Forschungsbericht 2004 - Max-Planck-Institut für Polymerforschung

Organische Nanopartikel als Trägermaterialien für Metallocenkatalysatoren

Organic Nanoparticles as Support for Metallocene Catalysts

Autoren
Klapper, Markus; Müllen, Klaus
Abteilungen

Synthetische Chemie (Prof. Dr. Klaus Müllen)
MPI für Polymerforschung, Mainz

Zusammenfassung
Durch Trägerung von Metallocenen auf mikrometergroßen aggregierten organischen Nanopartikeln, erhalten durch Emulsionspolymerisation, lassen sich hochaktive Katalysatorsysteme für die Olefinpolymerisation darstellen. Der Einfluss der Träger auf die Polymerisation wird mit der konfokalen Fluoreszenz- und der Videomikroskopie studiert.
Summary
By supporting metallocenes on µm-sized aggregated organic nanoparticles, prepared by emulsion polymerization, highly active catalysts for the olefin polymerization can be obtained. The influence of the support is studied by scanning confocal optical microscopy and videomicroscopy.

Einleitung

Die meisten Polyolefine wie Polyethylen oder Polypropylen werden derzeit über Ziegler-Natta-Katalysatoren hergestellt. In den letzten Jahren werden jedoch auch Metallocene (meist organische Zirkonium-Komplexe) als Alternative diskutiert. Entscheidend hierfür war die Entdeckung der Aktivierung der Metallocenkatalysatoren durch Methylalumoxanverbindungen (MAO), die zu drastisch erhöhten Polymerisationsgeschwindigkeiten und höheren Molekulargewichten führte. Durch Verwendung unterschiedlicher Monomerbausteine aber auch durch Variation der Ligandenstruktur der Katalysatoren bzw. durch Copolymerisation kann man die Eigenschaften der Polymere in weiten Bereichen einstellen. Insbesondere die Kristallinität aber auch die mechanischen Eigenschaften können durch Variation der räumlichen Anordnung (Taktizität) der einzelnen Monomerbausteine gezielt optimiert werden. Dies erlaubt, sehr feste Materialien aber auch wachsartige Verbindungen aus den gleichen Monomeren herzustellen.

Es zeigte sich jedoch, dass eine technische Umsetzung der Katalysatoren in der Olefinpolymerisation unabdingbar mit deren Heterogenisierung, d.h. der Trägerung verknüpft ist. Hauptgrund hierfür sind die morphologischen Eigenschaften der erhaltenen Polymere, da diese die Verarbeitung bestimmen. Ohne Trägerung erzeugt jedes Katalysatormolekül eine kleine Menge Polymer, was zu nanoskaligen Feinstäuben führt. Gleichermaßen wird durch Überhitzung der Katalysatorzentren eine Verschmelzung der Partikel beobachtet. Dies führt zu irregulären voluminösen Produkten. Sowohl dieser „Polymerstaub“ als auch die Verschmelzung resultiert in Wandbelägen in den Reaktoren („Reaktor-Fouling“) und insbesondere der Feinstaub ist typischerweise nicht in einem Extrusionsprozess zu verarbeiten. Ein Ausweg stellt die Heterogenisierung auf kleinen Partikeln dar. Hierdurch werden viele Katalysatormoleküle auf ein Trägerpartikel zusammengefasst und somit größere Produktpartikel im Mikro- bis Millimeter-Bereich erzeugt. Dadurch sind diese Pulver schütt- und fließfähig, die Staubbildung wird vermieden (Abb. 1).

Typischerweise werden als Trägermaterialien 10-100 µm große nanoporöse Silika- oder Magnesiumchlorid-Partikel eingesetzt, die während der Polymerisation in kleinere Einheiten (10-30 nm Durchmesser) fragmentieren. Da die Trägermaterialien nach der Polymerisation im Polymer verbleiben und auf Grund der geringen Konzentration nicht abgetrennt werden können, ist dieser Prozess essentiell. Ohne diese Fragmentierung würden die µm-großen Trägerpartikel im Polyolefin verbleiben und selbst in kleinster Konzentration zur Streuung und zum Verlust der Transparenz der aus Polyethylen hergestellten Folien führen. Erst wenn die Nanopartikelgröße weit unter der Wellenlänge des sichtbaren Lichts liegt, kann dieser störende Nebeneffekt vermieden werden.

