Magnete mit seltener Anziehungskraft

Das Heusler-Projekt soll Permanentmagnete hervorbringen, die anders als heutige Dauermagnete nur gut verfügbare Metalle enthalten

Starke Dauermagnete sind für viele technische Anwendungen unerlässlich, etwa in der medizinischen Diagnostik, zur Energieerzeugung oder für die Elektromobilität. Derzeit werden dafür Legierungen verwendet, die Metalle der Seltenen Erden enthalten. Deren Ressourcen sind begrenzt. Daher suchen die Forscher des Heusler-Projektes nach gleichnamigen Verbindungen, in denen verschiedene meist nicht-magnetische Metalle ein dauermagnetisches Material bilden.

Text: Peter Hergersberg

Manchmal berührt naturwissenschaftliche Forschung die große Weltpolitik. Das Heusler-Projekt ist dafür ein Beispiel. Wissenschaftler der Max-Planck-Institute für Chemische Physik fester Stoffe und für Mikrostrukturphysik sowie des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik IWM suchen hier nach chemischen Verbindungen, die sogar gänzlich aus nicht-magnetischen Elementen bestehen können und sich dennoch als Permanentmagnete eignen. Starke Dauermagnete werden in Elektromotoren, in Kernspintomografen, in Windkraftanlagen und bei der Datenspeicherung benötigt. Solche Magnete enthalten heute Metalle der Seltenen Erde, die auf so wohlklingende Namen wie Samarium, Dysprosium oder Neodym hören. Genau da wird die Materialwissenschaft zum Politikum. Denn heute stammen fast alle Metalle der Seltenen aus China. Entsprechend groß war die Aufregung in vielen Unternehmen und Politikern weltweit, als das Land im Jahr 2010 den Export der Seltenen Erden aus Gründen des Umweltschutzes, wie es hieß, beschränkte.

Auch wenn China die Restriktionen beim Export inzwischen wieder aufgehoben hat, möchten die Wissenschaftler des Heusler-Projektes die Abhängigkeit von den Metallen der Seltenen Erden und der chinesischen Exportpolitik beenden. „Wir suchen nach neuen Permanentmagneten aus gut verfügbaren Materialien“, erklärt Claudia Felser, Direktorin am Dresdener Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden und eine der Koordinatorinnen des Forschungsvorhabens. „Und wir suchen solche Materialien nicht irgendwo, sondern unter den Heusler-Verbindungen.“ Heusler-Verbindungen bestehen oft aus nicht-magnetischen Metallen wie Mangan, Kupfer, Gallium, Zinn oder  Aluminium. Durch ihr chemisches Zusammenwirken können diese Metalle magnetische Eigenschaften annehmen. Aber auch magnetische Metalle wie Kobalt, Nickel oder Eisen können in magnetischen Heusler-Verbindungen enthalten sein.

Geeignete Verbindungen werden erst simuliert und dann synthetisiert

Nach einer Kombination verschiedener Metalle, die heutigen Dauermagneten in ihrer Anziehungskraft nicht nachsteht, fahnden die Wissenschaftler der Kooperation dabei sehr systematisch. „Wir berechnen zunächst, welche Verbindungen die gewünschten Eigenschaften haben könnten“, erklärt Eberhard Groß, Direktor am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle an der Saale. Dabei kommt es nicht nur auf die Wahl der Elemente an, sondern auch auf das genaue Mischungsverhältnis. Das Team um Claudia Felser synthetisiert anschließend die Verbindungen, die sich in Simulationen vielversprechend präsentierten.

„Bei weichmagnetischen Verbindungen funktionieren die theoretischen Vorhersagen sehr gut“, sagt Eberhard Groß. Weichmagnetische Materialien besitzen oft ein hohes magnetisches Moment und lassen sich schon durch kleine Magnetfelder magnetisieren und entmagnetisieren. Letzteres ist bei vielen Anwendungen etwa in herkömmlichen Generatoren eine willkommene Eigenschaft, nicht aber bei Permanentmagneten. Diese sind hartmagnetisch, lassen sich also nur mit hohen Magnetfeldern magnetisieren und entmagnetisieren. Hartmagnetische Materialien bringen es allerdings oft nur auf ein kleines magnetisches Moment. „Wir wollen beides: Ein großes magnetisches Moment, dass sich nur mit einem starken Magnetfeld umpolen lässt.“, so Claudia Felser.

Für Hartmagnete ist die Mikrostruktur wichtig

Da kommen Thomas Höche, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Halle, und seine Mitarbeiter ins Spiel. Sie kennen sich gut damit aus, wie die Mikrostruktur eines Materials dessen Eigenschaften beeinflusst. „Gerade bei hartmagnetischen Materialien spielt das eine wichtige Rolle“, sagt Claudia Felser.

Ein Material, dass sich mit starken Magnetfeldern stark magnetisieren lässt, haben die Forscher um Claudia Felser bereits gefunden, allerding besitzt es nur ein verschwindendes magnetisches Moment. Als Dauermagnet eignet sich das Material also noch nicht. Außerdem enthält es mit Platin und Gallium und zwei Materialien, die nicht gerade gut verfügbar sind. Doch die Forscher haben ausgehend von diesem Material bereits weiter Metall-Kombinationen ins Auge gefasst, die den Anforderungen besser gerecht werden.

„Uns geht es aber nicht nur darum, ein einzelnes Material zu finden, das Permanentmagnete mit Seltenen Erden ersetzen kann“, sagt Claudia Felser. „Wir wollen die chemische Physik der Heusler-Verbindungen so gut verstehen, dass wir ihre Eigenschaften gezielt einstellen können.“ Erreichen sie dieses Ziel, müssten die Kooperationspartner auch nicht fürchten, dass eine vielversprechende Verbindung durch den Zufallsfund einer anderen Gruppe schnell wieder ausgestochen wird. Denn die systematische Suche soll ihnen helfen, selbst die optimale Zusammensetzung aufzuspüren. Und wenn sie die gefunden haben, sind wieder die Fraunhofer-Kollegen gefragt. Die haben nämlich auch besonders viel Erfahrung damit, Materialien mit ökonomischem Potenzial zu verwerten.

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