Forschungsbericht 2013 - Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts
Neue Konzepte für die Nutzung von Solarenergie
Die Zukunft der Photovoltaik liegt in materialsparendeµmn Dünnschicht-Solarzellen aus häufig vorkommenden, nicht giftigen Elementen. Nanostrukturierung, neue Materialien wie Graphen und organische-anorganische Hybride in Kombination mit neuentwickelten Messmethoden [1,2] eröffnen die Möglichkeit hocheffizienter günstiger Photovoltaik und neue spannende Einsichten in die Physik hinter der Solarzelle.
Dünne Schichten trotz indirekter Bandlücke: Silizium Nanodrähte
Um mit Silizium (Si) einen ausreichenden Anteil des Sonnenspektrums zu absorbieren, sind aufgrund der indirekten Bandlücke relativ dicke Schichten >100 µm nötig. Die erzeugten Ladungsträger müssen lange Wege zurücklegen, ohne an rekombinationsaktive Störstellen, wie Fremdatome oder Korngrenzen, verloren zu gehen. Neue Konzepte zur Strukturierung von Silizium ermöglichen es, die Schichtdicke deutlich zu reduzieren und trotzdem einen ausreichenden Anteil des Lichts zu absorbieren [3].

Abb. 1: Oben: Multikristalline, 6 µm dünne Si-Schicht auf Glas mit Nanodraht-Strukturierung. Das Rasterelektronenmikroskop-Übersichtsbild (unten links) zeigt ein perfektes homogenes Feld von Si-Nanodrähten. Dabei ist die Form der Nanodrähte unbeeinflusst von den Korngrenzen im multikristallinen Silizium, die, wie im EBSD-Scan und in den TEM-Bildern zusehen, teils sogar durch einzelne Nanodrähte verlaufen (alle Skalierungsbalken entsprechen 1 µm).
Unten: Absorptions- und Reflexionsspektren einer unstrukturierten und zweier mit Nanodrähten (Durchmesser 759 nm bzw. 704 nm) strukturierten Schichten. Im Hintergrund ist in Gelb das AM1.5-Sonnenspektrum dargestellt. Die strukturierten Schichten zeigen eine deutliche Reduktion der Reflexion und Zunahme der Absorption über das gesamte Spektrum gegenüber der unstrukturierten Schicht. Der Vergleich der Reflexionsspektren der beiden strukturierten Schichten zeigt die starke Abhängigkeit der Resonanzen vom Durchmesser der Nanodrähte. Im oberen linken Bild ist deutlich zu sehen, dass der mittige strukturierte Teil der von hinten beleuchteten Probe stärker Licht absorbiert als die unstrukturierten Ränder. Das obere rechte Bild zeigt die resonante Reflektion der Probe bei Beleuchtung von vorne.
6 µm dünne multikristalline Si-Schichten können mit einem Elektronenstrahl aus amorphem Silizium auf Glas kristallisiert werden. Mit einer Kombination aus Nanokugel-Lithographie und reaktivem Ionenätzen werden große Flächen homogener regulärer Si-Nanodrähte auf den Schichten erzeugt [3]. Polystyrol-Nanokugel-Kolloide werden mit der Langmuir-Blodgett Methode auf der Si-Oberfläche gebildet. Die anfängliche Kugelgröße, die Reduktion der Kugeln im Sauerstoffplasma und der Ionenätzprozess bestimmen Abstand, Durchmesser und Länge der Nanodrähte. Trotz des multikristallinen Ausgangsmaterials ergeben sich großflächige homogene reguläre Nanodrähte (Abb. 1 links). Zum ersten Mal konnte durch electron backscatter diffraction und Transmissionselektronenmikroskopie der Verlauf von Korngrenzen durch einzelne, vorher geätzte Nanodrähte beobachtet werden. Die unterschiedlich ausgerichteten Si-Körner beeinflussen die endgültige Form der Nanodrähte selbst dann nicht, wenn die Kristallstruktur eines einzelnen Drahtes durch eine Korngrenze gestört wird. Die Nanodraht-Strukturierung der 6 µm dünnen Si-Schicht reduziert die Reflexion und erhöht die Absorption deutlich (Abb. 1 rechts). Zusätzlich zur Verlängerung der Weglänge des Lichts in der Schicht wird die Absorption durch starke optische Resonanzen in den Nanostrukturen vergrößert, die von der Form der Nanodrähte selbst abhängen. So wird mit der Nanostrukturierung aus einer dünnen multikristallinen Si-Schicht ein im Sichtbaren und im Nah-Infraroten(IR) stark absorbierendes Material. Ein Solarzellenkonzept, das auf dem nanostrukturierten Dünnschicht-Si verwirklicht werden kann, ist der SIS-Heteroübergang. Erste Ergebnisse zeigen, dass sich die Nanodrähte sehr gut durch atomic layer deposition beschichten lassen. Während eine dünne Al2O3-Tunnelbarriere die Si-Oberfläche passiviert, erzeugt das transparente leitfähige Al:ZnO den pn-Übergang im Silizium. Die Leitfähigkeit und die Austrittsarbeit werden durch die Al-Konzentration geregelt, die mit der Glimmentladungs-Massenspektrometrie (GD-MS; Horiba Scientific) auch in sehr dünnen ZnO-Schichten präzise bestimmt werden kann [2].
