Forschungsbericht 2003 - Max-Planck-Institut für Kernphysik

Erster Hinweis auf neutrinolosen Doppelbetazerfall von Atomkernen, und Physik jenseits das Standardmodells der Teilchenphysik

Autoren
Klapdor-Kleingrothaus, Hans Volker
Abteilungen

Astroteilchenphysik (Prof. Dr. Heinrich Völk)
MPI für Kernphysik, Heidelberg

Zusammenfassung
Das HEIDELBERG-MOSKAU-Experiment ist seit zehn Jahren das weltweit empfindlichste Doppelbetazerfalls-Experiment. Es sondiert die Neutrinomasse im sub-eV-Bereich und liefert den ersten Hinweis auf die Existenz des neutrinolosen Zerfallsmodus. Dies ist von fundamentaler Bedeutung für die Elementarteilchenphysik. So ist als Konsequenz die Erhaltung der Leptonenzahl verletzt, das Neutrino ist ein Majorana-Teilchen und für die Neutrinomassen ergibt sich, dass sie energetisch entartet sein müssen. Scharfe Einschränkungen ergeben sich auch für andere Bereiche einer Physik jenseits des Standardmodells: für Supersymmetrische Modelle, Leptoquarks, für Theorien zu einer Substruktur von Quarks und Leptonen, für die Masse eines rechtshändigen W-Bosons und eine Verletzung der Lorentz-Invarianz und des Äquivalenzprinzips im Neutrinosektor.

Nichtbeschleuniger-Teilchenphysik hat in den letzten Jahren die ersten experimentellen Hinweise auf eine ‚neue’ Physik jenseits des so genannten Standardmodells der Teilchenphysik ergeben. Hierbei spielt auch der Doppelbetazerfall der Atomkerne eine zentrale Rolle. Die Geschichte des Doppelbetazerfalls, der den Kern als Laboratorium für die Untersuchung der schwachen Wechselwirkung und weiterer Bereiche der Teilchenphysik benutzt, beginnt vor über 60 Jahren, kurz nach der "Entdeckung" des Neutrinos durch W. Pauli im Jahre 1930. W.H. Furry zeigte 1939, dass die "symmetrische" Theorie von Neutrino und Antineutrino, die von E. Majorana 1937 vorgeschlagen worden war, zu einem Prozess führen müsste, dem so genannten neutrinolosen Doppelbetazerfall (siehe Abb. 1), der die Erhaltung der Leptonenzahl verletzt (bzw. B-L, wobei B, L die Baryonenzahl bzw. Leptonenzahl bezeichnen) und im heutigen Standardmodell der Teilchenphysik nicht erlaubt ist. Erhaltung der Leptonenzahl wie der Baryonenzahl gehören zu den wichtigsten Erhaltungssätzen in der Natur.

Der neutrinolose Doppelbetazerfall (0νββ) ist gegenwärtig die empfindlichste Sonde für eine Nichterhaltung der Leptonenzahl. Das Auftreten dieses Prozesses würde ferner zeigen, dass Neutrinos im Gegensatz zu den anderen fundamentalen Fermionen als Majoranateilchen auftreten, d.h. Neutrino und Antineutrino wären identisch. Damit ist dieser Prozess, in dem ein Atomkern mit Massenzahl A und Kernladungszahl Z unter Austausch eines Majorana-Neutrinos zwischen den zwei zerfallenden Neutronen (oder im Quarkbild zwischen den in u-Quarks umgewandelten d-Quarks) und unter Emission zweier Elektronen in einen Kern mit Kernladungszahl (Z+2) überführt wird, ein direkter Test von so genannten Großen Vereinigungstheorien der Teilchenphysik (Grand Unified Theories oder GUTs). Er testet Teilchenphysik-Theorien bei extrem hohen Energien und trägt zum Verständnis der Entwicklung des Universums in seiner frühen Phase bei (Abb. 2). Da in der ,einfachsten' GUT etwa, der SU(5), (B-L) erhalten ist, würde das Auftreten das 0νββ-Zerfalls diese Theorie ausschließen und zwar schärfer, als dies durch die bisherige Nichtbeobachtung das Zerfalles des Protons geschieht. Erst in so genannten Rechts-Links-Symmetrischen GUT-Modellen, wie der SO(10), kann die (B-L)-Erhaltung gebrochen werden, und der 0νββ-Zerfall ist erlaubt. Solche Rechts-Links-Symmetrischen GUT-Modelle können übrigens in zwangloser Weise die beobachtete Kleinheit der Neutrinomassen, über den so genannten ,see-saw'-Mechanismus erklären, der andererseits gleichzeitig vorhersagt, dass Neutrinos Majorana-Teilchen sind. Auch zahlreiche modernere Theorien verlangen, dass Neutrinos Majorana-Teilchen sind, dass ihre Massen entartet sind (d.h. nahezu gleich), und dass sie in einem Massebereich größer als 0,1 - 0,2 Elektronenvolt (eV) liegen. In so genannten Superstring-Modellen muss die Kleinheit der Neutrinomasse auf sehr viel kompliziertere Mischungsmechanismen zurückgeführt werden als im ,see-saw'-Mechanismus, da es hier keine Higgsfelder gibt, die genügend große Majorana-Massen für die rechtshändigen Neutrinos erzeugen könnten. Auch in Theorien mit großen Extradimensionen auf der TeV-Skala sind leichte Neutrinos in natürlicher Weise erklärbar.