Organische Partikel als Träger für Metallocene in der Olefinpolymerisation

In den letzten Jahren wurden deshalb am Max-Planck-Institut für Polymerforschung neue organische Trägermaterialien als Alternative zu den anorganischen Trägern entwickelt [1 - 5]. Die organischen Träger besitzen den signifikanten Vorteil, dass sie in der Größe aber auch in der Oberflächenfunktionalisierung leicht variiert werden können [3]. Sie erlauben durch einfache physikalische Wechselwirkung die Anbindungen der Katalysatoren. So konnten Trägermaterialien, die aus einzelnen Polymerketten, aus Dendrimeren aber auch aus nanometergroßen Latexpartikeln oder Gelen aufgebaut sind, hergestellt werden.
Als besonders erfolgreich erwiesen sich Latexpartikel, die über Emulsion oder Miniemulsion hergestellt wurden [6]. Hierzu werden Blockcopolymere, die aus Polystyrol- und Polyethylenoxid-Bausteinen (PS-PEO) bestehen, als Emulgatoren eingesetzt. Je nach Art der Emulsionsprozesse werden 60-300 nm große Nanopartikel (Primärpartikel) erhalten. Hierbei fungieren die Polyethylenoxide als polare Ankergruppen, die die Metallocen-Katalysatoren immobilisieren. Während der Trägerung und der Aktivierung der Katalysatoren aggregieren diese Nanopartikel reversibel zu µm-großen Teilchen, den Sekundärpartikeln (Abb. 2).

Während der Polymerisation werden diese Cluster durch das in der Polymerisation gebildete Polyolefin wieder aufgebrochen und die kleinen Primärpartikel verteilen sich homogen in der Polymermatrix. Die Polymerisationen werden unter typisch industriellen Bedingungen (40 bar, 70-75 °C) durchgeführt. Die eingesetzten Katalysatoren werden sowohl von Industriepartnern als auch von verschiedenen universitären Arbeitsgruppen erhalten, an unserem Institut geträgert und systematisch in der Polymerisation untersucht. Durch Variation der Oberflächenfunktionalisierung und der Größe der Partikel konnten die Produktivitäten und Aktivitäten der Systeme drastisch gesteigert werden. Aktivitäten im Bereich von 10 000 kg Polyethylen/per mol Zr pro Stunde konnten erreicht werden.

Aus dem Reaktor (Abb. 3) werden direkt sphärische Polyolefinpartikel mit einer Größenverteilung zwischen 0,5 und 1 mm erhalten. Sie bilden ein freifließendes Pulver mit einer Schüttdichte von 400 g/l. Dadurch kann das Polymerpulver direkt zu Endprodukten im Extruder weiterverarbeitet werden. Die Molekulargewichte variieren in Abhängigkeit vom eingesetzten Katalysator zwischen 500 000 und 2 Millionen. Mit speziellen titanhaltigen Katalysatoren lässt sich auf diese Weise sogar ultrahochmolekulares Polyethylen, (Molekulargewichte bis zu 10 Millionen), wie es z. B. für Hüftimplantate eingesetzt wird, erzeugen.

Untersuchung der Fragmentierung der organischen Träger

Die Visualisierung der Fragmentierung der Trägerpartikel, d.h. die Bestimmung der Verteilung der Trägerpartikel in einem Polyolefinpartikel erfordert sehr sensitive Methoden, da typischerweise 50-100 mg des Katalysators ausreichen, um 200 g Polymer zu erzeugen. In der Regel wird für den Nachweis der anorganischen Träger in Polyolefinpartikeln die Elektronenmikroskopie eingesetzt. Diese Technik erfordert jedoch eine sehr aufwendige Probenpräparation, da die Partikel einzeln in sehr viele dünne Schichten geschnitten und markiert werden müssen. Deshalb wurde als neue alternative Methode zur Visualisierung die konfokale optische Fluoreszenzmikroskopie ausgewählt. Diese Methode ist seit langem zur Visualisierung von Zellen und darin stattfindenden Transportprozessen etabliert. Mit dieser Methode kann die Fluoreszenzverteilung von bis zu mehreren 100 µm großen dreidimensionalen Objekten schichtweise ähnlich den tomographischen Verfahren abgerastert werden. Eine komplizierte Probenvorbereitung ist nicht notwendig, jedoch die Fluoreszenzmarkierung der zu visualisierenden Teilbereiche. Die Markierung der organischen Trägerpartikel zur späteren Visualisierung in Polymerpartikeln wird auf einfache Weise während der Emulsionspolymerisation durch Einbau von auf Perylen basierenden Farbstoffmolekülen erreicht, da diese Moleküle eine starke Fluoreszenz bei 450-500 nm zeigen.