Das Beste aus zwei Welten: Anorganische-organische Hybridsolarzellen
Während organische Materialien flexibel, kostengünstig und lösungsprozessierbar sind, zeigen anorganische oft bessere elektrische Eigenschaften und sind langzeitstabiler. Neue Möglichkeiten eröffnet die Kombination von Silizium mit organischen Molekülen und Polymeren.
Leitfähige Polymere auf Silizium
Ein hybrider Heteroübergang kann zwischen dem „quasi-metallischen” transparenten Polymer PEDOT:PSS und n-dotiertem Silizium als Absorber erzeugt werden [4]. In PEDOT:PSS fungiert das konjugierte Polymer Poly-3,4-ethylendioxythiophen als Lochleiter, während die Polystyrolsulfonsäure Kationen bereitstellt. Hohe Dotierungen mit PSS erzeugen Bipolaron-Bänder in der 2eV-Bandlücke und im IR zeigt sich ein metallischer Absorptionsmechanismus [4]. Die geringe Dichte an freien Ladungsträgern führt zu einer kleinen Plasmafrequenz und so zu einem niedrigen Absorptionskoeffizienten im Sichtbaren und im Nah-IR.

Abb 2: Oben: Schematisch verdeutlichter Transfer und Transport von Löchern in PEDOT:PSS auf Silizium. Der Polymerfilm besteht aus leitfähigen PEDOT:PSS-Körnern, die von einer isolierenden PSS-Hülle umgeben sind. Die Dicke der PSS-Hülle beeinflusst sowohl die Leitfähigkeit σ im Film, als auch die Ladungsträgerseparation, und damit die Leerlaufspannung VOC, an der Grenzfläche. Die Zugabe des Lösemittels DMSO verbessert die Verteilung von PSS im Polymer und die isolierende Hülle wird dünner. Dadurch können die Ladungsträger an der Grenzfläche besser getrennt (VOC,2>VOC,1) und im Film besser transportiert werden (σ2>σ1). Unten: Unter AM1.5-Beleuchtung zeigen die Stromdichte-Spannungskennlinien, dass die Effizienz der PEDOT:PSS/n-Si-Solarzellen durch die Zugabe von DMSO zum Polymer deutlich besser wird. Sowohl der Kurzschlussstrom als auch die Leerlaufspannung nehmen mit dem DMSO-Gehalt zu. Mit 2,5% DMSO weisen die Hybridsolarzellen eine Effizienz von 8,5% auf.
Anders als gewöhnliche Metall-Halbleiter-Kontakte zeigen n-Si/PEDOT:PSS-Solarzellen sehr hohe Leerlaufspannungen (VOC). Da hier das Fermi-Niveau nicht an der defektreichen Si-Oberfläche gepinnt wird und die Polymer-Bandlücke thermische Injektion von Elektronen verhindert und so nur kleine Sättigungsströme entstehen, kann das Polymer eine Inversionsschicht und damit einen pn-Übergang im Silizium erzeugen. Die Effizienz der Hybridsolarzellen ist maßgeblich durch den Ladungsträgertransport im PEDOT:PSS limitiert [4]. Die Zugabe von Dimethylsulfoxid (DMSO) verbessert die Polymer-Leitfähigkeit und die Effizienz der Hybridsolarzellen (Abb. 2 rechts). Dabei kommt es zu keiner Zunahme an freien Ladungsträgern, da sich entsprechend der UV-Photoelektronenspektroskopie (UPS) weder das Fermi-Niveau verschiebt, noch die Absorption im IR verändert. Röntgen-PS (XPS) lässt vermuten, dass das Polymer morphologisch aus leitenden PEDOT:PSS-Körnern mit isolierenden PSS-Hüllen besteht und die Zugabe von DMSO die PSS-Hülle verdünnt (Abb. 2 links). Durch besseren Ladungstransfer über die Grenzfläche und Ladungstransport im Polymer nehmen Voc und Kurzschlussstrom zu. So erreichen die n-Si/PEDOT:PSS-Hybridzellen Effizienzen von 8,5% [4], wobei aktuelle Ergebnisse bei über 12% liegen. Erste n-Si/PEDOT:PSS-Zellen mit nasschemisch geätzten inhomogenen Si-Nanostrukturen wurden schon hergestellt [5]. Zukünftig sollen mit den nanostrukturierten 6 µm dünnen Si-Schichten Hybrid-Dünnschichtsolarzellen realisiert werden.