Die Rate des 0νββ-Prozesses gibt heutzutage die genaueste Information über die absolute Masse des Neutrinos. Dies bringt das HEIDELBERG-MOSKAU-Experiment als das seit 10 Jahren empfindlichste seiner Art in eine zentrale Position für die moderne Neutrinophysik, da solare und andere Neutrino-Oszillationsexperimente nur Differenzen zwischen Neutrinomassen-Eigenwerten bestimmen. Erst Anfang der 80er-Jahre wurde klar, dass und wie die Neutrinomasse (genauer eine so genannte effektive Neutrinomasse, die einer Überlagerung der verschiedenen Neutrinomassen-Eigenwerte entspricht) aus der Amplitude des 0νββ-Zerfalles abgeleitet werden kann. Ein vollständiges Verständnis der für diese Extraktion nötigen Kernmatrixelemente wurde erst Mitte der 80er-Jahre durch die Arbeiten unserer Gruppe in Heidelberg eingeleitet (siehe [1]).

Der neutrinolose Doppelbetazerfall kann prinzipiell auch durch Austausch anderer Teilchen, etwa supersymmetrischer Teilchen, Leptoquarks, superschwerer Neutrinos oder Neutrinos mit Substruktur, etc., ausgelöst werden, und dadurch wichtige Information über die Parameterräume der unterliegenden Theorien wie Supersymmetrie, Recht-Links-Symmetrische Theorien, Compositeness, etc. liefern. Das weitgestreckte Potenzial, welches somit der Doppelbetazerfall für die Entwicklung von theoretischen Modellen birgt, wurde unter anderem maßgeblich durch unsere Heidelberger Gruppe in den 90er-Jahren erarbeitet [1]. Das vor über 20 Jahren aufgestellte Schechter-Valle-Theorem gewährleistet dabei, dass unabhängig davon, welcher Prozess den 0νββ-Zerfall auslöst, sein Auftreten immer die Majorana-Natur des Neutrinos beweist.

Das HEIDELBERG-MOSKAU-Experiment

Das HEIDELBERG-MOSKAU-Doppelbeta-Experiment wurde 1986 dem Kurchatov-Institut in Moskau vom Autor dieses Berichts vorgeschlagen [2]. Die Vorbereitungen fielen in die Zeit des ersten (nicht-geochemischen) Nachweises des neutrino-begleiteten (Abb. 1), im Standardmodell erlaubten ββ-Zerfalles. Das HEIDELBERG-MOSKAU-Experiment ist das erste Doppelbeta-Experiment zweiter Generation. Das heißt, es setzt erstmalig eine große Quellstärke des ββ-Emitters ein. Dies wird erreicht durch Isotopenanreicherung. Es werden Germanium-Detektoren verwendet, die im Doppelbeta-Emitter-Isotop 76Ge zu 86% angereichert sind (natürliche Isotopenhäufigkeit 7,8%) (Abb. 3). Diese Detektoren dienen gleichzeitig als Quelle der Strahlung und als Detektor.

