Max-Planck-Gesellschaft trauert um Altpräsident Heinz A. Staab

1. August 2012

Der frühere Präsident der Max-Planck-Gesellschaft und langjährige Direktor am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg, Heinz A. Staab, ist im Alter von 86 Jahren nach langer Krankheit gestorben. Der Chemiker Staab führte von 1984 bis 1990 die Max-Planck-Gesellschaft und leitete seit 1974 die Abteilung Organische Chemie am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung. „Mit Heinz Staab verlieren wir einen herausragenden Wissenschaftler und einen Wissenschaftsorganisator mit viel Verhandlungsgeschick“, würdigte Max-Planck-Präsident, Peter Gruss, seinen Kollegen im Amt.

Präsident Staab war der erste, der die Politik davon überzeugen konnte, der Max-Planck-Gesellschaft Planungssicherheit zu gewähren. Auf dem „Bildungsgipfel“ des Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten der Länder und den Spitzen der deutschen Wissenschaftsorganisationen wurde 1986 eine fünfprozentige Haushaltssteigerung über fünf Jahre beschlossen – eine Trendwende in der Forschungsfinanzierung. Diese verlässliche Steigerung des Haushalts bildete die Grundlage für die innovative Erneuerungsfähigkeit der Max-Planck-Gesellschaft: In die Amtszeit Staab fallen – neben 54 Berufungen – der gezielte Ausbau bestehender Institute wie der Hirnforschung, der Meteorologie, der Festkörperforschung, der Metallforschung und der Immunbiologie. Neue Initiativen wurden mit der Gründung des Max-Planck-Instituts (MPI) für Gesellschaftsforschung in Köln, der Einrichtung der Arbeitsgruppen für strukturelle Molekularbiologie am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg, des Max-Delbrück-Laboratoriums in Köln, der Klinischen Arbeitsgruppe für Rheumatologie in Erlangen und der Projektgruppe für kognitive Anthropologie in Angriff genommen.

Außerdem beschloss der Senat in Staabs Amtszeit die Gründung des Max-Planck-Instituts für Informatik in Saarbrücken sowie Planungen für das Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen und das Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg. Gleichzeitig legte Staab durch enge Beziehungen mit Wissenschaftlern der ehemaligen DDR die Basis für die nach dem Fall der Mauer wegweisende Umstrukturierung des Institutsnetzes im Rahmen des Aufbaus Ost.

Der Name Staab ist zudem mit der Aufarbeitung der Vergangenheit der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) verbunden, die bis Anfang der 80er-Jahre von der Max-Planck-Gesellschaft tabuisiert worden war. Hierfür war er prädestiniert, da er sich schon früh um enge Wissenschaftlerkontakte mit Israel und dem Weizmann-Institut bemühte. In seiner Rede auf der Jahresversammlung 1986 in Aachen brach Staab mit einem über Jahrzehnte wirksamen Dogma: „Die verbreitete Ansicht, dass die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft die Zeit des Dritten Reiches verhältnismäßig unberührt überstanden hätte, halte ich nicht für berechtigt.“

1990 ließen Staab und sein Amtsnachfolger Hans F. Zacher, die Hirnpräparate, die von KZ-Häftlingen oder „Euthanasie“-Opfern stammten mit einer feierlichen Gedenkstunde auf dem Münchner Waldfriedhof beerdigen. Im gleichen Jahr erschien eine von den Historikern Rudolf Vierhaus und Bernhard vom Brocke herausgegebene Festschrift zur "Geschichte und Struktur der Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck Gesellschaft",  die die Grundlage für die 1997 eingesetzte unabhängige Präsidentenkommission zur Erforschung der Geschichte der KWG im Nationalsozialismus wurde.

1990 verzichtete Staab auf eine weitere Amtszeit, um sich ganz auf seine Forschungsarbeiten im Institut konzentrieren zu können, die er während seiner Präsidentschaft stets fortgeführt hatte.

Der studierte Chemiker und Mediziner arbeitete auf dem Gebiet der physikalischen und biologischen Chemie. Er beschäftigte sich mit den physikalischen Eigenschaften von Verbindungen wie z.B. deren elektrischer Leitfähigkeit. Außerdem  stellte er wichtige Reagenzien für die chemische Synthese her, die bis heute aktuell sind und weltweit in der präparativen Chemie eingesetzt werden. In späterer Zeit widmete sich Staab dem Mechanismus der Photosynthese und synthetisierte Verbindungen mit welchen er die Schlüsselschritte der biologischen Energiespeicherung nachbilden konnte.

Nach seiner MPG-Amtszeit war Staab von 1994 bis 1996 Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Auf Grund seiner vielfältigen Verdienste wurde Staab, der seit 1963 einen Lehrstuhl an der Heidelberger Universität innehatte, mit der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg, dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern und 1996 mit der Harnack-Medaille, der höchsten Auszeichnung für besondere Verdienste um die Max-Planck-Gesellschaft ausgezeichnet.

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