Forschungsbericht 2004 - Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft

Spektroskopie an Modellkatalysatoren unter Atmosphärendruck

Autoren
Rupprechter, G.; Unterhalt, H.; Borasio, M; Morkel, M.; Freund, H.-J.
Abteilungen

Chemische Physik (Prof. Dr. Hans-Joachim Freund)
Fritz-Haber-Institut der MPG, Berlin

Zusammenfassung
In situ schwingungsspektroskopische Untersuchungen katalytischer Reaktionen auf Modellkatalysatoren erlauben die „Drücklücke“ zwischen der Oberflächenanalytik und der heterogenen Katalyse zu überbrücken. Als Beispiele dienen die CO- Adsorption und Hydrierung und die Methanol-Oxidation auf Pd-Nanoteilchen und Pd(111) bei Atmosphärendruck.

Katalyse beeinflusst unser Leben in vielfältiger Weise. Dies geschieht zum Teil direkt und unmittelbar - durch Biokatalysatoren (Enzyme), die in unserem Körper chemische Prozesse beschleunigen oder in eine gewünschte Richtung lenken – oder eher indirekt und unmerklich – durch technische Katalysatoren, die zur Herstellung vieler wichtiger Stoffe (Kraftstoffe, Polymere, Feinchemikalien, Arzneimittel, Düngemittel, etc) Verwendung finden. Das wohl bekannteste Beispiel für den Einsatz von Katalysatoren ist die Abgasreinigung in Kraftfahrzeugen, bei der der so genannte 3-Wege-Katalysator (bestehend aus Platin-, Palladium- und Rhodium-Nanoteilchen auf einem keramischen Monolith) unverbrannte Kohlenwasserstoffe CxHy und Kohlenmonoxid CO zu Kohlendioxid CO2 oxidiert und Stickoxide NOx zu Stickstoff N2 reduziert.

Trotz der enormen Bedeutung der Katalyse und intensiver Forschung ist es nach wie vor nahezu unmöglich, die (genaue) katalytische Wirkungsweise eines neuen Katalysatormaterials vorherzusagen oder (umgekehrt) einen Katalysator für eine bestimmte chemische Reaktion „maßzuschneidern“. Dies trifft natürlich umsomehr zu, je komplexer der Katalysator und die Reaktion sind (man sollte hier aber auch festhalten, dass einfache katalytische Reaktionen kleiner Moleküle wie CO schon sehr gut verstanden werden). Im Folgenden soll für einen bestimmten Katalysatortyp – nämlich Edelmetall-Trägerkatalysatoren – dargelegt werden, worin die wissenschaftlichen Probleme liegen und weshalb selbst nach etwa 100 Jahren Katalyseforschung nach wie vor großer Handlungsbedarf für die Grundlagenforschung besteht.
Metall-Trägerkatalysatoren bestehen meist aus Edelmetall-Nanoteilchen die auf einem Trägermaterial, z.B. einem Metalloxid mit hoher spezifischer Oberfläche (mehrere hundert m2 pro Gramm), aufgebracht sind. Durch die kleine Größe der Metallteilchen (meist 1-10 nm) wird das Verhältnis zwischen der katalytisch aktiven Oberfläche der Teilchen und ihrem (zumeist) inaktiven Inneren (Volumen) optimiert – oder anders gesagt, es wird möglichst wenig Edelmetall für das Teilcheninnere „verschwendet“. Dazu kommt, dass sich die geometrische und elektronische Struktur von Edelmetall-Nanoteilchen im Größenbereich von 1-10 nm typischerweise stark verändert. Das Trägeroxid stabilisiert die feine Verteilung der („hochdispersen“) Edelmetall-Nanoteilchen, kann aber auch aktiv an der katalytischen Reaktion teilnehmen.