Funktionalisierung von Si-Nanodrähten mit organischen Molekülen
Freie Si-Oberflächen, die gerade bei Nanostrukturen häufig sind, bieten Rekombinationszentren für Ladungsträger und führen zu Fermi Level Pinning. Kleine organische Moleküle versprechen eine gute Oberflächen-Passivierung aber gleichzeitig auch einen guten Ladungstransport über die Grenzfläche. Nasschemisch geätzte Si-Nanodrähte wurden unterschiedlich terminiert [5]. Ätzen mit Flusssäure passiviert das Silizium mit Wasserstoff (H-Si). Wie schon für andere Si-Nanodrähte beschrieben, bildet sich an Luft natives Oxid auf den Si-Oberflächen aus (SiO2-Si) [6]. Ein Chlorierungs-Alkylierungsprozess bindet Kohlenwasserstoffe, wie Methyl, an die Oberfläche (CH3-Si) [7]. XPS, Kelvinsonde und Photoelectron-Yield-Spektroskopie zeigen, dass Methyl die Nanodrähte deutlich besser passiviert als SiO2 und langzeitstabiler ist als H-Si [5]. Während sich langkettige Alkylgruppen mit einfachen Kohlenstoffbindungen gegenseitig sterisch behindern und die Si-Oberflächen zu gering bedecken [7], könnten solche mit Doppel- und Tripelkohlenstoffbindungen gleichzeitig Ladungen transportieren, Diffusion von Verunreinigungen verhindern und durch die π-π-Interaktion die Oberflächen vollständig bedecken.
Variable Bandlücke und geringe Defektdichte: Nanodrähte der Gruppe-III-Nitride
In InGaN lässt sich über den In-Gehalt die direkte Bandlücke zwischen 0,7−3,4 eV einstellen. Als Basis für nanostrukturierte InGaN-Schichten dienen auf Saphir abgeschiedene GaN-Mikro- und Nanosäulen. Die freistehenden, elastisch relaxierten Säulen sind trotz des gitterfehlangepassten Fremdsubstrats defektarm und somit optisch aktiv [8]. Die Morphologie der Säulen kann durch die Prozessparameter genau eingestellt werden (Abb. 3) [8,9].
![Abb 3: Die rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen zeigen, dass die morphologischen Eigenschaften der GaN-Säulen auf Saphir-Substraten in einem weiten Bereich über die Wachstumsparameter eingestellt werden können. Mit kurzen Wachstumszeiten von 5−60 min lassen sich Säulen bis zu einer Höhe von 50 µm herstellen. Durch das kontrollierte Abscheiden der GaN Nukleationsschicht kann der Durchmesser der Säulen zwischen 100nm und mehreren µm eingestellt werden. Aspektverhältnisse von bis zu 50 sind möglich. Die Dichte der Säulen (bis zu 108 cm-2) wird über das Materialangebot geregelt [8,9].](/11602570/original-1508157061.jpg?t=eyJ3aWR0aCI6MjQ2LCJvYmpfaWQiOjExNjAyNTcwfQ%3D%3D--b71168ffa057709fb03efefef06d238b009b9fea)
Abb 3: Die rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen zeigen, dass die morphologischen Eigenschaften der GaN-Säulen auf Saphir-Substraten in einem weiten Bereich über die Wachstumsparameter eingestellt werden können. Mit kurzen Wachstumszeiten von 5−60 min lassen sich Säulen bis zu einer Höhe von 50 µm herstellen. Durch das kontrollierte Abscheiden der GaN Nukleationsschicht kann der Durchmesser der Säulen zwischen 100nm und mehreren µm eingestellt werden. Aspektverhältnisse von bis zu 50 sind möglich. Die Dichte der Säulen (bis zu 108 cm-2) wird über das Materialangebot geregelt [8,9].
