Forschungsbericht 2015 - Max Planck Florida Institute for Neuroscience

Funktionelle Architektur und die Entwicklung des Großhirns

Autoren
Fitzpatrick, David
Abteilungen
Functional Architecture and Development of Cerebral Cortex
Zusammenfassung
Das Labor von David Fitzpatrick konzentriert sich auf das Verständnis von Nervenschaltkreisen im Großhirn, der größten und kompliziertesten Struktur im Gehirn und ein Netzwerk aus Nervenzellen, deren präzise Funktion entscheidend für unsere Sinnesempfindung, motorische Kontrolle und das Bewusstsein ist. Mit hochmoderner in vivo Mikroskopie studieren die Forscher Nervenzellverschaltungen im Sehzentrum, die es ermöglichen, umfangreiche Lichtmuster, die auf die Netzhaut fallen, zu erkennen und interpretieren.

Entwicklung der visuellen Informationsverarbeitung im Großhirn

Die Anordnung von Neuronen in der Großhirnrinde in Form von säulenförmigen Arealen, die die Eigenschaften verschiedener Stimuli in einer geordneten Art und Weise abbilden, ist ein fundamentales Prinzip in der Organisation des Großhirns. Obwohl diese Areale bei allen Säugetieren existieren, ist es noch völlig unklar, wie diese Karten und Areale zur Funktion und Funktionalität des Großhirns beitragen.

Im Laufe der Embryonalentwicklung wird die korrekte Ausbildung der Nervenzellvernetzung im Großhirn von einer komplexen Sequenz verschiedener Ereignisse koordiniert. Diese involvieren bei der Ausbildung synaptischer Plastizität sowohl molekulare Orientierungshilfen als auch aktivitätsabhängige Mechanismen. Untersuchungen der spezifischen Eigenschaften der Nervenzellen im Sehzentrum und deren Selektivität für die Ausrichtung von Stimuli und Bewegungen im visuellen Sichtfeld haben beträchtliche Fortschritte für das Verstehen der aktivitätsabhängigen Entwicklung der Nervenzellvernetzung im Großhirn ermöglicht.

Das Erkennen der Funktion solcher geordneten, säulenartig aggregierten Muster und deren Signifikanz erfordert eine hochauflösende Kartographie auf zellulärem Niveau über den gesamten Zeitraum der Gehirnentwicklung. Im Laufe der letzten zwei Jahre haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine hochauflösende Langzeit in vivo-Mikroskopie Methode mit Frettchen als Versuchstieren etabliert, die es erstmals ermöglicht, die Entwicklung von funktionellen „Abbildungen“ visueller Information im Großhirn auf Säulen- und zellulärem Niveau zu untersuchen [1].

Mit dieser Methode konnten jetzt neue Muster spontaner Nervenzellaktivität visualisiert werden, die schon vor der Augenöffnung der Jungtiere existieren, deren Einfluss auf die endgültige Ausbildung der „Abbildungskarten“ allerdings noch besser untersucht werden muss.

Entwicklungsbiologische Veränderungen der Eigenschaften von Nervenzellschaltkreisen

Die genaue visuelle Unterscheidungsfähigkeit hängt besonders von spezifischen Reaktionen der Nervenzellen im Sehzentrum des Großhirns auf spezielle Muster im Gesichtsfeld, wie zum Beispiel der räumliche Verlauf von Kanten und Ecken und der Richtung ihrer Bewegung ab. Ebenso sind zeitliche und räumliche Muster in der visuellen Unterscheidungsfähigkeit von Nervenzellaktivitäten enorm wichtig. Diese Muster beinhalten die Variabilität, die Anzahl an reagierenden Nervenzellen und den Grad an Übereinstimmung in der Nervenzellantwort – also sämtlichen Faktoren, die die Kodierung von Nervenzellpopulationen im fertig entwickelten Sehzentrum beeinflussen. Wie diese Faktoren allerdings in den Nervenzellarealen ausgebildet werden und während der Entwicklung des Sehzentrums einen ausgereiften Zustand erreichen, ist bis heute unklar.

Um sich der Beantwortung dieser Frage zu widmen, haben sich die Forscher der sogenannten 2-Photonen in vivo Calcium Mikroskopie bedient, um räumliche und zeitliche Komponenten der Reaktionen in einer großen Anzahl individueller Nervenzellen im Sehzentrum von Frettchen zu studieren und zu bewerten, wie sich diese Faktoren während der Entwicklung der Tiere nach der Geburt verändern (Abb. 1).

Während einer kurzen Periode nach dem Öffnen der Augen erfahren die Nervenzellen im visuellen Kortex der Frettchen eine Reihe von Veränderungen, die deren Kapazität, verschiedene Stimuli zu unterscheiden, deutlich erhöhen. Zu der zuvor dokumentierten verbesserten Richtungsempfindlichkeit wurde beobachtet, dass sich die aktiven Nervenzellpopulationen in den ersten zwei bis drei Wochen nach dem Öffnen der Augen drastisch verändern. Am Anfang zeigen viele Zellen ein synchronisiertes Basisniveau an Hintergrundrauschen mit einer wellenähnlichen Dynamik. Dieses Rauschen entwickelt sich dann nach Augenöffnung zu einer differenzierteren und selektiven Reaktion einzelner Nervenzellen, während sich gleichzeitig das Hintergrundrauschen verringert (Abb. 2).

In naiven Versuchstieren scheint die visuelle Erfahrung eine große Rolle für diese Prozesse zu spielen: Erfahrungen mit sich bewegenden im Gegensatz zu statischen Stimuli beschleunigen und verbessern die Entwicklung von Richtungsselektivität und reduzieren gleichzeitig das korrelierte Hintergrundrauschen, was wiederum eine Verbesserung der Selektivität zur Folge hat [2, 3].

Alle diese Ergebnisse aus Versuchen mit Frettchen unterstreichen, dass kurz nach dem Öffnen der Augen schnelle und massive Veränderungen in der Kapazität, verschiedene Stimuli zu unterscheiden, stattfinden. Sie dienen vor allem der Unterscheidung von Bewegungen im visuellen Feld.

Literaturhinweise

Jinek, M.*; Chylinski, K.*; Fonfara, I.; Hauer, M.; Doudna, J.A.; Charpentier, E. 

*Co-first authors

 

 

A Programmable Dual-RNA–Guided DNA Endonuclease in Adaptive Bacterial Immunity

Science 337, 816–821 (2012)

 

Cong, L.*; Ran, F.A.*; Cox, D.; Lin, S.; Barretto, R.; Habib, N.; Hsu, P.D.; Wu, X.; Jiang, W.; Marraffini, L.A.; Zhang, F.

*Co-first authors

 

 

Multiplex Genome Engineering Using CRISPR/Cas Systems

Science 339, 819–823 (2013)

 

Mikuni, T.*; Nishiyama, J.*; Sun, Y.; Kamasawa, N.; Yasuda, R.
*Co-first authors

 

 

High Throughput, High Resolution Mapping of Protein Localization in Mammalian Brain by In Vivo Genome Editing

Cell 165(7), 1803–1817 (2016)

 

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