Auf diese Weise lässt sich die hohe Quellstärke bei gleichzeitiger hoher Energieauflösung realisieren. Die insgesamt fünf Detektoren stellen mit ihren zusammen 11,5 kg (entsprechend 125,5 Mol 76Ge) die bis heute größte eingesetzte Quellstärke aller ββ-Experimente dar. Die in einem ββ-Zerfallsereignis erzeugten Elektronen haben eine Reichweite von ca. 1 mm im Detektor und erzeugen ein Stromsignal, das zusammen mit seiner zeitlichen Struktur gemessen wird. Der erste Detektor wurde Mitte 1990 im Gran Sasso-Untergrundlabor installiert. Das volle Experiment mit 5 Detektoren nahm seinen Betrieb im November 1995 auf (Abb. 4). Der gesamte Aufbau wurde von diesem Zeitpunkt ab bis Ende November 2003 nicht geöffnet, sodass keine radioaktiven Verunreinigungen in den Detektorraum eingebracht werden konnten. Seit 1995 messen ferner die vier größten Detektoren (insgesamt 10 kg) mit 250 MHz Flash-ADC's die Zeitstrukturen der aufgenommenen Signale.

Das Experiment erreichte den niedrigsten je erzielten Untergrund an radioaktiver Störstrahlung in dieser Art von Untersuchungen: 0,11 Ereignisse pro Jahr und Kilogramm Detektor und pro keV im interessierenden Energiebereich um eine erwartete 0νββ-Linie. Es hat die höchste Effizienz für den Nachweis eines ββ-Ereignisses (~ 95%) und die höchste Energieauflösung aller bisherigen ββ- Experimente (~3,3 keV). Das Experiment nahm während ~80% der Zeit seit seiner Installation Daten, und hat insgesamt die bei weitem höchste gesammelte Statistik aller bisherigen ββ-Experimente. Seit 1993 bereits ist es das weltweit empfindlichste ββ-Experiment. Am 30. November 2003 wurde das Experiment stillgelegt, da das Kurchatov-Institut in Moskau, welches das angereicherte 76Ge-Material geliefert hatte, der gewünschten weiteren Vertragsverlängerung nicht zustimmte.

Ergebnisse: Fast 20 Jahre nach dem ersten Nachweis des 2νββ-Zerfalls (für den Kern 82Se), in dem hierfür eine Halbwertszeit von 1,1x1020 Jahren, auf einem Konfidenzniveau von 2,2 s (97,2%) bestimmte wurde [3], findet das HEIDELBERG-MOSKAU-Experiment, das den ββ-Emitter 76Ge untersucht, für diesen Kern für den 2νββ-Zerfall eine Halbwertszeit von 1,7 x 1021 Jahren und 160 000 Ereignisse. Das heißt, die Empfindlichkeit konnte in knapp zwei Jahrzehnten um einen Faktor 50000 gesteigert werden. Dies führte schließlich, nach 13 Jahren Messung, zur Entdeckung des ersten Hinweises auf den neutrinolosen Doppelbetazerfall (Abb. 1), einer Linie mit 29 Ereignissen, die einer Halbwertszeit von 1,2x1025 Jahren auf einem Konfidenzniveau von 4,2 s (99,9973%) entsprechen [4, 5]. Dies ist die seltenste je beobachtete radioaktive Zerfallsart eines Atomkerns.

Im Energiebereich um 2039 keV, wo im Falle des 0νββ-Zerfalls eine Linie erwartet wird, hat das gemessene Spektrum die in Abbildung 5 gezeigte Struktur. Dieses Spektrum ergibt sich aus der Summierung von ca. 10 000 täglich gemessenen Einzelspektren. Es werden vier Linien bei Energiepositionen gesehen, die man für Gamma-Linien aus dem in der natürlichen 238U-Zerfallsreihe gebildeten 214Bi erwartet (bei 2010,7, 2016,7, 2021,8, 2052,9 keV), ferner der Kandidat einer Linie bei ~2030 keV, die einer Konversionslinie von 214Bi entsprechen könnte, und schließlich eine Linie beim Q-Wert des neutrinolosen ββ-Zerfalls. Die 214Bi-Untergrundlinien sind auch in früheren Messungen bereits sichtbar, nicht aber die Linie bei 2039 keV.

