Es war einmal und ist wieder

Wenn man von Dresden über die sächsische Schweiz Richtung Prag fährt, sieht man diesen Grenzübergang kurz hinter dem Örtchen Schmilka. Im Grünen, in Nähe der Elbe, täuscht diese einsame Station darüber hinweg, dass der aktuelle Übergang zwischen Sachsen und Tschechien, zwischen Schandau und Schmilka, von Reisebussen, PKWs, Fahrrädern und Fußgängern normalerweise rege genutzt wird. Schiffe verkehren von Dresden nach Prag, auch die Zugverbindung ist zweigleisig ausgebaut. Derzeit dürfen Tschechen nicht nach Deutschland einreisen, und Deutsche nicht nach Tschechien. Ausnahmen gelten für Berufspendler in einem Streifen bis 100 Kilometer beiderseits der Grenze und den Warenverkehr.

Der Grenzübergang vom Ostseebad Ahlbeck ins polnische Swinoujscie (Swinemünde) ist eigentlich ein beliebter Ausflugsort für deutsche Gäste auf Usedom, die stöbern, handeln und preiswert einkaufen wollen. Der Markt, der direkt am Grenzübergang nach Polen beginnt, bietet vieles günstig an. Zu kaufen gibt es Textilien aller Art, Spiel- und Handwerkszeug, Korbwaren und vieles andere mehr.

Seit 15. März 2020 hat Polen jedoch die Grenzen geschlossen. Die Urlauber, die in Hotels in Swinemünde zu Gast waren und abreisen wollten, konnten nicht von Reisebussen abgeholt werden. Deshalb brachten die polnischen Hotels die Urlauber mit Kleinbussen kurzerhand an einen Kontrollpunkt einige Hundert Meter vor dem Grenzübergang Garz. Von dort aus ging dann zu Fuß zurück nach Deutschland, berichtet der Norddeutsche Rundfunk.

Norwegens Grenzregion zum EU-Staat Schweden ist sehr dünn besiedelt. Damit gilt sie als Vorbild für die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland, als ein Modell für die Zeit nach dem Brexit. Denn Norwegen gehört nicht zur Europäischen Union und ist lediglich Teil des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR).

Auch wenn Schweden für Zentraleuropäer eher als teuer gilt, pendeln Norweger regelmäßig nach Schweden, um dort günstig einzukaufen. Besonders alkoholische Getränke sind beim europäischen Nachbarn deutlich preiswerter. Doch die wirtschaftlichen Verflechtungen der beiden Länder sind anders als in Irland eher gering. Seit den steigenden Infektionen mit Covid-19 hat die Europäische Union nun auch die Grenze zu Norwegen dichtgemacht; die Corona-Infektion spaltet damit auch Nordeuropa.

Der spanische Grenzort Portbou ist eng mit Walter Benjamin verknüpft. Der deutsche Philosoph, Kulturkritiker und Übersetzer der Werke von Honoré de Balzac, Charles Baudelaire und Marcel Proust nahm sich hier am 26. September 1940 auf der Flucht vor den Nationalsozialisten das Leben. Die spanischen Behörden ließen den Flüchtenden wegen eines neuen Dekrets nicht einreisen, sondern wollten ihn zurück nach Frankreich schicken. In den Jahren 1934 bis 1944 war der kleine Ort Sammelpunkt deutscher und französischer Emigranten, die von Fluchthelfern über die Grenze gebracht wurden.

Darüber hinaus war der Bahnhof des Ortes lange Zeit der wichtigste Grenzbahnhof zwischen Spanien und Frankreich. Der Übergang von französischer Normalspur zu spanischer Breitspur macht in Portbou oder dem benachbarten französischen Cerbère den Umstieg von Personen und das Umladen der Fracht erforderlich. Doch im Moment ist es hier eher ruhig: Denn Spanien hat die Grenzen zu Frankreich geschlossen.

