Schulnoten beeinflussen, wie Eltern ihre Kinder fördern

Je nach sozialem Status unterstützen Eltern ihre Kinder unterschiedlich

13. März 2024

Wie aus einer Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung hervorgeht, machen Familien mit niedrigem Einkommen keine Unterschiede in der Förderung ihrer Kinder, egal welche Noten sie nach Hause bringen, während Eltern aus höheren Einkommensschichten Kinder mit schlechteren Schulnoten tendenziell stärker unterstützen. 

In einem Großteil der bisherigen Forschung wurde angenommen, dass Eltern mit höherem sozioökonomischem Status eher das Kind mit schlechteren Schulnoten unterstützen, als das Kind mit guten Schulnoten zusätzlich zu fördern. In Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status stand dagegen die Annahme im Raum, dass eher das Kind mit den besten Aufstiegschancen gefördert wird. Diese These wurde nun durch die aktuelle  Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung nicht bestätigt, zumindest für Familien mit niedrigerem Einkommen.

Philipp Dierker, der als Doktorand in Rostock und an der Universität Helsinki forscht, hat gemeinsam mit Co-Autor Martin Diewald von der Universität Bielefeld die Daten aus der deutschen TwinLife-Studie ausgewertet. „Im Gegensatz zur bisherigen Forschung haben wir uns nicht auf die kognitiven Fähigkeiten der Kinder konzentriert. Wir haben untersucht, wie Eltern ihre Kinder unterstützen - gemessen an den Schulnoten, die von Eltern objektiv als gut oder schlecht eingeordnet werden können - und die Reaktionen der Eltern auf diese Schulnoten ihrer Kinder untersucht“, erklärt Dierker.

Zwillingspaare dienen als Datengrundlage

Ausgewertet wurden die Ergebnisse der Kohorten der Geburtsjahrgänge 2003 und 2004 für eineiige und zweieiige gleichgeschlechtliche Zwillinge. Zum Zeitpunkt der ersten Befragung waren die Kinder im Durchschnitt 11 Jahre alt, in der dritten Befragungswelle  durchschnittlich 13 Jahre alt. „Besonders vorteilhaft ist, dass hier die Kinder direkt befragt wurden, wie stark sie von ihren Eltern unterstützt werden. So konnten wir ausschließen, dass Eltern ihre eigene Unterstützung für die Kinder beschönigen, um in ihrer eigenen Wahrnehmung kein Kind zu vernachlässigen“, so Dierker.

Gefragt wurde unter anderem, in welcher Form Eltern ihre Kinder bei den Hausaufgaben und der schulischen Kommunikation unterstützen, wie sie diese ermutigen und ihre Erwartungen formulieren und wie sie die  kognitive Entwicklung, z.B. durch gemeinsames Lesen oder Musizieren, fördern. Über drei Erhebungswellen hinweg werteten die Forscher aus, wie sich diese drei Formen im Zusammenhang mit den Schulnoten der Kinder veränderten.

„Die Untersuchung von Zwillingspaaren bringt auch einige Einschränkungen mit sich. So könnten systematische Unterschiede darin bestehen, wie Eltern von Zwillingen und Eltern von Nicht-Zwillingen ihre Kinder behandeln. In der bisherigen Forschung konnten diese Bedenken, die darauf abzielen, dass Zwillinge von ihrem engsten Umfeld anders behandelt werden als Geschwister, jedoch nicht bestätigt werden. Deshalb halten wir unsere Ergebnisse für generalisierbar, auch über Zwillingsfamilien hinaus“, erklärt Dierker.

Eine Elterngruppe fördert Kinder nicht unterschiedlich

„Wir können aus unseren Ergebnissen schließen, dass in Familien mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status die Eltern keine Unterschiede in der Förderung ihrer Kinder machen. Die Vermutung, dass Familien mit niedrigerem sozialem Status die Kinder mit den besten Aufstiegschancen besonders fördern, wird durch unsere Studie nicht bestätigt“, sagt der Rostocker Wissenschaftler.

Allerdings belegen die Untersuchungen, dass in Familien mit höherem sozioökonomischem Status die Eltern tatsächlich das Kind mit den schlechteren Schulnoten stärker fördern. Mutmaßlich spielt hier die Angst vor einem sozialen Abstieg eine besondere Rolle. Eine solche Motivation ist bei Familien mit höherem sozialem Status größer.

„Hier beobachten wir, dass mehr Unterstützung bei den Hausaufgaben und der schulischen Kommunikation geleistet wird und auch mehr Erwartungen und Ermutigungen formuliert werden. Unsere Annahme ist, dass hoch gebildete Eltern versuchen, ihr möglicherweise weniger begabtes Kind auch durch solche Formen der Unterstützung zu fördern, die nicht direkt auf die Förderung kognitiver Fähigkeiten abzielen.“ Ob diese Unterstützung Wirkung zeigt und ob diese Bemühungen erfolgreich sind, kann diese Studie noch nicht zeigen. Dazu müssten in Zukunft weitere Untersuchungen stattfinden.

Einfluss auf soziale Mobilität

Die Untersuchungen sind für die soziale Mobilitätsforschung von Bedeutung: „Leistungsstarke Kinder aus unteren sozialen Schichten verfügen nicht über dieselben Ressourcen, Netzwerke und Unterstützungsmaßnahmen, wie Kinder aus höheren sozialen Schichten, die von ihren Eltern vor dem sozialen Abstieg geschützt werden. Es bleibt die Frage offen, wie stark diese Unterschiede in der elterlichen Unterstützung der eigenen Kinder zu einer geringen sozialen Mobilität beitragen“, so Dierker.

 

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