Um katalytische Prozesse auf molekularer Ebene verstehen zu können, müssen mehrere Randbedingungen erfüllt werden. Zunächst müssen die Struktur und Zusammensetzung und die katalytische Wirkungsweise des Katalysatormaterials bekannt sein. Daneben ist die Bestimmung der aktiven Zentren, d.h. jener spezifischer Plätze auf einem Katalysator, an denen die katalysierte chemische Reaktion stattfindet, von immenser Bedeutung. Wie bereits angesprochen kann eine katalytische Reaktion nur auf dem Edelmetall stattfinden, oder es können einzelne Teilschritte getrennt auf dem Metall und dem Oxid ablaufen, oder es kann auch die Grenzfläche zwischen dem Metall, dem Oxid und einem Reaktionsgas besonders wichtig sein. Für technisch verwendete Katalysatoren gestaltet sich die Beantwortung dieser Fragestellungen jedoch aus mehreren Gründen sehr schwierig: Die exakte strukturelle Charakterisierung der nur wenige Nanometer großen Metallteilchen ist selbst mit der modernen hochauflösenden Elektronenmikroskopie infolge störender Einflüsse des Trägermaterials oft nicht möglich, insbesondere wenn es sich um poröse Metalloxide handelt. Konventionelle Trägermaterialien sind vielfach Isolatoren, sodass oberflächenanalytische Methoden – die auf der Streuung, Absorption oder Emission von Elektronen, Ionen oder Atomen basieren – aufgrund von Aufladungseffekten meist nur eingeschränkt eingesetzt werden können. Hält man sich vor Augen, dass industriell verwendete Katalysatoren noch dazu Multikomponentensysteme sein können (aktive Komponente, Co-Katalysatoren, Promotoren, gemischte Trägeroxide, etc.), versteht man die hohe Komplexität der heterogenen Katalyse.

Modellsysteme

Die Grundlagenforschung in der heterogenen Katalyse, die es sich zum Ziel gemacht hat, Elementarprozesse auf atomarer Ebenen zu erklären, bedient sich deshalb so genannter Modellkatalysatoren, deren weniger komplexe Struktur und Zusammensetzung eine exakte Charakterisierung und die Formulierung von Struktur-Wirkungs-Korrelationen ermöglicht. In den vergangenen Jahren wurde in der Abteilung eine Reihe von Modellkatalysatoren entwickelt, die aus dünnen kristallinen Oxidfilmen und darauf deponierten Edelmetall-Nanoteilchen bestehen (siehe auch Jahrbuch 1999). Die Präparation erfolgt im Ultrahochvakuum (UHV) in einem mehrstufigen Prozess, in dem zuerst das Trägeroxid hergestellt wird und nachfolgend darauf metallische Nanoteilchen gewachsen werden. Abbildung 1 zeigt als Beispiel die Präparation eines ~0.5 nm dicken Al2O3- Modellträgers durch Oxidation eines NiAl Substrats, gefolgt von der Bedampfung mit Palladium, wodurch Pd-Nanopartikel entstehen. Durch den Einsatz von Rastertunnelmikroskopie (Scanning Tunnelling Microscopy, STM), bei der die Oberfläche mit einer feinen Spitze abgetastet wird, konnten sowohl der Al2O3-Träger als auch die darauf sitzenden Pd-Teilchen exakt charakterisiert werden. Neben Al2O3 stehen zurzeit aber auch SiO2, FeO, Fe3O4, C2r2O3, NiO, Nb2O5 und andere als Modell-Trägeroxide zur Verfügung. Die Größe, Gestalt und Oberflächenstruktur der metallischen Nanoteilchen kann durch Variation der Substrattemperatur und der Metallmenge gezielt gesteuert werden, wobei bereits verschiedene Kombinationen von Pd, Pt, Rh, Ag, Au, Pd/Co, etc. Nanoteilchen auf den genannten Oxiden untersucht wurden. Die Präparation im Ultrahochvakuum schließt unerwünschte Fremdatome und die Adsorption von Gasmolekülen und somit den Einfluss nicht kontrollierbarer Parameter aus. Die Modellkatalysatoren werden daneben mittels verschiedener oberflächenanalytischer Methoden auch hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und ihrer Wechselwirkung mit Gasmolekülen charakterisiert, so z.B. mit Photoelektronenspektroskopie (X-ray Photoelectron Spectroscopy; XPS) oder Infrarot-(Schwingungs-)Spektroskopie (Infrared Reflection Absorption Spectroscopy; IRAS).

Die Anwendung dieser Strategie führte zu neuen Erkenntnissen zur Keimbildung und zum Wachstum von Metallteilchen auf Oxiden, und zur Adsorption, Dissoziation und Reaktion kleiner Moleküle wie CO, O2, H2, NO, C2H4, etc. Diese Untersuchungen wurden jedoch „nur“ unter Ultrahochvakuum-Bedingungen (ca. 10-13 bar) ausgeführt, während die technische Katalyse natürlich bei deutlich höherem Druck stattfindet (ca. 1 bis >10 bar). Die Übertragbarkeit der UHV-Ergebnisse auf die technische heterogene Katalyse ist aufgrund der bis zu 14 Größenordnungen betragenden Druckdifferenz nicht notwendigerweise gegeben. Diese Problematik wird üblicherweise als die Drucklücke („pressure gap“) zwischen der Oberflächenanalytik und der heterogene Katalyse thematisiert. Deshalb ist es natürlich erstrebenswert, oberflächenanalytische Untersuchungen auch bei erhöhtem Druck bzw. sogar während Ablauf einer katalytischen Reaktion (in situ) durchzuführen.

