Bonobos zeigen, wo es lang geht

Um anderen Weibchen ihre Absichten zu verdeutlichen, nutzen Bonobo-Weibchen Zeigegesten und Pantomime

11. September 2015

Fingerzeig und pantomimisches Spiel sind wichtige Bestandteile der menschlichen Kommunikation. Doch bei Tieren gab es für diese Art der Kommunikation bisher kaum Belege. Die Forscherinnen Pamela Heidi Douglas und Liza Moscovice vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig machten jetzt eine interessante Entdeckung: Um Konflikte zu vermeiden, laden Bonobo-Weibchen andere Weibchen mittels Zeigegeste und pantomimischem Hüftschwung zu einem friedensstiftenden Techtelmechtel ein. Diese Beobachtung wirft nun neue spannende Fragen zur Evolution der menschlichen Sprache und Kommunikation auf.

Ein wichtiges Merkmal der menschlichen Sprache ist die Fähigkeit, Gestik, Mimik und Lautäußerungen symbolhaft – also stellvertretend für das gesprochene Wort – zu verwenden. Bespiele dafür sind das Zeigen mit dem Finger auf Objekte oder Personen und das pantomimische Spiel, in dem lediglich mithilfe von Mimik und Gestik Gegenstände, Personen oder Vorgänge beschrieben werden. Während diese sogenannte referentielle Kommunikation von Menschen aller Kulturen genutzt wird, gab es dafür bisher kaum Belege bei Tieren.

Douglas und Moscovice vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie haben über mehrere Jahre das Verhalten von Bonobos, einer seltenen Menschenaffenart, rund um die Forschungsstation LuiKotale im kongolesischen Regenwald beobachtet. „Weibliche Bonobos entschärfen Konflikte oft schon im Vorfeld auf friedliche Weise. Dabei spielen sexuelle Kontakte eine besondere Rolle“, sagt Gottfried Hohmann, Leiter des LuiKotale-Bonobo-Projekts. Wie die Beobachtungen von Douglas und Moscovice zeigen, unterstreichen Weibchen die Aufforderung zur genitalstimulierenden Umarmung mit einem anderen Weibchen durch Zeigegesten. Dies geschieht vor allem dann, wenn die Wunschpartnerin auch wirklich hinschaut. Führt die erste Aufforderung nicht zum Ziel, wird die Geste wiederholt. Neben dem Fingerzeig wird der Wunsch nach körperlicher Nähe durch unmissverständliche Hüftschwünge unterstrichen; die Zielhandlung wird sozusagen pantomimisch vorweg genommen.

Sowohl das Zeigen als auch die pantomimischen Hüftbewegungen weisen  in ihrer Form und Funktion Parallelen zur gestisch-mimischen Kommunikation beim Menschen auf und könnten Vorläufer der referentiellen Kommunikation unserer eigenen Art sein. „Die Entdeckung wirft eine Vielzahl spannender Fragen auf, wie zum Beispiel: Liegen die Wurzeln menschlicher Kommunikation im Spannungsfeld sexueller Beziehungen, also dort wo Gesten und Mimik besonders bedeutsam sind? Ist der Antrieb für komplexere Formen der Kommunikation möglicherweise gar nicht dort zu suchen, wo es um Leben und Tod geht, sondern eher in sozialen Bereichen, wo Nuancen besonders wichtig sind", fragt Hohmann. Die Beantwortung dieser Fragen bedarf neuer Forschungsansätze, für die die Beobachtungen der beiden Forscherinnen jetzt den Weg weisen.

 GH, SJ/HR

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