Um die Fragmentierung während der Polymerisation zu beobachten wurden bei verschiedenen Reaktionszeiten die Polymerpartikel dem Reaktor entnommen und die Fluoreszenzverteilungen in den Partikeln bestimmt [7, 8]. Man erkennt bereits nach fünf Minuten, dass sich das fluoreszenzmarkierte Trägerpartikel in größere Fragmente zerlegt (rote Bereiche in Abb. 4). Zwischen diesen Bereichen bildet sich das Polyolefin. Dies beweist, dass das Monomer alle Bereiche des Katalysatorssystems erreichen kann. Nach weiteren 15 Minuten sind diese größeren Bereiche bereits fast vollständig zu Gunsten kleinerer Katalysatorfragmente verschwunden. Nach einer Stunde ist die Fragmentierung des Trägers komplett, angezeigt durch eine homogene Fluoreszenzverteilung im Polyolefinpartikel [7, 8].

Als weitere optische Methode zur Visualisierung der Polymerisation wurde mithilfe der Videomikroskopie das Partikelwachstum direkt in einem Reaktor beobachtet. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Prof. G. Fink am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung wurden verschiedene geträgerte Katalysatoren gleichzeitig in einem einzigen Versuch miteinander verglichen und über das Partikelwachstum einzelner Katalysatorpartikel die Reaktivität bestimmt. Das garantiert, dass alle Katalysatorsysteme unter identischen Bedingungen untersucht werden und somit eine optimale Vergleichbarkeit der Resultate erzielt wird. In diesen Experimenten lässt sich der deutliche Einfluss der Trägermaterialien auf das Polymerisationsverhalten zeigen. Je nach Art der Oberfläche und der Wechselwirkung der Primärpartikel in den Sekundärpartikeln, ändert sich die Polymerisationsgeschwindigkeit aber auch die Morphologie, also die Dichte und auch die Form der erhaltenen Polyolefinpartikel.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass organische Träger wie z. B. Latexpartikel eine Alternative zu den etablierten anorganischen Trägern in der Metallocen-katalysierten Olefinpolymerisation darstellen. Sie können in Größe und in ihrer Oberflächenstruktur in weiten Grenzen den Polymerisationsbedingungen angepasst werden und erlauben so eine exzellente Morphologiekontrolle der resultierenden Polyolefinpartikel.

Originalveröffentlichungen

Soga, K.; Arai, T.; Nozawa, H.; Uozumi, T.
Recent developments in heterogeneous metallocene catalysts
Macromolecular Symposia 97, 53 (1995).
Koch, M.; Klapper, M.; Müllen, K.
Reversibly crosslinked polystyrene as a support for metallocenes part II: Non-covalent bonding for the immobilization
In: Organometallic Catalysts and Olefin Polymerization: Catalysts for a New Millenium, Springer-Verlag, Berlin 2001, pp. 396-403.
Klapper, M.; Jang, Y. J.; Bieber, K.; Nemnich, T.; Nenov, N.; Müllen K.
New organic supports for metallocene catalysts applied in olefin polymerisations
Macromolecular Symposia 213, 131-145 (2004).
Nenov, N.; Koch, M.; Klapper, M.; Müllen, K.
PEO-functionalized polystyrene as polymeric support in metallocene catalysed olefin polymerisation
Polymer Bulletin 47, 391-398 (2002).
Jang, Y. J.; Nenov, N.; Klapper, M.; Müllen, K.
Organic nanoparticles with polypropyleneoxide chains as support for metallocene catalysts: Ethylene homopolymerization and ethylene/alpha-olefin copolymerization
Polymer Bulletin 50, 343-350 (2003).
Koch, M.; Falcou, A.; Nenov, N.; Klapper, M.; Müllen, K.
Reversibly crosslinked networks of nanoparticles in metallocene-catalyzed olefin polymerization
Macromolecular Rapid Communications 22, 1455-1462 (2001).
Klapper, M.; Fischer, D.; Jang, Y. J.; Naundorf, C.; Müllen, K.
Organic supports for heterogeneous metallocene catalyzed olefin polymerization
In: 8th International Workshop on Polymer Reaction Engineering, Dechema Monographs 138, Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2004.
Jang, Y. J.; Bieber, K.; Naundorf, C.; Nenov, N.; Klapper, M.; Müllen, K.; Ferrari, D.; Knoke, S.; Fink, G.
Optical methods to study the behaviour of supported metallocene catalysts during olefin polymerisation
e-polymers, 013 (2005).
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