In-situ Methoden.

Aus diesen Gründen wurde eine Reihe von Methoden (weiter)entwickelt, die auch im mbar bis bar Druckbereich oberflächenspezifische Informationen über an einer Katalysatoroberfläche vorhandene oder reagierende Moleküle liefern sollen. Dies ist kein einfacher Anspruch, da die Anzahl der Gasmoleküle im Probenvolumen üblicherweise sehr viel größer ist als die Anzahl der auf der Katalysatoroberfläche adsorbierten Moleküle. In der Abteilung werden zwei Methoden eingesetzt, die Schwingungsspektren von adsorbierten Molekülen während Ablauf einer katalytischen Reaktion bei 1 bar liefern, nämlich die Summenfrequenz-Laserspektroskopie (Sum Frequency Generation; SFG) und die Polarisations-Modulations-Infrarot-Reflexions-Absorptionsspektroskopie (PM-IRAS). Die Messprinzipien beider Methoden sind in Abbildung 2 verdeutlicht. Zur Messung eines SFG-Spektrums werden ein durchstimmbarer infraroter und ein festfrequenter sichtbarer (grüner) Picosekunden-Laserpuls auf der Probe örtlich und zeitlich überlagert, wobei im Fall einer Schwingungsanregung im Adsorbat (blaue) Licht-Photonen erzeugt werden, deren Frequenz der Summe der Frequenzen der Anregungsstrahlen entspricht. Ein SFG-Spektrum wird erhalten, indem die SFG-Signalintensität gegen die IR-Energie (Wellenzahl) aufgetragen wird. Da der SFG-Prozess nur in Medien ohne Inversionssymmetrie erlaubt ist, wird das SFG-Signal im wesentlichen ausschließlich vom Adsorbat an der Katalysatoroberfläche erzeugt. Bei der PM-IRAS-Spektroskopie wechselt die Polarisation des IR-Lichts zwischen p- und s-polarisiert, wodurch - nach einer Signalaufbereitung und Entfernung des Gasphasenbeitrages – Absorptions-(Schwingungs-)-Spektren eines Adsorbats auch bei Drücken bis 1 bar oberflächenspezifisch gemessen werden können.

Die Experimente werden in folgender Weise durchgeführt: Nach der Herstellung im UHV werden die Modellsysteme in eine Reaktorzelle transferiert. In dieser werden in situ SFG und/oder PM-IRAS Spektren aufgenommen, wobei im Fall katalytischer Reaktionen die Aktivität und Selektivität gleichzeitig mithilfe von Gaschromatographie und Massenspektroskopie bestimmt werden. Nachfolgend werden beispielhaft einige Anwendungen zur Untersuchung der CO- Adsorption und Hydrierung und zur Partialoxidation von Methanol unter Atmosphärendruck vorgestellt.

CO-Adsorption unter erhöhtem Druck.

Kohlenmonoxid tritt in vielen katalytischen Reaktionen auf (z.B. in der erwähnten Abgasreinigung aber auch in der Methanol- und Fischer-Tropsch-Synthese, etc.) und CO wird zudem gerne als Sondenmolekül zur Bestimmung von Adsorptionsplätzen auf metallischen Nanoteilchen eingesetzt (sowohl für konventionelle- als auch Modell-Katalysatoren). Daraus erklärt sich die Vielzahl früherer oberflächenanalytischer Untersuchungen im Ultrahochvakuum. Für die Katalyse deutlich relevanter sind jedoch Adsorptionsuntersuchungen bei erhöhtem Druck und insbesondere die Klärung der Frage, ob sich die Wechselwirkung von CO mit Metalloberflächen im UHV von jener unter erhöhtem Druck unterscheidet oder nicht. Erste „Hochdruck-Untersuchungen“ in der Abteilung haben sich deshalb mit CO-Adsorbatphasen auf Pd(111)- Einkristalloberflächen und auf Pd-Nanoteilchen auf Al2O3 beschäftigt. Abbildung 3 zeigt SFG-Messungen auf Pd(111), die im Bereich von 10-6 bis 1000 mbar durchgeführt wurden. Die atomare Struktur einer Einkristalloberfläche ist exakt definiert (die hexagonale Anordnung der Pd Atome ist schematisch dargestellt), weshalb Pd(111) ein gutes Referenzsystem darstellt. Aufgrund der beobachteten Schwingungsfrequenzen und basierend auf früheren spektroskopischen Untersuchungen konnte eine Zuweisung der Adsorptionsplätze von CO erfolgen. Beispielsweise besetzt CO bei 10-6 mbar bevorzugt so genannte Brückenplätze (2-fach verbrücktes CO) und einzelne Pd-Atome (terminales CO), während bei 1 mbar und darüber 3-fach Muldenplätze und einzelne Pd-Atome populiert werden (alle Spektren bei 190 K). Mit diesen Messungen konnten also die Adsorptionsuntersuchungen im UHV bis zu einem Druck von 1 bar ausgeweitet werden. Es konnten jedoch selbst bei 1 bar keine neuen CO-Adsorbatstrukturen („Hochdruckspezies“) beobachtet werden, woraus folgt, dass die aus oberflächenanalytischen Untersuchungen im UHV bekannten Adsorptionsgeometrien auch auf die heterogene Katalyse übertragen werden können (zumindest für das System CO/Pd(111) unter den untersuchten Randbedingungen).

