektronenakzeptoren wie Sulfat, Nitrat, Fumarat, Kohlendioxid oder Sauerstoff kombiniert wurden, um die erforderliche Energie aus den chemischen Bindungen zu gewinnen. Mit der Entwicklung der oxygenen Fotosynthese erhöhte sich der Sauerstoffgehalt in der Luft so dramatisch, dass eine Änderung des Lebens auf der Erde unumgänglich war. Die Anwesenheit von Sauerstoff schädigte die empfindlichen Cofaktoren der meisten Hydrogenasen und beschränkte sie auf Mikroorganismen, die in Nischen mit anaerober Umgebung lebten. In einigen dieser Mikroorganismen, die in einer anaeroben-aeroben Zwischenphase existierten, konnte sich eine Unterklasse der [NiFe] Hydrogenase entwickeln, die ihre katalytische Funktion sogar in Gegenwart von Sauerstoff aufrechterhalten konnte. Sie werden beispielsweise in Knallgasbakterien gefunden, die Sauerstoff zur Oxidation von Wasserstoff benutzen.
Das aktive Zentrum der sauerstofftoleranten Hydrogenase ist identisch mit dem der Standard-Hydrogenase. Der Hauptunterschied findet sich am nächstgelegenen Eisen-Schwefel-Cluster. In der sauerstofftoleranten Hydrogenase koordinieren sechs Cysteine einen [4Fe3S]-Cluster, während man bei dem sauerstoffempfindlichen Hydrogenasen einen [4Fe4S]-Cluster mit 4 Cysteinen findet (Abb. 2). Diese besondere Anordnung verleiht diesem speziellen Eisen-Schwefel-Cluster eine strukturelle und Redox-Plastizität, wodurch der Cluster zwei Redox-Übergänge vollziehen und damit zwei Elektronen statt nur einem in der Nähe des aktiven Zentrums speichern kann [3]. Diese zusätzliche reduzierende Einheit ermöglicht es der Hydrogenase den Sauerstoff direkt zu Wasser zu reduzieren und somit die Bildung der schädlichen, nur partiell reduzierten, reaktiven Sauerstoffspezies zu verhindern. Somit können wir die sauerstofftolerante Hydrogenase als ein Enzym mit zwei katalytischen Funktionen sehen: (1) die Standard-H2-Oxidationsaktivität, und (2) die O2-Reduktion zu Wasser.
Das Design von Hydrogenasen
Seit dem Erscheinen der ersten kristallographischen Strukturen der Hydrogenase und der chemischen Struktur des aktiven Zentrums (Abb. 2), erkannten synthetische Chemiker sofort diese Struktur als eine metallorganische Verbindung, die auch leicht im Labor synthetisiert werden könnte. Es wurden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt und die Ergebnisse zeigten, dass Moleküle mit identischer chemischer Zusammensetzung wie die aktiven Zentren der Enzyme keine oder nur sehr geringe katalytische Aktivität aufweisen. Es war also klar, dass das Proteingerüst ebenfalls erforderlich ist, um das aktive Zentrum in die exakte geometrische und elektronische Struktur, die die Katalyse begünstigt, zu bringen.
Die Synthese von Hydrogenasen in der lebenden Zelle erfordert eine komplexe Reifungsmaschinerie. Vor allem, da das aktive Zentrum von Hydrogenasen für biologische Systeme ungewöhnliche Liganden wie CN- und CO trägt, die ebenfalls in vivo synthetisiert werden müssen.
Kürzlich wurde gezeigt, dass die [FeFe] Hydrogenase-Reifung durch einen teilweise künstlichen Ansatz dramatisch vereinfacht werden kann (Abb. 3). Die Apo-Hydrogenase (ein Protein ohne das aktive Zentrum, und daher viel einfacher aus der Zelle zu erzeugen) wurde mit synthetisierten metallorganischen Verbindungen im Labor inkubiert, wobei die Struktur des aktiven Zentrums sich spontan bildete. Die biomimetische Verbindung bindet nicht nur an der aktiven Stelle in genau der gleichen Weise an das Protein, wie es in der natürlichen Verbindung geschieht, sie zeigt auch die gleiche katalytische Aktivität wie das natürliche Enzym [4, 5].
Die künstliche Reifung eröffnet den Chemikern ein neues Arbeitsfeld, in Zusammenarbeit mit Biologen, zu versuchen, die katalytische Leistung der [FeFe] Hydrogenasen durch die Entwicklung neuer aktiver Zentren zu verbessern.
Bindung des Proteins an der Elektrode
Hydrogenasen können auch in Brennstoffzellen oder in Zellen zur elektrolytischen Wasserspaltung verwendet werden. Eine Brennstoffzelle wandelt die Energie, die in der chemischen Bindung des Brennstoffs gespeichert ist, in Strom um. Dabei wird in einer Hydrogenase-Brennstoffzelle Wasserstoff und Sauerstoff in Strom und Wasser umgewandelt. Die Wasserelektrolysezelle hingegen nutzt Strom, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zu spalten. Dies kann in Kombination mit einer erneuerbaren Energiequelle zu einer nachhaltigen Energiewirtschaft führen.
