Wie erkennt man Leben auf anderen Planeten?

Astronomen und Biologen untersuchen die Farbeigenschaften von 137 unterschiedlichen Mikroorganismen

13. März 2015
Eine Gruppe von Astronomen und Biologen hat die chemischen Fingerabdrücke von 137 verschiedenen Spezies von Mikroorganismen bestimmt. Das Ergebnis könnte in Zukunft dabei helfen, Leben auf der Oberfläche von Exoplaneten nachzuweisen – von Planeten also, die fremde Sterne umkreisen. Die Mikroorganismen stammen aus den unterschiedlichsten Lebensräumen und weisen eine Vielfalt verschiedener Pigmentierungen auf. Das Team unter Leitung von Siddharth Hegde, Doktorand am Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie, hat die Ergebnisse auf einer Online-Datenbank zusammengestellt.

Astronomen und Biologen haben sich zusammengetan, um eine neue Suchstrategie für Leben auf Exoplaneten zu entwickeln. Bisherige Methoden hatten sich auf indirekte Spuren von Leben konzentriert – etwa die Auswirkungen, die Leben auf die Zusammensetzung der Atmosphäre hat. Wird die Oberfläche eines Exoplaneten allerdings von einer bestimmten Lebensform dominiert, könnte ein direkterer Nachweis von Leben möglich sein: Anhand des Lichts, das von Organismen reflektiert wird und dabei eine charakteristische Färbung annimmt.

Astronomen untersuchen einen Planeten, indem sie das von seiner Atmosphäre und Oberfläche reflektierte Licht des Muttersterns auffangen. In der reflektierten Strahlung steckt nämlich ein gewisser Anteil an Stoffen, die auf dem Planeten vorkommen. So würden außerirdische Astronomen bei der detaillierten Beobachtung der Erde feststellen, dass ein Teil des Lichts grün eingefärbt ist, weil es von Bäumen und anderen Pflanzen reflektiert wurde.

Entsprechend ließe sich auch ein Organismus, der hinreichend große Flächen einer Exoplanetenoberfläche bedeckt, direkt nachweisen. Dazu müsste man im Prinzip die Färbung messen, die der Organismus dem reflektierten Licht aufprägt. Diese Färbung wiederum hängt von den Pigmenten ab – also den im Lebewesen enthaltenen Farbstoffen.

Die Details der Färbung kann man untersuchen, wenn man das Licht in seine Regenbogenfarben zerlegt. In einem solchen Spektrum hinterlassen unterschiedliche Farbstoffe unterschiedliche Intensitätsmuster: das chemische Analogon eines Fingerabdrucks, der sich zur Identifikation der verschiedenen Arten von Mikroorganismen nutzen lässt.

Die Gruppe unter Leitung von Siddharth Hegde hat sich daran gemacht, die Vielfalt der Möglichkeiten solcher chemischer Fingerabdrücke zu erkunden. Hegde, während dieser Forschungen Doktorand am Max-Planck-Institut für Astronomie, und Lisa Kaltenegger (Direktorin des Institute for Pale Blue Dots an der US-amerikanischen Cornell University), taten sich dazu mit der Biologin Lynn Rothschild, ihrem Postdoktoranden Ivan Paulino-Lima und dem Biologen Ryan Kent zusammen, die am Ames Research Center der US-Weltraumbehörde NASA arbeiten. Die Forscher wollten herausfinden, welche chemischen Fingerabdrücke unterschiedlichen Mikroorganismen entsprechen und was das für die Färbungsmöglichkeiten der Oberflächen von Exoplaneten bedeutet.

Zu diesem Zweck stellte das Team Kulturen von 137 unterschiedlichen Arten (Spezies) von Mikroorganismen zusammen. Hauptkriterium bei der Auswahl war es, eine möglichst große Vielfalt an Pigmentierungen zu bekommen. Die Organismen stammen aus ganz unterschiedlichen Lebensräumen, von der chilenischen Atacamawüste in Chile bis zu Hawaianischem Salzwasser und Holzbauten an einer Solequelle im Boone's Lick State Park in Missouri.

Bei ihren Untersuchungen ließen die Forscher in kontrollierter Weise Licht auf jede der Kulturen fallen, maßen den chemischen Fingerabdruck des reflektierten Lichts und stellten ihre Ergebnisse in einem Online-Katalog zusammen. Dieser enthält Reflexionsspektren bei sichtbaren und nahinfraroten Wellenlängen von 0,35 bis 2,5 Mikrometer. Er ist der vollständigste und vielfältigste seiner Art – und der erste, der im Hinblick auf die Oberflächeneigenschaften von Exoplaneten erarbeitet wurde.

Der Katalog dient insbesondere als Beispiel für die potenzielle Vielfalt von Leben außerhalb unseres Sonnensystems. Denn die betreffenden Pigmente haben sich unter den verschiedensten Lebensbedingungen gebildet; entsprechende Nachweise auf einem Exoplaneten würden daher zugleich Aufschluss über die Eigenschaften des Himmelskörpers geben.

Außerdem beeinflusst die Oberfläche eines Planeten dessen Atmosphäre. Das betrifft die Art und Weise, wie Licht von der Oberfläche reflektiert wird und dann für unterschiedliche chemische Vorgänge in der Atmosphäre zur Verfügung steht. Die hier beschriebenen Pigmente liefern damit mögliche unterschiedliche Anfangsbedingungen für die Modelle von Exoplanetenatmosphären, insbesondere des Strahlungstransports in solchen Atmosphären.

Die Forscher bestätigten, dass der chemische Fingerabdruck eines Mikroorganismus direkt durch dessen Pigmentgehalt bestimmt wird. Dieser wiederum ist eine Folge sekundärer Stoffwechselprozesse, die nur in lebenden Organismen ablaufen und eine wichtige Rolle bei der Fotosynthese, der Abwehr schädlicher UV-Strahlung oder der Vorsorge gegen Oxidationsschäden spielen. Das Aufspüren eines charakteristischen Pigmentgemischs entspricht daher in der Tat dem Nachweis einer bestimmten Klasse lebender Organismen.

Das Team plant, weitere Proben zu sammeln und den Katalog so zu erweitern, dass er eine noch größere Vielfalt an Mikroorganismen erfasst. Das Ergebnis sollte nicht nur für Astrobiologen interessant sein, sondern auch für Astronomen, die Modelle für Planetenatmosphären berechnen. Der Nachweis solcher chemischen Fingerabdrücke von Organismen auf einer Planetenoberfläche stellt allerdings selbst für die nächste Generation von Teleskopen eine beachtliche Herausforderung dar.

Derzeit ist es nicht möglich, reflektiertes Licht eines Exoplaneten von ähnlicher Größe wie die Erde zu beobachten – solch ein Planet würde durch seinen Stern schlicht überstrahlt. „Diese Datenbank gibt uns aber eine erste Ahnung davon, wie groß die Vielfalt an nachweisbaren Lebensspuren auf den vielen verschiedenen Welten ist, die es da draußen geben könnte“, sagt Lisa Kaltenegger.

MP / HOR

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