Pionier der Metabolomik: Lothar Willmitzer erhält Stifterverbandspreis 2015

Der Potsdamer Pflanzenforscher hat die Stoffwechselwege von Pflanzen erforscht und seine Erkenntnisse erfolgreich in Unternehmen weiterentwickelt

17. Juni 2015

Ohne Gemüse wäre Starkoch Jamie Oliver nicht so berühmt geworden. Pflanzen und ihre Inhaltsstoffe bestimmen nämlich maßgeblich den Geschmack von Speisen. Der enormen Vielfalt dieser Inhaltsstoffe hat sich Lothar Willmitzer gewidmet. Der Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam hat sich der Erforschung des Pflanzenstoffwechsels verschrieben und ist einer der Gründerväter des Metabolomik genannten Forschungsfeldes. Gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft zeichnet der Stifterverband Willmitzer nun mit dem Stifterverbandspreis 2015 aus. Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert. Willmitzer hat dabei nicht nur die Grundlagenforschung vorangetrieben, sondern auch mehrere Firmen gegründet, die seine Forschungsergebnisse erfolgreich weiter entwickeln. Ziel der Ausgründungen ist, Nutzpflanzen mit verbesserten Eigenschaften auszustatten, so dass sie beispielsweise mehr Nährstoffe besitzen oder höhere Erträge erbringen.

Einer der Forschungsschwerpunkte von Willmitzer war zunächst die Bildung und Speicherung von Kohlenhydraten. Er untersuchte Enzyme und ihre Gene, die den Aufbau von Stärke beeinflussen. Er war einer der ersten, der die Gentechnik dazu einsetzte, die Biochemie und Physiologie von Pflanzen zu untersuchen. Dabei schaltete er einzelne Gene aus und beobachtete die Wirkung auf biochemische Vorgänge in den Zellen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse waren die Basis für Willmitzers erste Firmengründung: PlantTec, gegründet 1996 in Potsdam-Hermanswerder, überführte die Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in die praktische Anwendung. Das Biotech-Start-up konzentrierte sich auf die Entwicklung gentechnisch veränderter Kartoffeln, Mais und Getreide mit höherem Stärkegehalt. Das wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen mit seinen über 70 Mitarbeitern ging 2010 in der Pflanzensparte von Bayer CropScience, Leverkusen, auf. 

Nach der Gründung von PlantTec wandte sich Willmitzer einem neuen Feld zu, der Erforschung pflanzlicher Stoffwechselprodukte. Wieder nutzte er gentechnisch veränderte Pflanzen und analysierte den Einfluss von Genen auf den pflanzlichen Stoffwechsel. Mit klassischen biochemischen Analysen konnte Willmitzer die riesige Anzahl verschiedener Pflanzeninhaltsstoffe jedoch nicht untersuchen. Deshalb setzte er auf eine damals neue Technologie, die Massenspektrometrie. Mit dieser Methode konnte er viele Substanzen auf einmal anhand ihres Molekülgewichts voneinander unterscheiden. Er untersuchte damit Pflanzen, in denen einzelne Gene ausgeschaltet waren, und bestimmte, für welche Stoffwechselprodukte diese Gene verantwortlich sind. Willmitzer begründete damit das Forschungsgebiet der Metabolomik.

Mit einer weiteren Unternehmensgründung wollte er diese Erkenntnisse nutzbar machen. Die Max-Planck-Ausgründung metanomics analysiert systematisch das Erbgut der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana und baut eine Datenbank all ihrer Metaboliten auf. Das Ziel ist, mit diesem Wissen Nutzpflanzen wie Mais, Reis, Soja oder Baumwolle mit verbesserten Eigenschaften auszustatten. metanomics gehört heute zum BASF-Konzern und beschäftigt rund 160 Mitarbeiter. Darüber hinaus hat Willmitzer zwei weitere Start-ups gegründet: Metasysx bietet Metabolomikdaten und deren Analyse an, Targenomix untersucht die Wirkung kleiner Moleküle auf Pflanzenzellen.

Willmitzer hat also über die Jahre nicht nur herausragende Ergebnisse für die Grundlagenforschung gewonnen, sondern auch dafür gesorgt, dass dieses Wissen in praktische Anwendungen eingeht. Davon zeugen die vier von ihm gegründeten Unternehmen mit zusammen mehr als 220 Mitarbeitern.

Lothar Willmitzer studierte Chemie an der Technischen Universität Braunschweig und forschte zunächst am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln. Als Direktor am Institut für Genbiologische Forschung Berlin und Lehrstuhlinhaber an der Freien Universität Berlin untersuchte er die Bildung von Stärke. 1993 wurde er Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam und widmet sich seitdem vor allem dem pflanzlichen Metabolismus.

HR

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