Forschungsbericht 2003 - Max-Planck-Institut für Kohlenforschung

Organokatalyse: Eine neue und breit anwendbare Synthesemethode

Organocatalysis: A New and Broadly Applicable Method for Organic Synthesis

Autoren
List, Benjamin
Abteilungen
Zusammenfassung
Organokatalyse ist eine neue Katalysestrategie bei der kleine, rein organische Katalysatoren verwendet werden. Obwohl die Natur eine ähnliche metallfreie Katalyse in vielen Enzymen verwendet, haben Chemiker erst vor kurzem das große Potenzial der Organokatalyse als einer hochselektiven und umweltfreundlichen Synthesemethode realisiert. In den letzten Jahren wurden spektakuläre Fortschritte auf dem Gebiet erzielt und seit kurzem wird Organokatalyse auch am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim betrieben. Sie ergänzt dort bereits existierende Forschung auf den Sektoren der Biokatalyse, Metallkatalyse und der Heterogenen Katalyse.
Summary
Organocatalysis is a new strategy for catalysis in which small, purely organic catalysts are employed. While many of Nature’s enzymes use a similar metal-free catalysis strategy, chemists have only recently realized the great potential of organocatalysis as a highly selective and environmentally benign method for organic synthesis. Spectacular advancements have been made in this area in the last few years and recently organocatalysis has been added to the research portfolio of the Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim. There, it complements existing research in the areas of biocatalysis, metal-catalysis, and heterogeneous catalysis.

Chemiker bemühen sich seit langem, die Effizienz und Selektivität von Enzymen mit synthetischen Katalysatoren nachzuahmen. Insbesondere ist es ein Ziel, die hohe Selektivität, die Enzyme gegenüber spiegelbildlichen Molekülen aufweisen, auch in chemisch katalysierten Reaktionen zu erreichen. Diese so genannte Enantioselektivität ist von herausragender Bedeutung in der Synthese von Wirkstoffen, da spiegelbildliche Moleküle unterschiedliche biologische Aktivitäten aufweisen. Überraschenderweise basieren die für diesen Zweck entwickelten Katalysatoren fast ausschließlich auf Metallkomplexen, während etwa die Hälfte aller Enzyme völlig metallfrei ist. Erst seit kurzem realisiert man, dass auch niedermolekulare organische Katalysatoren hoch effizient und selektiv chemische Reaktionen katalysieren können. Das Potenzial solcher organokatalytischer Reaktionen ist insbesondere für die industrielle Synthese sehr groß, da die verwendeten Katalysatoren robust, günstig erhältlich, ungiftig und einfach zu synthetisieren sein sollen. Außerdem werden organokatalytische Reaktionen häufig bei Raumtemperatur durchgeführt und sind unempfindlich gegenüber Luft und Feuchtigkeit; viele Reaktionen lassen sich in der Tat in wässrigen Lösungsmitteln durchführen. Eine bedeutend leichtere Anbindung an die feste Phase zur effizienten Abtrennung und Rückgewinnung des Katalysators ist ebenfalls möglich. Das große Potenzial dieses Gebiets wird inzwischen akzeptiert und eine exponentiell wachsende Anzahl von Forschergruppen beschäftigt sich weltweit mit dieser noch nicht einmal ansatzweise ausgeschöpften Thematik.

Eine wichtige Klasse von organokatalytischen Reaktionen, die insbesondere am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung untersucht werden, sind solche, die durch Amine und Aminosäuren katalysiert werden können. So konnten in den letzten Jahren eine Reihe von Reaktionen entwickelt werden, die durch die Aminosäure Prolin katalysiert werden, so zum Beispiel hochselektive Aldol- [1], Mannich- [2], Michael- [3] und Aminierungsreaktionen [4] (Abb. 1). Diese neuen Reaktionen liefern in exzellenten Ausbeuten und Enantioselektivitäten chirale Alkohole, Amine und Aminosäurederivate von potenziellem Nutzen für die Synthese funktionaler Moleküle, insbesondere von Wirkstoffen.

Vor kurzem wurden außerdem neuartige Zyklisierungsreaktionen entdeckt. So konnte eine Prolin-katalysierte intramolekulare Enolexo-Aldolisierung von Dialdehyden entwickelt werden (Abb. 2) [5] .

Kürzlich konnte am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung die erste katalytische asymmetrische α-Alkylierung von Aldehyden entwickelt werden (Abb. 3). Mit wenigen Ausnahmen ist das Problem der asymmetrischen α-Alkylierung von Carbonylverbindungen bisher nur mithilfe von Auxiliarmethoden gelöst worden. Die Entwicklung von katalytischen, asymmetrischen α-Alkylierungsreaktionen gilt als eine der wichtigen Herausforderung für die Organische Synthese. Es ist nun erstmals gelungen, Aldehyde intramolekular enantioselektiv zu alkylieren [6] .

Vor kurzem wurde diese Verwendung von Aldehyden als Nukleophile ausgedehnt auf die erste hochenantioselektive intramolekulare Michael-Reaktion (Abb. 4) [7].

Literatur

[1] Benjamin List, Richard. A. Lerner, and Carlos F. Barbas III: Proline-Catalyzed Direct Asymmetric Aldol Reactions. Journal of the American Chemical Society 122, 2395-2396 (2000).
[2] Benjamin List, Peter Pojarliev, William T. Biller, and Harry J. Martin: The Proline-Catalyzed Direct Asymmetric Three-Component Mannich Reaction: Scope, Optimization, and Application to the Highly Enantioselective Synthesis of 1,2-Amino Alcohols. Journal of the American Chemical Society 124, 827-833 (2002).
[3] Benjamin List, Peter Pojarliev, and Harry J. Martin: Efficient Proline-Catalyzed Michael-Additions of Unmodified Ketones to Nitroolefins. Organic Letters 3, 2423-2425 (2001).
[4] Benjamin List: Direct Catalytic Asymmetric α-Amination of Aldehydes. Journal of the American Chemical Society 124, 5656-5657 (2002).
[5] Chandrakala Pidathala, Linh Hoang, Nicola Vignola, and Benjamin List: Direct Catalytic Asymmetric Enolexo-Aldolizations. Angewandte Chemie International Edition 42, 2785-2788 (2003).
[6] Nicola Vignola and Benjamin List: Catalytic Asymmetric Intramolecular α-Alkylation of Aldehydes. Journal of the American Chemical Society 126, 450-451 (2004).
[7] Maria H. Fonseca and Benjamin List: Catalytic Asymmetric Intramolecular Michael Reaction of Aldehydes. Angewandte Chemie International Edition 43, 3958-3960 (2004).

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