Prinzessinentag in Nijmegen

Das Max-Planck-Institut für Psycholinguistik feiert die königliche Eröffnung seines Anbaus

13. Juni 2015

Das Max-Planck-Institut für Pyscholinguistik im niederländischen Nimwegen hat ein neues Gebäude. In Anwesenheit von Prinzessin Laurentien nahmen es die Wissenschaftler nun in Betrieb und feierten die Eröffnung mit einem Fest der Sprache. Der Erweiterungsbau beherbergt unter anderem moderne molekularbiologische Labors, die es erlauben, sich dem Geheimnis Sprache unter genetischen Gesichtspunkten zu nähern. Denn so manche Antwort auf die Frage, was unser Gehirn befähigt mit Sprache umzugehen, liegt in unseren Genen.

Der neue Gebäudeflügel mitten im waldreichen Gelände nahe der Radboud-Universität in Nijmegen erlaubt es dem Institut, alle Fachrichtungen der modernen Sprachwissenschaft unter einem Dach zu vereinen. Er verkörpert sozusagen die multidisziplinäre Stellung des MPI für Psycholinguistik auf diesem Forschungsgebiet, denn es bietet technisch alle Möglichkeiten: von Geräten, die Augenbewegungen analysieren oder Räumen, die eine virtuelle Umgebung simulieren über die Möglichkeit, EEGs durchzuführen bis hin zu Laboren mit molekularbiologischem High-Tech-Equipment hat das Institut alles zu bieten. Nicht zuletzt auch, weil das Donders Institute for Brain, Cognition and Behaviour und das Centre for Language Studies der örtlichen Universität direkt um die Ecke liegen. „Das neue Gebäude ist der Beweis dafür, dass wir in der Erforschung von Sprache und Sprechen führend sind“, zeigte sich Simon Fisher stolz auf sein neues Büro. Der Genetiker ist seit dem Jahr 2010 Direktor am Institut und kann von seinem Schreibtisch in den malerischen Wald rund ums Institut blicken. Die Bäume spiegeln sich in der gelblich schimmernden Außenhaut des Neubaus.

Kein Wunder, dass auch im Mittelpunkt der Eröffnungszeremonie ein Baum stand: Prinzessin Laurentien, Mitglied des niederländischen Königshauses und als Vorsitzende der Stiftung Schreiben und Lesen im Kampf gegen Analphabetismus aktiv, pflanzte einen „tree of language“ – wenn Linguisten über die historischen Beziehungen zwischen Sprachen reden, benutzen sie den Baum als Metapher. Bei strahlendem Sonnenschein – Prinzesinnenwetter eben – feierte die Festgesellschaft die Sprache außerdem in all ihrer Vielfältigkeit: mit Gebärdenzeichen, Gesang, Dichtung und menschlichem Beatboxing, wie man das Nachahmen des Sounds von Drumcomputern mit Mund und Stimme nennt.

Genauso vielfältig war und ist die Forschung am 1980 eröffneten Max-Planck-Institut für Psycholinguistik. Das Ziel ist es, zu verstehen, wie unser Gehirn Sprache verarbeitet, wie Sprache und Denken zusammenwirken. Dabei werden Sprachen der unterschiedlichsten Sprachfamilien analysiert, um zu erforschen, welche sprachspezifischen und sozialen Faktoren und welche allgemeinen kognitiven Prinzipien Sprache und Kommunikation zugrunde liegen.

Die Hinwendung zu genetisch orientierter Forschung war der Hauptgrund für das neue Gebäude. Simon Fisher ist als Mitendecker des FOXP-2-Gens Initiator dieses Fachgebiets. Das FOXP2-Gen hat bei der Entwicklung der Sprach- und Sprechfähigkeit eine zentrale Funktion, wie Fisher und Kollegen bei der Untersuchung von drei Generationen einer britischen Familie mit Sprachstörungen in den 90er-Jahren herausfanden. Eine Mutation des mittlerweile als Sprachgen bekannten Proteins führt zu Problemen bei der Artikulation und dem Sprachverständnis. Weiterführende Forschung zielt heute darauf herauszufinden, wie Kinder es anstellen, Sprache zu lernen, obwohl sie ihr lediglich passiv ausgesetzt sind. Warum sind Menschen in der Lage, sich in relativ kurzer Zeit komplexe Sprachfähigkeiten anzueignen und andere Spezies nicht? Das große Rätsel lautet: Was macht das Hirn bereit für Sprache?

Dabei ist es offensichtlich ein großer Schritt von den Genen hin zum Beherrschen von Sprache. Mit der Labortechnik im neuen Institutsanbau können die Wissenschaftler jedoch weit genauer erforschen, wie bestimmte Gene die Entwicklung des Gehirns auf zellulärer Ebene beeinflussen. „Wir können zum Beispiel Zellen züchten, die eine bestimmte Genmutation tragen und nun ermitteln, wie es sich auf die Art auswirkt, wie Neuronen wachsen, sich entwickeln, teilen und ausdifferenzieren“, schwärmt Fisher von den neuen Untersuchungsmöglichkeiten. Bezogen auf die Zahl der Wissenschaftler am Institut und die Bandbreite der Forschung sei die Stellung des MPI weltweit einzigartig, ist sich der Brite mit seinen Direktoriumskollegen Peter Hagoort, Stephen Levinson und Antje Meyer einig.

sb

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