Ähnliche Experimente wurden für oxidgetragenen Pd-Nanoteilchen (mittlere Größe 3-7 nm) ausgeführt. Abbildung 4 zeigt als Beispiel Messungen an Pd-Nanoteilchen mit einer mittleren Größe von 6 nm. Diese Partikel haben die Gestalt von (abgeschnittenen) Kubooktaedern, deren Oberfläche zu ca. 80% aus (111) Facetten besteht (ca. 20% der Oberfläche sind (100) Facetten mit quadratischer Anordnung der Pd-Atome). Obwohl die Pd-Teilchen einer (111) Einkristalloberfläche sehr ähnlich sind, zeigen sie deutlich verschiedene Schwingungsspektren für adsorbiertes CO (es sind nur die Bandenpositionen zu beachten, die unterschiedliche Linienform, die durch eine Anregung des NiAl-Substrats während des SFG-Prozesses hervorgerufen wird, ist hier nicht relevant). Im Vergleich von Pd-Nanoteilchen und Pd(111) fällt vor allem eine Adsorptionsbande bei ~1990 cm-1 auf, die der CO Adsorption auf den Kanten und Stufen der Pd-Teilchen zugeschrieben wird (mit einem kleinen Beitrag der (100) Facetten). Diese Spezies ist mit für die unterschiedliche katalytische Aktivität von Pd-Nanoteilchen und Pd(111) verantwortlich. Weiters ist zu beobachten, dass bei 200 K brückengebundenes CO auf Pd(111) nur bei Drücken <1 mbar auftritt, während diese Spezies auf Pd Nanoteilchen selbst bei 600 mbar noch immer anwesend ist. Zudem konnte gezeigt werden, dass die Belegung der Adsorptionsplätze stark von der Oberflächenstruktur der Pd-Teilchen abhängt, so wird beispielsweise bei größerer Oberflächenrauhigkeit vermehrt terminales CO beobachtet. Diese Experimente wurden mittlerweile auch durch PM-IRAS-Messungen bestätigt und verdeutlichen die Unterschiede in den Eigenschaften von Nanomaterialien und makroskopischen Oberflächen.

Wechselwirkung von CO und H2

Deutlich komplexere Strukturen wurden für die Wechselwirkung von CO und H2 erhalten. Die Koadsorption und Reaktion dieser beiden Moleküle ist z.B. für die Methanol-Synthese interessant. Bei sehr tiefen Temperaturen (100 K) wurde eine sehr starke Behinderung der H2-Adsorption durch CO (und umgekehrt) festgestellt (hier nicht gezeigt), sodass Reaktionsstudien unter statischen UHV-Bedingungen nicht durchführbar sind. Unter technischen Reaktionsbedingungen, d.h. bei mindestens 1 bar und bei deutlich höherer Temperatur (550 K), besteht jedoch ein dynamisches Gleichgewicht zwischen der CO/H2-Gasphase und den auf der Oberfläche adsorbierten Molekülen. Entsprechende in situ SFG-Spektren für Pd-Nanoteilchen und Pd(111) sind in Abbildung 5 gezeigt. Diese Spektren weisen auf einen hohen Bedeckungsgrad der Oberfläche mit CO hin (ca. eine halbe Monolage). Unter statischen UHV-Bedingungen ist eine Reaktion ausgeschlossen, da auf einer CO-gesättigten Oberfläche kein Wasserstoff adsorbieren kann. Unter dynamischen (Gleichgewichts-)Reaktionsbedingungen ist die H2-Adsorption jedoch infolge der bei hohem Druck hohen Oberflächen-Auftreffrate der H2-Moleküle nicht vollkommen ausgeschlossen, sodass es auch zur Reaktion von CO und atomarem Wasserstoff H zu Formyl (CHO) kommen kann. Formyl stellt die erste Stufe zur Methanol-Synthese dar. Bei genauerer Betrachtung unterscheiden sich die In-situ-Spektren von jenen unter UHV Bedingungen. So wurde terminales CO detektiert, das im UHV bei einer Bedeckung von ca. einer halben Monolage nicht auftritt. Dies deutet auf eine teilweise ungeordnete CO-Lage bzw. eine mögliche Oberflächenaufrauhung hin. Die zusätzlichen terminalen CO-Moleküle reagieren wahrscheinlich mit benachbarten Wasserstoff-Atomen zu den erwähnten Formyl-Gruppen.