Die Mikrosäulen haben eine nahezu perfekte Form und Oberfläche (Abb.3 untere Mitte). Photo- und Kathodolumineszenz zeigen, dass sich die Mikrosäulen als photonische Kristalle eignen. Das typische GaN-Spektrum ist mit einer Vielzahl optischer Moden überlagert. Mit Simulationen lassen sich diese Moden „whispering gallery” (Flüstergallerie) Moden zuordnen. Durch totale interne Reflektion an den sechs Seitenfacetten des hexagonalen GaN-Kristalls können Lichtwellen mit sich selbst konstruktiv interferieren. Optische Moden in den GaN-Mikrosäulen erreichen Qualitätsfaktoren (E/ΔE) von über 4.000 [10]. Über den Durchmesser der GaN-Säulen sind die „whispering gallery” Moden direkt spektral kontrollierbar. Anhand einer GaN-Säule mit einem nach oben leicht abnehmenden Durchmesser konnte gezeigt werden, dass sich die Lagen der optischen Moden in den Kathodolumineszenzspektren zu kürzeren Wellenlängen hin verschieben (Abb. 4). Diese optischen Moden sollten die Lichtabsorption in photovoltaischen Bauelementen erhöhen, indem die eintreffende Strahlung im photonischen Kristall gefangen wird.

Abb. 4: Oben: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer GaN-Säule mit leicht zunehmendem Durchmesser in vertikaler Richtung. Unten: Graph mit zwölf Kathodolumineszenzspektren, welche an unterschiedlichen Positionen A−L entlang der Säule im oberen Bild aufgenommen wurden. Hierzu wurde der Elektronenstrahl des Rasterelektronenmikroskops an der jeweiligen Position festgehalten. Position A zeigt typische GaN Lumineszenz mit gelber Störstellenlumineszenz im niederenergetischen und Bandkanten-nahe Emission im höherenergetischen Spektralbereich. Aufgrund der gekippten Topfacette sind optische Moden nicht sichtbar. In den Spektren B−L treten optische Moden auf; die berechneten Positionen unter Annahme von „whispering gallery” Moden sind in guter Übereinstimmung mit dem Experiment. Wird die Position des Elektronenstrahls zur Säulenmitte hin verschoben, so verschieben sich die Moden zu höheren Energien aufgrund des leicht abnehmenden Durchmessers der Säule.
Aktuell wird die Abscheidung von InGaN-Quantenfilmen als Schalen auf GaN-Nanosäulen untersucht. Abhängig von der Abscheidetemperatur zeigen die InGaN-Filme Emissionswellenlängen im Bereich von 420−440 nm. Dieser Wellenlängenbereich ist zwar nicht geeignet für Sonnenlicht-absorbierende Bauelemente, aber es zeigt die Funktionstüchtigkeit von InGaN-Strukturen auf GaN-Säulen. Zukünftig soll durch höheren Indiumgehalt die Bandlückenenergie verringert werden, um diese Strukturen für effiziente InGaN-basierte-Nanosäulen-Solarzellen zu nutzen. Dafür müssen die Säulen auch elektrisch kontaktiert werden. Erste Ergebnisse zeigen, dass es möglich ist, GaN-Säulen auf ein- oder „few-layer”-Graphen belegtem Saphir zu wachsen. Dazu wird Graphen mit chemischer Gasphasenabscheidung auf Kupferfolie gewachsen und dann nasschemisch auf das gewünschte Substrat übertragen. Raman-Messungen beweisen, dass es sich um monolagiges Graphen handelt [1]. Erste elektrische Messungen durch in-situ Nanokontaktierung lassen erwarten, dass sich ohmsche Kontakte zwischen den GaN-Säulen und dem Graphen bilden können.
Ausblick: Photovoltaik und -katalyse
Kontrollierte Herstellung photoaktiver Materialien sowie neue Konzepte zur Ladungstrennung und Kontaktierung ermöglichen günstige effiziente Solarzellen. Resonanzen in Si- und GaN-Nanodrähten führen dazu, dass wenig Material ausreichend Sonnenlicht absorbiert. Zukünftig soll mit Metall-Halbleiter-Hybrid-Nanostrukturen auch erforscht werden, Sonnenlicht nicht in Strom umzuwandeln, sondern chemisch als Wasserstoff oder hochwertige Alkohole zu speichern.
Literaturhinweise
DOI:10.1002/pip.2315