Landung auf dem Kopf des Kometen
Philae, die Landeeinheit der ESA-Raumsonde Rosetta, soll Mitte November am Landeplatz J auf der Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko niedergehen
Beinahe mitten auf dem „Kopf“ des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko soll die Landeeinheit Philae der ESA-Raumsonde Rosetta Mitte November aufsetzen. Nach Ansicht des Lander Teams, das sich am vergangenen Wochenende mit Vertretern des Rosetta Science Teams und der ESA in Toulouse beraten hatte, bietet diese Region im Vergleich mit anderen die besten Voraussetzungen für eine sichere Landung und anschließende erfolgreiche Messungen. In der Vorauswahl fünf möglicher Landestellen, die das Lander Team Ende August in die engere Wahl gezogen hatte, trug die jetzt ausgewählte Region die Bezeichnung J. Region C, die seitlich auf dem „Körper“ des Kometen liegt, bestimmten die Wissenschaftler zur Ausweichlandestelle.
Aufnahmen von Landestelle J, die in den vergangenen Tagen mithilfe von Rosettas wissenschaftlichem Kamerasystrem OSIRIS aufgenommen wurden, zeigen ein recht zerklüftetes Terrain. Berechnungen ergaben jedoch gute Landechancen. Dafür wurden die Topographie der Landestelle sowie die mechanischen Eigenschaften von Philaes Landegestell berücksichtigt. Der genaue Fleck, auf der Philae niedergeht, lässt sich nur mit einer Genauigkeit von etwa 500 Metern bestimmen. „Wir brauchen deshalb nicht den einen perfekten Landepunkt, sondern eine Region, für die möglichst viele Landeszenarien ein gutes Ende nehmen“, erklärt Hermann Böhnhardt vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, wissenschaftlicher Leiter der Landemission.
"Keiner unserer fünf Landestellen-Kandidaten hat zu 100 Prozent alle Kriterien erfüllt, aber Landeplatz J ist eindeutig die beste Lösung“, sagt Philae-Projektleiter Stephan Ulamec vom DLR.
Ein wichtiges Kriterium ist die Anzahl großer Brocken, die die Landestelle überziehen. Forscher des OSIRIS-Teams hatten in den vergangenen Wochen einen genauen Blick auf die fünf Landestellen-Kandidaten geworfen und dabei alle erkennbaren Brocken erfasst, vermessen und kartiert. „Nach unseren bisherigen Erkenntnissen bietet Landestelle J Philae vergleichsweise wenige ,Stolperfallen' “, so Holger Sierks vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Leiter des OSIRIS-Teams.
Von Landeplatz J aus kann der Lander gut mit dem Orbiter kommunizieren
„Auch aus wissenschaftlicher Sicht sind wir mit der Oberseite des Kometenkopfes sehr zufrieden“, so Böhnhardt. Erste Messungen deuten darauf hin, dass dort organisches Material vorliegt und sich von dort die Aktivität des Kometen gut untersuchen lässt. Zudem sollte das Instrument CONSERT an der ausgewählten Landestelle gute Bedingungen für seine Messungen vorfinden. CONSERT ist das einzige Experiment der Rosetta-Mission, das Teil des Orbiters und der Landeeinheit ist. Ziel ist es, mithilfe von Radiowellen die innere Struktur des Kometenkerns zu erforschen. Dafür wird ein Radiosignal von der Raumsonde durch den Kern zur Landeeinheit und zurück gesendet. Aufgrund der Gestalt des Kometenkerns und der Flugbahn des Orbiters ist nicht jeder Punkt auf der Oberfläche von 67P in gleicher Weise geeignet, um den gesamten Kometenkern zu durchstrahlen. Landeplatz J ist einer der besten für diese Aufgabe.
Zudem ermöglicht die ausgewählte Region häufige und gute Kommunikation zwischen Lander und Orbiter. Dies ist wichtig für die vielen wissenschaftlichen Messungen, die in den ersten zwei bis drei Tagen nach dem Aufsetzen parallel und in den Wochen danach in kurzer zeitlicher Folge stattfinden sollen. Schließlich sind die Kapazitäten von Philaes Datenspeicher begrenzt. Messdaten müssen möglichst rasch zum Orbiter transferiert werden, um Platz für neue zu machen; zudem müssen Kommandos vom Orbiter die Landeeinheit schnell erreichen. Für die späteren Messungen sind die Lichtverhältnisse auf dem Kometenkopf günstig: Philaes Solarzellen können dort genug Strom erzeugen, um die Batterien verlässlich wiederaufzuladen.
In den nächsten Wochen werden alle Instrumente des Orbiters Landestelle J genauer untersuchen. OSIRIS etwa wird diesen Bereich mit einer Auflösung von 30 Zentimetern pro Pixel abbilden. Nur für den Notfall – falls etwa die höhere Auflösung bisher unbekannte Risiken aufdecken sollte – hat das Lander Team auch eine Ausweichlandestelle festgelegt. Landestelle C findet sich seitlich auf dem „Körper“ des Kometen. Auch sie erfüllt wichtige Kriterien, ist jedoch ein wenig schwieriger anzufliegen.
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Rosetta ist eine Mission der Europäischen Weltraumagentur ESA mit Beiträgen der Mitgliedsstaaten und der amerikanischen Weltraumagentur NASA. Rosettas Landeeinheit Philae wurde von einem Konsortium unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) und der französischen und italienischen Weltraumagentur (CNES und ASI) zur Verfügung gestellt. Rosetta wird die erste Mission in der Geschichte sein, die einen Kometen anfliegt, ihn auf seinem Weg um die Sonne begleitet und eine Landeeinheit auf seiner Oberfläche absetzt.
BK