Es wurden zahlreiche Tests durchgeführt, um die Sicherheit dieser Zuordnung zu erhärten. Es ist z.B. sichergestellt, dass durch die wöchentlich durchgeführten Energieeichungen mittels Einführung eines Präparates in den Detektorraum (und der gleichzeitigen Füllung der Dewars der Detektoren mit flüssigem Stickstoff) keine kurzlebige Aktivität in den Detektoraufbau eingeführt wird. Es wurde weiter überprüft, dass kein störender Beitrag im interessierenden Energiebereich von Myonen der kosmischen Strahlung erzeugt werden kann - die ohnehin durch die Myon- Antikoinzidenzzähler (siehe Abb. 4) stark reduziert werden, oder durch den im Gran Sasso-Untergrundlabor vorhandenen Neutronenfluss, der durch die Borpolyethylen-Abschirmung des Aufbaus reduziert wird. Die zuverlässige Funktion der Elektronik-Komponenten wurde u.a. durch Test der Übereinstimmung der Verstärkung in den Zweigen von Spektroskopieverstärker und Flash-ADC´s kontrolliert. Dass die beobachtete Linie beim Q-Wert des Doppelbetazerfalls nicht einer bislang unbekannten Gammalinie entspricht, wurde durch die Untersuchung der Zeitstruktur der Ereignisse in dieser Linie überprüft. Ereignisse, die aus Vielfach-Comptonstreuung an Atomen stammen, haben im Allgemeinen eine andere Zeitstruktur als solche, die auf einen engen Raumbereich des Detektors beschränkt sind, wie Doppelbeta-Zerfallsereignisse. Diese Pulsformanalyse wurde mit kollimierten Gammaquellen und mit z.T. innerhalb von Testdetektoren lokalisierten Betaquellen kalibriert. Der Einsatz dieses ‚Pulsform-Filters’ reduziert die Intensität der Gammalinien im gemessenen Spektrum im Gegensatz zu Linien, die hauptsächlich aus im Detektor eng lokalisierten Ereignissen - wie Doppelbeta-Ereignissen - bestehen (Abb. 5).

Konsequenzen: Das Auftreten des 0νββ-Zerfalls hat die eingangs erwähnten Konsequenzen. Es bedeutet die Verletzung der (totalen) Leptonenzahlerhaltung. Dass das Neutrino ein Majorana-Teilchen ist, könnte darauf hinweisen, dass die Struktur der Raumzeit derjenigen entspricht, die für supersymmetrische Theorien erforderlich ist [6]. Die aus der Halbwertszeit abgeleitete effektive Neutrinomasse liegt, bei Verwendung des vor 15 Jahren in unserer Gruppe berechneten Kernmatrixelements [7], das bislang die genaueste Vorhersage für einen später gemessenen 2νββ-Zerfall lieferte, bei 0,44+0,05-0,06Elektronenvolt. Da dieses Matrixelement das für den 2νββ-Zerfall gemessene um 29% unterschätzte, könnte die effektive Neutrinomasse bis zu maximal diesem Wert überschätzt sein, d.h. bis hinab zu 0,3 eV betragen. Ein Vergleich der gemessenen effektiven Masse mit den Erwartungen für verschiedene Neutrinomassen-Modelle, die nach Neutrino-Oszillationsexperimenten erlaubt sind, zeigt, dass Neutrinos energetisch entartet sein müssen (Abb. 6).

Der aus der effektiven Masse abgeleitete gemeinsame Masseneigenwert ist konsistent mit kürzlich bestimmten Grenzen bzw. Werten aus der Beobachtung der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung (WMAP und SDSS-Experimente), der unteren Grenze von 0,04 eV für entartete Neutrinos aus Neutrino-Oszillationsexperimenten (Superkamiokande), und mit dem Wert, der im so genannten Z-Burst-Szenario für die Erzeugung superhochenergetischer kosmischer Strahlung benötigt wird (ca. 0,4 eV). In diesen Modellen wird die kosmische Strahlung im Energiebereich oberhalb des Greisen-Kuzmin-Zatsepin-Cutoffs durch Wechselwirkung ultrahochenergetischer kosmischer Neutrinos mit Neutrinos der kosmischen Hintergrundstrahlung über die hierdurch gebildeten Z-Bosonen und deren Zerfall erzeugt. Er stimmt ferner mit der aus einer Abweichung des magnetischen Moments des Myons von der Erwartung des Standardmodells abgeleiteten unteren Grenze für die Neutrinomasse von >0,2 eV überein und ist konsistent mit neueren Theorien. Für die weiteren oben erwähnten Modelle jenseits des Standardmodells ergibt sich Folgendes: Eine untere Massengrenze für das in rechts-links-symmetrischen Modellen auftretende rechtshändige W-Boson von 1,2 TeV, ferner Grenzen für eine Majorana-Masse des Sneutrinos‚ des SUSY-Partners des Neutrinos. Für Leptoquarks, die von einer Reihe von GUT-Modellen gefordert werden und zwanglos die Gleichheit der Ladung von Proton und Elektron erklären könnten, ergibt sich eine untere Massengrenze von 10-14 TeV (für eine Leptoquark-Higgs-Kopplung von der Größenordnung 1). Unter Annahme einer Substruktur von Leptonen und Quarks für die Masse eines aus Präonen zusammengesetzten Majorana-Neutrinos ergibt sich eine untere Grenze von drei W-Boson-Massen, für die Masse eines linkshändigen superschweren Neutrinos eine untere Grenze von 7x107 GeV. Für eine Verletzung der so genannten R-Parität in supersymmetrischen Modellen für Teilchen der ersten Generation erhält man einen Wert des Parameters λ´111 < 3x10-4. Diese Grenze ist erheblich schärfer als die aus Beschleunigerexperimenten abgeleiteten. Für eine Verletzung der Lorentz-Invarianz und der Äquivalenzprinzips im Neutrinosektor liefert das HEIDELBERG-MOSKAU-Experiment besonders scharfe Grenzen im Bereich kleiner Mischungswinkel [1].

