Stefan Hell erhält Kavli-Preis für Nanowissenschaften in Oslo

Der mit einer Million US-Dollar dotierte Kavli-Preis für Nanowissenschaften wurde am 9. September an Stefan W. Hell verliehen

9. September 2014

Gemeinsam mit den Forschern Thomas W. Ebbesen (Strasbourg) und Sir John B. Pendry (London) erhält der Göttinger Wissenschaftler diese hohe Auszeichnung für seine Beiträge zur Nano-Optik, die die Auflösungsgrenze der optischen Mikroskopie entscheidend revolutioniert haben. Die Auszeichnung wurde vom Norwegischen König Harald im Osloer Konzerthaus an die Preisträger überreicht.

Mit dem Kavli-Preis wird der Göttinger Forscher Stefan Hell „für seine bahnbrechenden Entwicklungen, die zur Fluoreszenzmikroskopie mit Nanometerauflösung führten und neue Anwendungen in der Biologie eröffneten“ geehrt, so die Begründung der Jury, die die Preisträger bereits im Mai bekannt gegeben hatte. Die Zeremonie der Preisverleihung stellte den Höhepunkt einer Festwoche dar, die sich in Symposien und Vorträgen den Forschungsfeldern der Kavli-Preisträger widmet und internationale Spitzenforscher in Oslo und Trondheim (Norwegen) zusammenführt. Jedes zweite Jahr wird der Kavli-Preis gemeinschaftlich von der Norwegischen Akademie der Wissenschaften, der Kavli-Stiftung und dem Norwegischen Ministerium für Bildung und Forschung verliehen.

„Ich freue mich riesig über diese Auszeichnung. Das ist eine große Anerkennung nicht nur für mich, sondern für alle meine Mitarbeiter, die gemeinsam an der hochauflösenden Lichtmikroskopie gearbeitet haben", sagt Stefan Hell. Große Begeisterung über die Nachricht gab es auch am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie.  „Wir freuen uns alle mit Stefan Hell, dass ihm diese hohe Auszeichnung verliehen wurde. Es ist eine große Ehre für ihn und für unser Institut“, so der Geschäftsführende Direktor Gregor Eichele.

Mit neuen physikalischen Konzepten ist es Hell gelungen, die Beugungsgrenze von Lichtmikroskopen fundamental zu unterlaufen. Er revolutionierte damit die Lichtmikroskopie und eröffnete völlig neue Einblicke in den Nanokosmos lebender Zellen. Herkömmliche Lichtmikroskope können Objekte, die weniger als 200 Nanometer (millionstel Millimeter) voneinander entfernt sind, im Bild nicht mehr trennen. Für Biologen wie Mediziner bedeutete dies eine enorme Einschränkung: Um Strukturen in lebenden Zellen zu untersuchen, reicht diese Auflösung bei weitem nicht aus. Die von Hell erfundene und entwickelte STED-Mikroskopie und damit verwandte Verfahren erlauben es heute, Zellen mit einer bis zu zehnmal besseren Detailschärfe zu untersuchen.

Der Ansatz des Physikers beruht auf einem Kniff: Eng benachbarte Details werden unter Verwendung eines speziellen Lichtstrahls sequenziell dunkel gehalten, sodass sie nicht gleichzeitig, sondern nacheinander aufleuchten. Sie können somit im Lichtmikroskop unterschieden werden. „Ein großer Vorteil ist, dass unserer Methode ein relativ allgemeines Grundprinzip zugrunde liegt. Die Hochauflösung ist daher längst nicht ausgereizt“, so Hell. Mit seinen Abteilungen NanoBiophotonik am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie (Göttingen) und Optische Nanoskopie am Deutschen Krebsforschungszentrum (Heidelberg) forscht er intensiv daran, noch feiner in die molekularen Details der lebender Zellen vorzustoßen.

Als wichtige Einsatzgebiete seiner Methoden sieht der Preisträger vor allem die Biologie und Medizin. „Um Krankheiten zu erforschen oder neue Medikamente zu entwickeln, bietet die STED-Mikroskopie reichlich Potenzial. Wir stehen erst ganz am Anfang, dieses auszuschöpfen“.

Über den Preisträger

Stefan W. Hell (Jahrgang 1962) promovierte 1990 an der Universität Heidelberg in Physik und arbeitete von 1991 bis 1993 am Europäischen Molekularbiologischen Laboratorium (EMBL) in Heidelberg. Danach folgte ein dreieinhalbjähriger Aufenthalt an den Universitäten Turku (Finnland) und Oxford (Großbritannien). Als Leiter einer Max-Planck-Nachwuchsgruppe wechselte er im Jahr 1997 an das Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie. Seit 2002 ist er an diesem Institut Direktor und Leiter der Abteilung NanoBiophotonik. Zudem leitet er seit 2003 die Abteilung Optische Nanoskopie am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Stefan Hell hat für seine Forschung zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten, darunter den 10. Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten (2006), den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis und den Niedersächsischen Staatspreis (beide 2008), den Otto-Hahn-Preis für Physik (2009), den Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft (2011), den Wissenschaftspreis der Fritz Behrens-Stiftung (2012) und die Carus-Medaille der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina (2013).

Über den Kavli-Preis

Der Kavli-Preis wird seit 2008 jedes zweite Jahr gemeinschaftlich von der Norwegischen Akademie der Wissenschaften, der Kavli-Stiftung und dem Norwegischen Ministerium für Bildung und Forschung verliehen. Der Kavli-Preis zeichnet Wissenschaftler für ihre bahnbrechenden Erkenntnisse in den drei Forschungsfeldern Astrophysik, Nanowissenschaften und Neurowissenschaften aus. Die Auszeichnung ist in jeder Kategorie mit 1 Million US-Dollar (rund 730 000 Euro) dotiert. Bei mehreren Preisträgern in einer Kategorie wird das Preisgeld geteilt. Die Auszeichnung ist nach dem gebürtigen Norweger Fred Kavli (1927-2013) benannt, der als Physiker, Unternehmer und Erfinder wegweisende Forschung förderte.

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