Die „Alte Brücke“, die das österreichische Ach mit Burghausen auf der deutschen Seite verbindet, ist Zeichen der engen Beziehungen zwischen den benachbarten Ländern. Von der ehemaligen Grenzstation auf österreichischer Seite hat man einen guten Blick auf die längste Burg Europas mit ihren 1051 Metern. Auf der Brücke finden Feste statt, das nächste Brückenfest ist im August geplant. Über die Brücke pendeln Österreicher nach Deutschland, Deutsche nach Österreich.

Seit 16. März 2020 ist die „Alte Brücke“ nun aufgrund Corona-Pandemie komplett gesperrt, an beiden Burghauser Grenzübergängen patrouillieren Polizisten. Der kleine Grenzverkehr ist damit nur noch über die Neue Brücke – ein wenig flussaufwärts - möglich. Dort werden Einreisende überprüft, die Ausweise kontrolliert. Pendler müssen einen Nachweis der Arbeitsstelle beziehungsweise eine Kopie des Arbeitsvertrages mitführen.

Es ist Frühling am Col de Petite Saint Bernard, am Grenzübergang zwischen Frankreich und Italien, auch wenn in den Alpen noch Schnee liegt. Da wirkt das kleine weiße Zollhaus fast malerisch. Die Passstraße, die von Napoleon III. erbaut wurde, war im zweiten Weltkrieg Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen, bei der sowohl auf italienischer wie auf französischer Seite viele Soldaten ums Leben kamen.

Darüber hinaus stand der Kleine Sankt Bernhard bisher vier Mal auf dem Programm der Tour de France: 1949, 1959, 1963 und 2009. Bislang ist das Sportevent, das im Juni starten soll, nicht abgesagt, steht jedoch auch der Kippe. Die Grenze zwischen Frankreich und Italien ist derzeit nur für den Warenverkehr und Berufspendler offen.

Diese alte verlassene Grenz- und Zollstelle an der portugiesisch-spanischen Grenze sieht wie eine Bushaltestelle aus. Vor dem Inkrafttreten des Schengenraums fanden in Mourão auf portugiesischer Seite Pass- und Zollkontrollen statt. Am 26. März 1995 fielen dann die Schlagbäume zwischen Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Belgien, den Niederlanden, Portugal und Spanien.

Für viele Portugiesen bedeutete das ungeahnte Freiheit. Plötzlich konnten sie von Lissabon über Madrid und Paris nach Berlin reisen – ohne ihren Ausweis vorzulegen. 25 Jahre später - zum Jubiläum des Schengenraums - ist mit der Corona-Krise freies Reisen weitgehend ausgehebelt und auch der Binnenmarkt, der freie Warenverkehr bedroht.

Seit der großen Migrationsbewegung 2015 führen sechs Schengen-Mitgliedsstaaten wieder Personenkontrollen durch, um irreguläre Einwanderung zu unterbinden – darunter auch Österreich an der Grenze zu Ungarn. Zu sehen ist hier der Grenzübergang bei Rechnitz in Österreich (Archivaufnahme vom 8. März 2016). Die wiederholte Verlängerung dieser Kontrollen, so sagen Kritiker, widerspreche geltendem Schengen-Recht.

Zusammen mit dem festgefahrenen Streit um eine Reform des EU-Asylsystems, um eine fairere Verteilung von Geflüchteten – sorgt dies für einige Verstimmung unter den Schengenstaaten. Die Corona-Krise hat diesen Konflikt nur vertagt.

Grenzen quer durch Läden, Wohnhäuser und Büros: Dass auch in Zentraleuropa komplizierte Grenzverläufe existieren, zeigt die Situation in Baarle-Nassau. Wer durch den Ort spaziert und auf die Bürgersteige blickt, sieht immer wieder Linien aus weißen Kreuzen. Seitlich davon die Buchstaben NL, was Niederlande bedeutet, und B, was für Belgien steht. Insgesamt existieren 22 belgische Enklaven, umgeben von niederländischem Gebiet. Innerhalb dieser existieren wiederum acht niederländische Unterenklaven. Viele Touristen kamen bislang in den Ort, um sich den Wahnsinn aus der Nähe anzusehen, der seit dem Mittelalter existiert.