Zusammenfassung und Perspektiven: Das HEIDELBERG-MOSKAU-Experiment hat einen weiteren Hinweis auf Physik jenseits des Standardmodells der Elementarteilchenphysik geliefert. Wegen seiner fundamentalen Bedeutung für die Physik ist es unabdingbar, es in zukünftigen, unabhängigen Experimenten zu bestätigen. Ein Vorschlag für ein erheblich empfindlicheres Experiment wurde in Form des GENIUS-Projekts bereits vor einigen Jahren gemacht [8]. Die ursprünglich als Pilotprojekt für GENIUS im Mai 2003 im Gran Sasso in Betrieb genommene "GENIUS Test Facility" (GENIUS-TF), in der erstmals nackte Germanium-Kristalle in flüssigem Stickstoff unter den Bedingungen eines Untergrundlabors eingesetzt wurden [9], hat gezeigt, dass ein stabiler Langzeitbetrieb von Kristallen in flüssigem Stickstoff möglich ist. Mit der Realisierung einer Variante des GENIUS-Projekts wird voraussichtlich noch in diesem Jahre am MPI für Kernphysik begonnen werden.

GENIUS-TF soll weiterhin mit dem Schwerpunkt Suche nach kalter dunkler Materie eingesetzt werden. Nachdem das weltweit einzige mit angereichertem 73Ge laufende Experiment, unser HDMS (Heidelberg Dark Matter Search)-Experiment im Gran Sasso, soeben die beste Grenze für die spinabhängige Wechselwirkung von WIMP’s (Weakly Interacting Massive Particles) mit dem Neutron im Bereich niedriger WIMP-Massen geliefert hat [10], soll mit GENIUS-TF versucht werden, die kürzlich vom DAMA-Experiment im Gran Sasso veröffentlichte Evidenz für kalte dunkle Materie über das entsprechende jahreszeitliche Modulationssignal zu verifizieren.

Literatur

[1] H. V. Klapdor-Kleingrothaus (Ed): 60 Years of Double Beta Decay - From Nuclear Physics to Particle Physics Beyond the Standard Model. World Scientific, Singapore 2001.

[2] H. V. Klapdor-Kleingrothaus: Proposal, MPI-1987-V17, September 1987.

[3] S. R. Elliott et al.: Physical Review Letters 59, 2020 (1987).

[4] H. V. Klapdor-Kleingrothaus, A. Dietz, I. V. Krivosheina et al.: Nuclear Instruments and Methods A 522, 371 (2004).

[5] H. V. Klapdor-Kleingrothaus, I. V. Krivosheina, A. Dietz et al.: Physics Letters B 586, 198 (2004).

[6] D. A. Ahluwalia: in H. V. Klapdor-Kleingrothaus (Ed.), Proceedings of Physics Beyond the Standard Model: BEYOND02, Oulu, Finland, 2-7 June, 2002. IOP, Bristol 2003, p. 143.

[7] A. Staudt, K. Muto, H. V. Klapdor-Kleingrothaus: Europhysics Letters 13, 31 (1990).

[8] H. V. Klapdor-Kleingrothaus, J. Hellmig, M. Hirsch: Journal of Physics G 24, 483 (1998); Zeitschrift für Physik A 359, p. 351 und p. 361 (1997).

[9] H. V. Klapdor-Kleingrothaus et al.: Nuclear Instruments and Methods A 511, 341 (2003); H. V. Klapdor-Kleingrothaus: CERN Courier 43, July 2003, p. 9.

[10] H. V. Klapdor-Kleingrothaus et al.: Physics Letters B, im Druck (2004).

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