Ein Code jenseits der DNA

Berliner Wissenschaftler finden Hinweise, dass das Ablesen genetischer Information über die Modifikation bestimmter DNA-Strukturproteine codiert wird

14. November 2007

Die Verschlüsselung der genetischen Information in der DNA - der sogenannte genetische Code - ist seit langem bekannt. Umstrittener ist jedoch die Existenz eines so genannten "Histon-Codes", der mittels Modifikationen an DNA-Strukturproteinen (Histonen) das Ablesen der genetischen Information beeinflusst. Wissenschaftler des Berliner Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik haben jetzt Belege gefunden, welche die Existenz eines solchen Codes untermauern. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Genomics" berichten sie, dass die Transkriptionsrate bestimmter Gene über chemische Modifikationen der Histone reguliert werden kann (Genomics 14. 11.2007)

Die DNA eines Organismus ist in jeder seiner Zellen identisch. Damit der Körper jedoch unterschiedliche Organe und Gewebe ausbilden kann, werden in verschiedenen Zellen jeweils unterschiedliche Bereiche der DNA abgelesen und in Proteine übersetzt. Der erste Schritt dieses Prozesses, das Ablesen der DNA, wird als Transkription bezeichnet. Ihre Regulation ist von entscheidender Bedeutung dafür, dass aus identischer Erbinformation so unterschiedliche Organe wie Herzen, Knochen oder Muskeln entstehen können.

In der Zelle befindet sich die DNA in engem Verbund mit einer bestimmten Gruppe von Proteinen, den sogenannten Histonen. Die negativ geladenen DNA-Moleküle sind dabei um die positiv geladenen Histone aufgewickelt, wodurch die Länge der DNA extrem komprimiert wird. Wissenschaftler gingen lange davon aus, dass die Packung der DNA die einzige Aufgabe der Histone sei. Inzwischen wissen Genetiker jedoch, dass die Dichte der DNA-Packung auch Einfluss darauf hat, in welchem Maße die DNA abgelesen und in Proteine übersetzt wird.

Wann und wie stark Gene abgelesen werden

So ist die Transkriptionsrate umso höher, je schwächer die Bindung der DNA an die Histone ist. Die Stärke der Interaktion zwischen Histonen und DNA hängt maßgeblich von chemischen Anhängen (Modifikationen) an den Enden der Histone ab. Wissenschaftler des Berliner Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik haben jetzt vier verschiedene Histonmodifikationen in den Zellen von Herz und Skelettmuskeln untersucht. Die Forscher unter der Leitung von Silke Sperling fanden heraus, dass bestimmte Kombinationen von Modifikationen mit unterschiedlich starker Transkriptionsrate verbunden sind. Der Einfluss einzelner Kombinationen auf die Transkription war dabei höher als die Summe des Effekts jeder einzelnen Modifikation. Diese Ergebnisse bestätigen die Theorie vom Vorhandensein eines "Histon-Codes", der den genetischen Code ergänzt. Dieser kann dabei helfen, zu verstehen, wann und wie stark ein Gen abgelesen wird.

Zur Redakteursansicht