Um die katalytischen Eigenschaften der Hydrogenasen in solchen Apparaten zu nutzen, ist eine stabile Befestigung des Enzyms an den Elektroden erforderlich. Viele Hydrogenasen werden spontan auf pyrolytischen Graphitelektroden adsorbiert, wodurch der direkte Elektronentransfer zwischen Enzym und Elektrode ermöglicht wird. Diese Technik wurde ausgiebig verwendet, um die elektrochemischen Eigenschaften der Hydrogenase zu untersuchen. Eingebaut in einer Brennstoffzelle verlieren diese Proteinfilme jedoch ihre Aktivität im Verlauf mehrerer Stunden [6]. Eine drastische Verbesserung der Stabilität konnte durch eine kovalente Bindung des Enzyms an die Elektrode erreicht werden, die bei der Verwendung von nanostrukturierten Elektroden noch gesteigert werden konnte [7].
Diese kovalente Fixierung erfordert ein rationales Design der Elektrode, um eine korrekte Ausrichtung der Hydrogenase an der Elektrode mit dem distalen Eisen-Schwefel-Cluster zu erzwingen und somit die direkte Elektronenübertragung zu ermöglichen. Dies wird durch die Nachahmung der, zumeist elektrostatischen, Wechselwirkungen von Hydrogenasen mit ihren Redox-Partnern erzielt, indem man die Elektrode mit einer Monoschicht der entsprechenden funktionellen Gruppen beschichtet und damit die erforderlichen Oberflächenladungen für die korrekte Orientierung des Enzyms erhält [8].
Eine weitere Möglichkeit zur Befestigung der Hydrogenase besteht darin, das Enzym in einem leitfähigen Polymer einzuschließen, in dem dann die katalytische Reaktion stattfinden kann. Diese Filme zeigen eine verbesserte Stabilität als der adsorbierte Proteinfilm [9].
Bewältigung von oxidativem Stress
Einer der Nachteile hierbei ist die Empfindlichkeit dieser Enzyme gegenüber oxidativem Stress. Hydrogenasen sind nur aktiv, wenn sie in ihrer reduzierten Form vorliegen. Werden sie in einer Brennstoffzelle dem Oxidationsmittel ausgesetzt, das in den meisten Fällen O2 ist, führt dies zur sofortigen Inaktivierung des Enzyms, es sei denn die Zellkompartimente sind mit einer Membran getrennt. Oxidativer Stress kann aber auch durch das positive Potential der Kathode der Brennstoffzelle ausgeübt werden, das auf die Hydrogenase wirkt und zu einer langsamen Inaktivierung des Enzyms und somit zu einem Leistungsverlust der Brennstoffzelle führt. In der lebenden Zelle ist dies dank ihrer Kompartimentierung und der Verwendung von Elektronentransferproteinen mit niedrigen Potentialen (Cytochromen) kein Problem.
Das Verständnis der biologischen Vorgänge kann dem Chemiker die nötigen Hinweise liefern, um Materialien zu entwerfen, die diese Schutzmechanismen nachahmen und verbessern.
Kürzlich wurde ein Konzept entwickelt, das es ermöglicht, auch empfindliche Katalysatoren in Brennstoffzellen einzusetzen. Im Wesentlichen wird dabei der Katalysator mit einer Schutzmatrix abgeschirmt, deren Eigenschaften so zugeschnitten sind, dass sie die Deaktivierung unterdrückt [9].
Statt die Hydrogenase direkt in Kontakt mit der Elektrode zu bringen, wurde der empfindliche Katalysator in ein Redox-Hydrogel eingebettet. Dies dient sowohl als Redox-Puffer als auch als Sauerstofffänger, wobei weder das hohe Potential der Elektrode noch der Sauerstoff einen Einfluss auf das Enzym im Film hat. Das Redox-Hydrogel wirkt hier in ähnlicher Weise wie der [4Fe3S]-Cluster der sauerstofftoleranten Hydrogenasen. Zusätzlich dient der durch das Redox-Gel vermittelte Elektronentransfer als Ersatz für die Elektronentransfer-Proteine in der lebenden Zelle. Unter bestimmten Betriebsbedingungen kann nun eine Brennstoffzelle, die mit diesem Hydrogel modifiziert wurde, die chemische Energie des Wasserstoffs in elektrische Energie über mehrere Wochen konvertieren. Ohne das Hydrogel wäre die Hydrogenase schnell zerstört (Abb. 4).
Die Kombination der Verwendung einer Schutzmatrix mit semi-artifiziellen Hydrogenasen gibt der Wissenschaft die Möglichkeit, geeignete Materialien für Brennstoffzellen zu entwerfen, die zu einer besseren, sauberen Energiewirtschaft führen.