Magnetfelder helfen bei der Geburt massereicher Sterne

Max-Planck-Astronomen beobachten die polarisierte Staubstrahlung von zwei Dunkelwolken in der Milchstraße

16. Januar 2015
Magnetfelder von massereichen dunklen Staubwolken im Kosmos sind stark genug, um zu verhindern, dass diese Wolken durch ihre eigene Schwerkraft kollabieren. Im Gegenteil hat jetzt eine Untersuchung unter Leitung von Wissenschaftlern des Bonner Max-Planck-Instituts für Radioastronomie gezeigt, dass die starke Magnetisierung den Weg bereitet für die Entstehung von Sternen mit wesentlich größerer Masse als jener der Sonne. Ermöglicht haben dies Beobachtungen der polarisierten Staubstrahlung von zwei der massereichsten Dunkelwolken in unserer Milchstraße, dem so genannten „Brick“ (Ziegelstein) und der „Snake“ (Schlange).

Die schweren Sterne im Universum mit mehr als achtfacher Sonnenmasse sind durch ein wildes Leben und einen frühen Tod gekennzeichnet. Sie blasen starke Winde ab und enden in gewaltigen Explosionen als Supernovae. Sogar die Geburt dieser Sterne ist ein spektakulärer Prozess: Sie entstehen aus sehr dichten und massereichen Kernen von Gas, die sich tief im Innern von dunklen interstellaren Wolken aus Gas und Staub befinden.

Tatsächlich stellten die hohen Werte für die Masse solcher Gaskerne die Forscher schon eine ganze Weile vor ein Rätsel: Eigentlich sollten die Kerne sehr schnell aufgrund ihrer eigenen Schwerkraft kollabieren und sich damit selbst zerstören – lange vor der möglichen Entdeckung durch irdische Teleskope.

„Zum ersten Mal werden wir Zeugen, wie Magnetfelder eine massereiche Staubwolke zusammenhalten und stabilisieren, während die Entstehung von massereichen Sternen in der Wolke angeschoben wird”, sagt Thushara Pillai vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie, die Erstautorin der Untersuchung. Die Wolke wäre ohne die Unterstützung des Magnetfelds bereits lange in sich zusammengestürzt. In diesem Fall könnten die Verdichtungen innerhalb der Wolke nie genug Masse anhäufen, um Sterne mit dem Vielfachen der Sonnenmasse zu bilden.

Die Forscher vermuten schon lange, dass Magnetfelder interstellare Wolken gegen einen Kollaps unterstützen können. Jedoch ist es sehr schwierig, dies direkt durch Beobachtungen zu belegen. Denn Magnetfelder sind schwer zu fassen: Das Rauschen im Empfänger und die schwachen Signale von Magnetfeldern lassen sich nur schwer voneinander unterscheiden. Die Astronomen müssen jede Himmelsregion über eine Reihe von Nächten hinweg beobachten, um schließlich ein signifikantes Signal zu erhalten.

Die hier vorgestellte Untersuchung beinhaltet zwei Bereiche am Himmel: Der „Brick“ (Ziegelstein) ist eine Region mit ausgesprochen hoher Dichte, bis weit in mittelinfrarote Wellenlängen hinein ähnlich undurchsichtig wie ihr Namensgeber. Sie ist nur einige Dutzend Lichtjahre entfernt von dem massereichen schwarzen Loch im Zentrum unserer Milchstraße in etwa 26000 Lichtjahren Entfernung. Der Spitzname „Snake“ (Schlange) leitet sich hingegen einfach von der Form dieser Dunkelwolke am Himmel ab. Sie ist rund 12000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Das Team verwendete Archivdaten von zwei Teleskopen auf dem Mauna Kea (Hawaii, USA) – dem James Clerk Maxwell Telescope und dem Caltech Submillimeter Observatory.

Die Geometrie des Magnetfelds wird durch die Beobachtung von Staubpartikeln bestimmt, die sich anhand der Feldlinien ausrichten. Die Staubkörner geben polarisierte Radiostrahlung ab, die sich beobachten lässt. Die Feldlinien werden andauernd gestört von zufälligen Gasbewegungen im Innern der Wolken. „Man könnte dabei an den Anschlag einer Gitarrensaite denken“, sagt Paul Goldsmith vom Jet Propulsion Laboratory am California Institute of Technology in Pasadena (Kalifornien, USA).

Bei einem Saiteninstrument wie etwa einer Gitarre hält die Spannung der Saite das Ganze gerade. In unseren Wolken geschieht das entsprechend durch die Stärke des Magnetfelds, das die Feldlinien geradebiegen möchte. Das Ausmaß der Gradlinigkeit der Feldlinien erlaubt es daher, die Feldstärke zu bestimmen. Eine solche Messung wurde bereits im Jahr 1953 von den beiden berühmten Physikern Chandrasekhar und Fermi vorgeschlagen. Aber erst jetzt sind die Teleskope empfindlich genug geworden, um solche Messungen in Sternentstehungsgebieten der Milchstraße zu ermöglichen.

Die vorliegende Untersuchung eröffnet ein neues Kapitel von Forschungsprojekten, die in den frühen 1980er-Jahren am 100-Meter-Radioteleskop in Effelsberg begannen. Bei den ersten Kartierungen von dichtem Gas im Zentralbereich der Milchstraße wurden bereits ungewöhnlich massereiche Wolken identifiziert, darunter der „Brick“.

Diese Entdeckung führte zu einer Reihe von Folgestudien, wie Ko-Autor Jens Kauffmann vom Bonner Max-Planck-Institut erläutert: „Vor zwei Jahren konnten wir zum ersten Mal die innere Struktur des Bricks analysieren. Wir waren sehr überrascht, dass es nur wenige Unterstrukturen darin gab. Irgendetwas schien das Gas am Zusammenklumpen zu hindern. Heute wissen wir, dass ein starkes Magnetfeld das bewirken könnte.“

Die Forscher haben bereits mit einem Projekt begonnen, in dem sie eine große Zahl weiterer massereicher Staubwolken dieser Art untersuchen wollen. Dafür werden sie in Zukunft das APEX-Teleskop in der chilenischen Atacama-Wüste benutzen. „APEX ist zurzeit das einzige Teleskop weltweit, das die entsprechenden Empfänger für diese Messungen hat“, sagt Thushara Pillai. „Für mich ist es aufregend, gerade dieses Teleskop zur Untersuchung unseres kosmischen Vorgartens zu nutzen.“

HOR / NJ

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