Euclid entdeckt seltenen Einstein-Ring

Präzise Daten des Esa-Teleskops Euclid ermöglichen Analyse eines Einstein-Rings um den Galaxienkern von NGC 6505 und der umliegenden dunklen Materie

Wissenschaftler haben mit dem Esa-Weltraumteleskop Euclid in einer etwa 590 Millionen Lichjahre von der Erde entfernten Galaxie einen seltenen „Einstein-Ring“ entdeckt, das durch Gravitation verzerrte Bild einer Hintergrundgalaxie, die etwa 4,42 Milliarden Lichtjahre entfernt ist. Mit einem Computercode, der am Max-Planck-Institut für Astrophysik entwickelt wurde, errechnete das Team die Beschaffenheit der Vordergrundgalaxie, deren Gravitation das Licht der Hintergrundgalaxie wie eine Linse krümmt. Das Modell erlaubt es insbesondere zu errechnen, wie die dunkle Materie in der Gravitationslinsengalaxie verteilt sein muss. Die Qualität der Daten erlaubte eine Analyse auf bisher unerreichtem Niveau.

Am 1. Juli 2023 startete Euclid zu seiner sechsjährigen Mission, um das dunkle Universum zu erforschen. Bevor die Raumsonde ihre Himmelsdurchmusterung begann, musste ein Team von Wissenschaftlern und Ingenieurinnen auf der Erde sicherstellen, dass alles einwandfrei funktionierte. Während dieser Testphase im September 2023 sendete Euclid einige Bilder zur Erde. Doch auf einem dieser Test-Bilder sah Euclids Archivwissenschaftler Bruno Altieri einen Hinweis auf ein ganz besonderes Phänomen und beschloss, es genauer zu untersuchen.

Ein Linsenteleskop so groß wie eine Galaxie

Der Einstein-Ring, ein extrem seltenes Phänomen, war in einer nahegelegenen Galaxie versteckt. Die Galaxie mit der Bezeichnung NGC 6505 ist rund 590 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt – in kosmischen Maßstäben ein Katzensprung. Doch dank der hochauflösenden Instrumente von Euclid wurde nun erstmals der Ring um das Zentrum der Galaxie sichtbar. Der Ring um die Vordergrundgalaxie besteht aus dem Licht einer weiter entfernten, hellen Galaxie. Diese Hintergrundgalaxie ist 4,42 Milliarden Lichtjahre entfernt und ihr Licht wurde auf dem Weg zu uns durch die Schwerkraft verzerrt. Die ferne Galaxie wurde noch nie beobachtet und hat noch keinen Namen. „Der Einstein-Ring ist ein Beispiel für eine starke Gravitationslinse“, erklärt Conor O'Riordan vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Deutschland. “Alle starken Gravitationslinsen sind etwas Besonderes, weil sie so selten und wissenschaftlich unglaublich nützlich sind. Diese hier ist besonders außergewöhnlich, weil sie so nah an der Erde ist und ihre Ausrichtung sie sehr schön aussehen lässt“.

Daten höchster Güte

Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie sagt voraus, dass Licht um Objekte im Weltraum gekrümmt wird, so dass diese das Licht wie eine riesige Linse bündeln. Dieser Gravitationslinseneffekt ist bei massereichen Objekten - Galaxien und Galaxienhaufen - stärker ausgeprägt. Das bedeutet, dass wir manchmal Licht von weit entfernten Galaxien sehen können, das uns sonst verborgen bliebe. Wenn die Ausrichtung stimmt, krümmt sich das Licht der entfernten Quelle und bildet einen spektakulären Ring um das Vordergrundobjekt. „Dank wiederholter Euclid-Beobachtungen desselben Feldes sind die Daten für diesen Einstein-Ring so gut, dass es eine Herausforderung war, das System genau zu modellieren“, betont O'Riordan. Das Team benutzte einen hochmodernen Gravitationslinsencode, der am Max-Planck-Institut für Astrophysik entwickelt wurde, um das Licht des Rings auf einem bisher unerreichten Niveau zu modellieren. "Wir mussten uns sogar einige der Rohdaten ansehen, um besser zu verstehen, wie der Detektor funktioniert.

Auf der Jagd nach dunkler Materie

Die Modellierung des Einstein-Rings war jedoch nur der erste Schritt. „Diese Art von Objekt ist unglaublich nützlich, um die Substrukturen der Dunklen Materie in der Linsengalaxie zu untersuchen, was wir in einer späteren Veröffentlichung untersuchen werden“, fügt O'Riordan hinzu. "Euclid wird das Feld revolutionieren, mit all diesen Daten, die wir noch nie zuvor gesehen haben.

Obwohl dieser Einstein-Ring atemberaubend ist, besteht die Hauptaufgabe von Euclid darin, nach dem subtileren schwachen Gravitationslinseneffekt zu suchen, bei dem die Hintergrundgalaxien leicht gedehnt oder verschoben erscheinen. Um diesen Effekt zu entdecken, müssen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Milliarden von Galaxien analysieren. Euclid hat am 14. Februar 2024 mit seiner detaillierten Durchmusterung des Himmels begonnen und wird nach und nach die bisher umfassendste 3D-Karte des Universums erstellen. Das Weltraumteleskop wird mehr als ein Drittel des Himmels kartieren und Milliarden von Galaxien in bis zu 10 Milliarden Lichtjahren Entfernung beobachten. Es wird erwartet, dass es etwa 100.000 starke Gravitationslinsen finden wird, aber es ist erstaunlich, eine so spektakuläre - und so nahe bei der Erde - zu finden. Bisher waren weniger als 1000 starke Gravitationslinsensysteme bekannt, und noch weniger wurden mit hoher Auflösung abgebildet. Eine so erstaunliche Entdeckung zu einem so frühen Zeitpunkt seiner Mission bedeutet, dass Euclid auf dem besten Weg ist, noch viele weitere Geheimnisse zu lüften.

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