Methanol-Zersetzung und -Oxidation.

Da die Methanol-Zersetzung die Umkehrung der Methanol-Synthese darstellt, können auch aus dieser Reaktion Informationen über die Methanol-Bildung gewonnen werden. Die Methanol-Oxidation ist gleichsam ein Prototyp für die Verbrennung flüchtiger organischer Verbindungen und die Partialoxidation von Methanol zu Formaldehyd ist von technischem Interesse. Beide Prozesse wurden sowohl mit SFG als auch mit PM-IRAS untersucht, einige Resultate sind in Abbildung 6 zusammengefasst.
Für den Fall der CH3OH-Zersetzung gibt es zwei Reaktionswege: (i) Dehydrierung (über C-H und O-H Bindungsbruch) zu CO und H2 und (ii) die Ausbildung kohlenstoffhältiger Ablagerungen (via C-O Bindungsbruch). Im mbar Druckbereich verlaufen beide Prozesse bereits bei Raumtemperatur schnell. Mittels SFG und PM-IRAS wurden adsorbiertes CO und Formaldehyd CH2O als Produkte der CH3OH Dehydrierung identifiziert. Durch den parallel ablaufenden C-O Bindungsbruch und der damit verbundenen Ablagerung von kohlenstoffhältigen Spezies CHx (x=0-3) erfolgt jedoch eine rasche Deaktivierung der Katalysatoroberfläche, sodass keine Reaktionsprodukte durch Gaschromatographie festgestellt werden konnten. Die Kinetik der Ausbildung von CHx wurde mithilfe der Photoelektronenspektroskopie (XPS) verfolgt. Bei Raumtemperatur und einem CH3OH-Druck von ~1 mbar wurden nahezu unmittelbar 1-2 Monolagen CHx abgeschieden.

Abbildung 6 zeigt ebenfalls Umsatz-Zeit- Kurven und in situ SFG und PM-IRAS Spektren nach der Zugabe von Sauerstoff, wobei die Oxidationsreaktion zu Formaldehyd CH22O, Kohlendioxid CO2 und Wasser H2O Temperaturen von mindestens 400 K benötigt. Unter Reaktionsbedingungen detektieren SFG und PM-IRAS CO als einzige Adsorbatspezies, was die Dehydrierung von CH3OH zu CH2O und dessen weitere Dehydrierung zu CO und nachfolgende Oxidation zu CO2 als Reaktionswege vorschlägt. Die Schwingungsfrequenzen entsprechend dabei typischen Werten von CO auf (metallischem) Pd. XPS-Spektren, die nach der Reaktion aufgenommen wurden, weisen jedoch auf eine mögliche partielle Oxidation der Pd-Nanoteilchen unter Reaktionsbedingungen hin. Weitere Experimente zur Aufklärung dieses Verhaltens werden derzeit durchgeführt. Die Veränderung der Katalysatoroberfläche bzw. deren Zusammensetzung während der Reaktion erschwert natürlich die Formulierung von Struktur-Aktivitäts-Korrelationen, doch solche Veränderungen sind auch für konventionelle Katalysatoren möglich und manchmal sogar für eine hohe katalytische Aktivität notwendig.

Die Kombination von In-situ-Methoden (SFG/PM-IRAS und anderen) mit einem gut definierten Nanoteilchen-Modellkatalysator ist sicherlich eine vielversprechende Methode, die „Drucklücke“ zwischen der Grundlagenforschung und der angewandten Katalyse zu überbrücken. Die zukünftige Anwendung dieser Strategie auf neue und auch komplexere Modellsysteme und Reaktionen kann sicherlich zum einem besseren Verständnis der heterogenen Katalyse beitragen.

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