Affenschädel belegt Ursprung von Menschenaffen und Menschen in Afrika

13 Millionen Jahre altes Fossil „Alesi“ aus Kenia wirft Licht auf die Herkunft der Menschenaffen

9. August 2017

Die Entdeckung eines bemerkenswert gut erhaltenen fossilen Affenschädels in Kenia zeigt, wie der gemeinsame Vorfahr aller heute lebenden Menschenaffen und Menschen ausgesehen haben könnte. Der Fund gehört zu einem Affen-Kleinkind, das vor etwa 13 Millionen Jahren lebte. Dem internationalen Forscherteam unter der Leitung von Isaiah Nengo vom Turkana Basin Institute der Stony Brook University und vom De Anza College, USA, gehörte auch Fred Spoor vom UCL in Großbritannien und dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig an.

Die Menschen sind am nächsten mit heute lebenden Menschenaffenarten wie Schimpansen, Gorillas, Orang-Utans und Gibbons verwandt. Der gemeinsame Vorfahre von Mensch und Schimpanse lebte vor etwa sechs bis sieben Millionen Jahren in Afrika. Viele spektakuläre Fossilfunde haben gezeigt, wie sich die Menschen seitdem entwickelt haben.

Im Gegensatz dazu ist wenig bekannt über die Entwicklung der gemeinsamen Vorfahren der heute lebenden Menschenaffen und Menschen vor mehr als zehn Millionen Jahren. Relevante Fossilien gibt es nur wenige, und bei ihnen handelt es sich vorwiegend um einzelne Zähne und partielle Kieferknochen. Daher war es bisher schwierig, Antworten auf zwei grundlegende Fragen zu finden: Ist der gemeinsame Ahne der heute lebenden Menschenaffen und der Menschen in Afrika entstanden, und wie sahen diese frühen Vorfahren aus?

Fossil aus dem Miozän

Jetzt können Forscher diese Fragen möglicherweise beantworten, denn das neu entdeckte Menschenaffenfossil, das von seinen Entdeckern Alesi genannt wird und die Museumsnummer KNM-NP 59050 trägt, stammt aus einer kritischen Zeit der afrikanischen Vergangenheit. Im Jahre 2014 wurde es von dem kenianischen Fossiliensammler John Ekusi in 13 Millionen Jahre alten Gesteinsschichten in der Region Napudet, westlich des Turkana-Sees im Norden Kenias entdeckt.

Bei dem Fossil handelt es sich um den Schädel eines Jungtieres und den am vollständigsten erhaltenen Schädel eines ausgestorbenen Menschenaffen im gesamten Fossilbericht. Viele der für die Forscher informativsten Teile sind in dem Fossil erhalten. Um diese sichtbar zu machen, wendete das Team eine äußerst empfindliche Art der 3D-Röntgenbildgebung an. „Wir konnten Hirnhöhle, Innenohr und die noch nicht durchgebrochenen bleibenden Zähne mit ihren täglichen Wachstumslinien sichtbar machen“, sagt Paul Tafforeau von der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF) in Grenoble, Frankreich. „Die Qualität unserer Bilder war so gut, dass wir anhand der Zähne herausfinden konnten, dass das Kind etwa ein Jahr und vier Monate alt war, als es starb.“

Eine neue Art

Die noch nicht durchgebrochenen bleibenden Zähne im Schädel des jungen Menschenaffen zeigen auch, dass er einer neuen Art angehört, Nyanzapithecus alesi. Der Artenname wurde von dem Turkana-Wort „Ales“ („Vorfahr") abgeleitet. „Bisher waren alle Nyanzapithecus-Arten nur durch ihre Zähne bekannt, und es war offengeblieben, ob es sich bei ihnen überhaupt um Menschenaffen handelte“, sagt John Fleagle von der Stony Brook University. „Wichtig ist, dass der Schädel über vollständig entwickelte knöcherne Gehörgänge verfügt, ein wichtiges Merkmal, das ein Bindeglied zu heute lebenden Menschenaffen herstellt“, fügt Ellen Miller von der Wake Forest University hinzu.

Alesis Schädel ist etwa so groß wie eine Zitrone, und mit seiner besonders kleinen Schnauze sieht er eher aus wie ein Gibbon-Baby. "Zuerst könnte man denken, es handelt sich um einen ausgestorbenen Gibbon", sagt Chris Gilbert vom Hunter College, New York. „Allerdings zeigen unsere Analysen, dass dieses Erscheinungsbild nicht ausschließlich bei Gibbons gefunden wird, sondern sich im Laufe der Evolution bei den ausgestorbenen Menschenaffen, Affen und ihren Verwandten mehrfach entwickelt hat.“

Keine Kletterkünstler wie Gibbons

Dass die neue Art vom Verhalten her sicher nicht „gibbonartig“ war, konnten die Forscher aber anhand einer Untersuchung des Gleichgewichtsorgans innerhalb des Innenohrs belegen. „Gibbons sind für ihr schnelles und akrobatisches Verhalten in Bäumen bekannt“, sagt Fred Spoor, „aber das Innenohr von Alesi zeigt, dass er sich vorsichtiger fortbewegt haben muss.“

„Nyanzapithecus alesi gehörte einer Gruppe von Primaten an, die bereits seit mehr als zehn Millionen Jahren in Afrika leben“, schlussfolgert Erstautor Isaiah Nengo. „Die Entdeckung von Alesi zeigt, dass diese Gruppe dem Ursprung heute lebender Menschenaffen und Menschen sehr nahe war und dass dieser Ursprung afrikanisch war.“

SJ/HR

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht