Forschungsbericht 2022 - Max-Planck-Institut für Astronomie

Das exotische Wetter des heißen Jupiter WASP-121 b

Autoren
Thomas Mikal-Evans
Abteilungen

Max Planck Institute for Astronomy, Heidelberg

Zusammenfassung
Durch Beobachtungen des Exoplaneten WASP-121 b mit dem Weltraumteleskop Hubble haben wir erstmals die atmosphärischen Bedingungen auf der Nachtseite eines heißen Jupiters im Detail untersucht. Unter Einbeziehung von Messungen der Tagseite ermittelten wir dessen Temperaturschichtung in der Stratosphäre und einen ungewöhnlichen Wasserkreislauf zwischen den beiden Hemisphären. Diese Studie ist ein großer Schritt zur Entschlüsselung der globalen Stoff- und Energiekreisläufe in den Atmosphären von Exoplaneten.

Mit der ersten Entdeckung eines Exoplaneten um einen sonnenähnlichen Stern wurde vor mehr als 25 Jahren eine neue und exotische Planetenklasse eingeführt: der heiße Jupiter. Heiße Jupiter sind jupiterähnliche Riesengasplaneten auf engen Bahnen um ihre Zentralsterne, die nur durch wenige Sterndurchmesser voneinander getrennt sind. Aufgrund ihrer Nähe heizt die Strahlung des Sterns den Planeten auf mehrere hundert bis einige tausend Grad Celsius auf. Heute kennen wir mehr als 300 dieser Exoten.

Durch Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop haben wir die Eigenschaften in der Hochatmosphäre des heißen Jupiters WASP-121 b untersucht, um mehr über die physikalischen und chemischen Prozesse zu erfahren. Astronomen hatten diesen Exoplaneten 2015 im Sternbild Puppis in einer Entfernung von 855 Lichtjahren entdeckt. Seine Masse ist etwa 20 % größer als die des Jupiters, während WASP-121 b einen fast doppelt so großen Durchmesser aufweist.

Die bisher genaueste Untersuchung der Bedingungen auf der Nachtseite eines Exoplaneten

Solche Beobachtungen sind sehr anspruchsvoll. Nur wenige der rund 5000 bekannten Exoplaneten konnten bisher auf diese Weise erforscht werden. Und selbst bei ihnen lieferten die Messungen aktuell nur begrenzte Informationen. Unsere neuen Beobachtungen ermittelten dagegen den bislang genauesten Einblick in die Bedingungen auf der Nachtseite eines Exoplaneten.

Wie bei allen heißen Jupitern ist die Rotation von WASP-121 b durch Gezeitenkräfte des Zentralsterns mit seiner Umlaufbahn verknüpft. Für eine 30-stündige Umrundung des Sterns benötigt der Planet daher die gleiche Zeit wie die Drehung um seine Achse. Folglich ist eine Seite immer der glühend heißen Oberfläche des Sterns ausgesetzt. Gleichzeitig weist die kühlere Nachtseite ständig in den kalten und dunklen Weltraum. Durch die Zusammenführung der Daten von beiden Seiten ermittelten wir erstmals ein umfassendes Bild davon, wie die Atmosphäre eines Exoplaneten als globales System funktioniert.

Dazu haben wir mit dem Weltraumteleskop Hubble Spektren während zweier kompletter Planetenumläufe aufgenommen. Mit dieser Technik und unterstützt durch die Modellierung der Daten haben wir die Eigenschaften der oberen Atmosphäre von WASP-121 b über den gesamten Planeten hinweg untersucht. Auf diese Weise gelang uns die Erstellung einer Temperaturkarte des Planeten und die Entdeckung eines für uns ungewöhnlichen Wasserkreislaufs.

Der exotische Wasserkreislauf auf WASP-121 b

Auf der Erde ändert das Wasser ständig seinen Aggregatzustand. Festes Eis schmilzt zu flüssigem Wasser. Das Wasser verdampft zu Gas und kondensiert dann zu Tröpfchen, die Wolken bilden. Der Kreislauf schließt sich, wenn diese Tröpfchen zu Regentropfen heranwachsen, die schließlich herunterfallen und Flüsse und Ozeane speisen. Die neuen Hubble-Daten weisen jedoch auf einen Wasserkreislauf auf WASP-121 b hin, der völlig anders aussieht.

Auf der Seite des Planeten, die dem Zentralstern zugewandt ist, wird die obere Atmosphäre bis zu 3000 Grad Celsius heiß. Bei solchen Temperaturen beginnt das Wasser zu glühen, und viele der Moleküle zerfallen in ihre atomaren Bestandteile. Die Hubble-Daten zeigen auch, dass die Temperatur auf der Nachtseite um etwa 1500 Grad Celsius sinkt. Dieser extreme Temperaturunterschied zwischen den beiden Hemisphären führt zu starken Winden, die den gesamten Planeten von Westen nach Osten umwehen und die aufgebrochenen Wassermoleküle mitreißen.

Die niedrigeren Temperaturen auf der Nachtseite ermöglichen es den Wasserstoff- und Sauerstoffatomen, sich zu Wasserdampf zu verbinden, bevor sie wieder auf die Tagseite geweht werden und der Zyklus sich wiederholt. Die Temperaturen sinken jedoch nie so weit ab, dass sich Wasserwolken bilden können, geschweige denn Regen.

Metallwolken und Regen aus flüssigen Edelsteinen

Anstelle von Wasser bestehen die Wolken auf WASP-121 b hauptsächlich aus Metallen wie Eisen, Magnesium, Chrom und Vanadium. Frühere Beobachtungen haben die spektralen Signale dieser Metalle als Gase auf der heißen Tagseite nachgewiesen. Unsere neuen Hubble-Daten deuten darauf hin, dass die Temperaturen auf der Nachtseite tief genug sinken, so dass die Metalle zu Wolken kondensieren können.

Seltsamerweise waren Aluminium und Titan nicht unter den Gasen, die in der Atmosphäre von WASP-121 b nachgewiesen wurden. Auf solchen Planeten kommen sie jedoch häufig vor. Eine wahrscheinliche Erklärung dafür ist, dass diese Metalle kondensiert und in tiefere Schichten der Atmosphäre geregnet sind, die für Beobachtungen nicht zugänglich sind. Verbindungen aus Aluminium mit Sauerstoff bilden mit Verunreinigungen aus Chrom, Eisen, Titan oder Vanadium Minerale, die wir als Rubin oder Saphir kennen. Auf WASP-121 b könnte es also flüssige Edelsteine regnen.

Messverlauf WASP-121 b

Die Animation zeigt die mit dem Hubble-Welt­raum­teleskop durch­ge­führten Messungen zur Charakterisierung der Strato­sphäre von WASP-121 b. Von links nach rechts: i) Licht­kurve des Exo­planeten während eines vollen Umlaufs um den Zentral­stern; ii) Karte der Ober­flächen­temperatur mit Angabe der Einheit in Kelvin; iii) Emissions­spektrum, das die Wasser­bande zeigt, wie sie sich während eines Zyklus verändert.

Das Weltraumteleskop James Webb revolutioniert unsere Sicht

Um diesen Planeten besser zu verstehen, konnten wir ihn inzwischen auch mit dem Weltraumteleskop James Webb beobachten. Die Qualität und Stabilität der Messdaten hat unsere kühnsten Hoffnungen noch übertroffen. Nach der ersten, vorläufigen Sichtung bin ich überzeugt, dass wir die Atmosphäre von WASP-121 b und anderen Exoplaneten nun viel detaillierter untersuchen können. Vieles deutet darauf hin, dass die Nachtseite des Planeten noch kühler ist, als wir bisher vermuteten [2].

Das bedeutet nicht nur, dass wir nun mit absoluter Sicherheit davon ausgehen können, dass dort Wolken vorhanden sind. Zudem scheinen die Daten die aktuellen Atmosphärenmodelle erheblich auf die Probe zu stellen, sodass wir sicher völlig neue Erkenntnisse erwarten dürfen. Unser gesamtes Team freut sich auf die kommenden, noch detaillierteren Auswertungen und Ergebnisse.

Literaturhinweise

Thomas Mikal-Evans, David K. Sing, Joanna K. Barstow, Tiffany Kataria, Jayesh Goyal, Nikole Lewis, Jake Taylor, Nathan. J. Mayne, Tansu Daylan, Hannah R. Wakeford, Mark S. Marley, Jessica J. Spake
 
Diurnal variations in the stratosphere of the ultrahot giant exoplanet WASP-121b
Nature Astronomy 6, 471–479 (2022)
Thomas Mikal-Evans, David K. Sing, Jiayin Dong, et al.
A JWST NIRSpec Phase Curve for WASP-121b: Dayside Emission Strongest Eastward of the Substellar Point and Nightside Conditions Conducive to Cloud Formation
Accepted for publication in Astrophysical Journal Letters on December 29, 2022

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