Global bewegt für Wissenschaft

An mehr als 600 Orten weltweit gehen Menschen beim "March for Science" auf die Straße

Beim "March for Science" am 22. April wurde weltweit für die Wissenschaft und ihre Rolle in Politik und Gesellschaft demonstriert. Bei den Kundgebungen in Deutschland stand im Fokus, für den „Wert von Wissenschaft, Fakten und Evidenzbasiertheit in Zeiten von alternativen Fakten“ einzutreten, schreiben die Initiatoren. Auch Max-Planck-Wissenschaftler beteiligten sich – ob bei der Planung in den Organisationsteams, dem Verteilen von Flyern, als Redner oder Teilnehmer. In München hielt Präsident Martin Stratmann eine Ansprache.

Bei Detlef Weigel, Direktor am MPI für Entwicklungsbiologie in Tübingen, lief kurz nach Ostern die Organisation noch auf Hochtouren. Vieles musste festgezurrt sein, bis hin zur  Rednerliste. „Und ja: Musik wird es außerdem auch geben“, sagte der Entwicklungsbiologe. „Die Big Band der Universität wird dabei sein.“ Dabei sein heißt, dass die studentischen Musiker nun am Samstag, den 22. April, ebenso unterwegs waren auf den Straßen beim „March for Science“ in Tübingen. Detlef Weigel ist einer der Hauptorganisatoren für diese Veranstaltung, mit im Boot seien neben Vertretern örtlicher Max-Planck-Institute auch Mitglieder der Universität Tübingen und des Universitätsklinikums. „Gerade in einer Stadt wie Tübingen, die solch eine große Tradition hat als Wissenschaftsstandort, ist es wichtig, für evidenzbasierte Entscheidungen in Politik und Gesellschaft auf die Straße zu gehen“, sagt Weigel.

Orga-Arbeit für Berlin

Bottom-up, ehrenamtlich, getragen aus der Wissenschaft heraus, überparteilich – so wird die Bewegung beschrieben. In Deutschland gab in mehr als 20 Städten Kundgebungen. Ob Hamburg, Leipzig, Jena oder Rostock  – auch Max-Planck-Institute fanden sich auf den Unterstützerlisten für die Initiative. Für den „March for Science“ in Berlin hatten sich führende Max-Planck-Wissenschaftler und auch Max-Planck-Nobelpreisträger ausgesprochen. Im dortigen Organisationsteam engagierte sich Claudio Paganini, Doktorand am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Interview). Der March führte bei typischem Aprilwetter mit Graupel und Sonne von der Humboldt-Universität zu Berlin Unter den Linden entlang zum Brandenburger Tor.

Max-Planck-Präsident spricht in München

Der „March for Science“ als globale Initiative hat ihren Anfang in den USA genommen, wo in Washington die Hauptveranstaltung stattfand. Angesichts aktueller Entwicklungen in Ungarn, wo die Central European University in Budapest von der Schließung bedroht ist, und den andauernden Restriktionen in der Türkei ging es aber nicht allein um Solidarität mit den US-Kollegen. „Die Freiheit der Wissenschaft kommt international immer stärker unter Druck. Der March for Science ist die Gelegenheit, für das hohe Gut der Wissenschaftsfreiheit sichtbar einzutreten“, erklärte der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft Martin Stratmann. Er reihte sich in München in den Umzug ein, der am Karlsplatz (Stachus) begann und am Siegestor im Universitätsviertel endete. "Wir können nicht akzeptieren, dass in Zeiten, in denen der Mensch diesen Planeten verändert wie nie zuvor in der Geschichte, Entscheidungen getroffen werden, ohne auf wissenschaftliche Fakten zurückzugreifen. Wir dürfen uns nicht dümmer stellen, als wir sind", sagte Stratmann bei seiner Ansprache (hier als pdf). Weitere Redner waren unter anderem Helmuth Trischler vom Deutschen Museum und Münchens zweiter Bürgermeister Josef Schmid. Laut Medienberichten waren rund 3000 Teilnehmer beim Protestzug in Bayerns Landeshauptstadt dabei.

Flagge zeigen in Göttingen

„Wissenschaft ist international und kennt keine Grenzen“, betont Direktor Eberhard Bodenschatz als Ideengeber der Initiative des Göttinger Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation (MPIDS). Einen Tag vor dem "March for Science" hängten die Göttinger in ihrem Institut die Flaggen aller Nationen ihrer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Foyer des Instituts auf, 65 Flaggen an der Zahl. „Schließlich ist Wissenschaft flaggenfroh und wir als Physiker sind weltoffen,“  so Eberhard Bodenschatz weiter. Für ihn ist die Physik das Paradebeispiel einer empirischen Wissenschaft, die Theorien immer auf Basis von Experimenten bestätigt, sie gegebenenfalls modifiziert oder als falsch erkennt und ad acta legt. Für diese Abwägung bedarf es eines freien und mit rationalen Argumenten geführten wissenschaftlichen Diskurses.

Max-Planck-Redner auch in Jena

In Jena war mit dem Biochemiker Jonathan Gershenzon ebenso ein Max-Planck-Wissenschaftler als Sprecher dabei (Videomitschnitt). Der Direktor am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie kam am Tag zuvor von einer Reise aus den USA zurück, per E-Mail hatte er vorab schon mal angekündigt: „Ich werde über die Hauptziele des March for Science sprechen: Die Notwendigkeit, den Nutzen wissenschaftlicher Erkenntnisse für eine demokratische Gesellschaft sichtbar zu machen, und die Pflicht, die Stimme zu erheben, wenn Wissenschaft ignoriert wird, Methoden in Zweifel gestellt und Forscher zum Schweigen gebracht werden.“

JE/CH/AO

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