Fischen im Datennetz

Bei der Analyse von Daten der Gravitationswellendetektoren sind die Wissenschaftler auf besonders effektive Algorithmen und ausgesprochen hohe Rechenkapazitäten angewiesen. Denn ein etwaiges Gravitationswellensignal wäre bei der derzeitigen Messgenauigkeit kaum stärker als das Hintergrundrauschen.

Innerhalb der LIGO-Virgo Science Collaboration (LVC), der auch der deutsch-britische Detektor GEO600 in Ruthe bei Hannover angehört, werden all die Detektordaten gemeinsam gesammelt, archiviert und für die Analyse bereitgestellt. Die Daten werden derzeit an den verschiedenen Clusterstandorten in mehrfacher Ausfertigung aufbewahrt. Die gespeicherte Datenmenge beläuft sich auf rund 500 Terabyte. Bei laufendem Detektorbetrieb kommt pro Sekunde ein Megabyte an Daten hinzu. Der größte und leistungsfähigste Rechencluster ist ATLAS am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik/Albert-Einstein-Institut in Hannover. Er verfügt über eine Peak-Rechenleistung von 64 Teraflop/s (Fließ-Kommastellen-Operationen pro Sekunde).

Die Datenauswertung wird in mehreren Schritten vorgenommen. Zunächst suchen die Physiker großflächig den Himmel nach Signalen ab. Zeigt sich in einer Richtung eine Auffälligkeit, so untersuchen sie diese Umgebung mit einem engmaschigeren und damit rechenzeitaufwendigeren Algorithmus. Bestätigt sich das Signal, analysieren die Wissenschaftler dessen zeitlichen Verlauf und überprüfen etwa, ob es sich einer bestimmten Pulsarperiode zuordnen lässt. Den Algorithmus zur Suche nach kontinuierlichen Quellen von Gravitationswellen hatten die Hannoveraner Wissenschaftler modifiziert und erfolgreich für die Suche nach Gammapulsaren in den Daten des Satelliten Fermi verwendet.

Eine weitere Möglichkeit der astronomischen Datenanalyse bietet verteiltes Rechnen. Freiwillige PC-Nutzer aus der ganzen Welt stellen hierzu brachliegende Rechenzeit ihrer Heim- und Bürocomputer zur Verfügung. Mit mehr als 300000 Teilnehmern ist Einstein@Home eines der größten Projekte dieser Art. Wissenschaftlicher Träger sind das Center for Gravitation and Cosmology an der University of Wisconsin-Milwaukee und das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik mit finanzieller Unterstützung der National Science Foundation und der Max-Planck-Gesellschaft.

Seit dem Jahr 2005 durchsucht Einstein@Home Daten der Detektoren innerhalb der LIGO-Virgo-Science Collaboration nach Gravitationswellen von unbekannten, schnell rotierenden Neutronensternen. Seit März 2009 widmet sich Einstein@Home auch der Suche nach Signalen von Radiopulsaren in Beobachtungen des Arecibo Observatoriums in Puerto Rico und des Parkes Observatory in Australien. Neu hinzugekommen ist im August 2011 ein Projekt zur Suche nach Gammapulsaren in den Daten des Fermi-Satelliten. Seit der ersten Entdeckung eines Radiopulsars im August 2010 mit Einstein@Home hat das weltweite Computernetzwerk insgesamt 13 Pulsare aufgespürt.

FM/HOR

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