Forschungsbericht 2003 - Friedrich-Miescher-Laboratorium für biologische Arbeitsgruppen in der Max-Planck-Gesellschaft

Regulation der Knospung von retrograden Transportvesikel in der Hefe S. cerevisiae

Autoren
Spang, Anne
Abteilungen

Hefe und Würmer: Modellsysteme für intrazellulären Transport (MPG) (Dr. Anne Spang)
Friedrich-Miescher-Laboratorium für biologische Arbeitsgruppen in der MPG, Tübingen

Zusammenfassung
Membran- und Proteintransport sind essentielle Vorgänge in der Zelle. Die meisten Organellen in der Zelle sind von einer Membran umgeben, die das unkontrollierte Vermischen des Inhalts der Kompartimente mit dem Cytoplasma verhindern soll. Die Kommunikation zwischen verschiedenen Organellen wird durch Membranhohlkugeln, so genannte Vesikel, vermittelt. Wir untersuchen die Regulation von Protein- und Membrantransport in verschiedenen Systemen. In der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae beschäftigen wir uns hauptsächlich mit dem Lebenszyklus eines Transportvesikels, das am Golgi-Apparat gebildet wird und mit dem endoplasmatischen Retikulum (ER) verschmelzen wird. Dahingegen untersuchen wir im Fadenwurm Caenorhabditis elegans wie Membranen in die Teilungsebenen während der Cytokinese transportiert werden. Die Cytokinese stellt den letzten Schritt in der Zellteilung dar. Nachdem die DNA gleichmäßig auf 2 Pole in der Zelle verteilt wurde (in der Mitose), wird neue Membran an der Plasmamembran zwischen den beiden Polen eingefügt. Diese neue Membran teilt dann den Zellinhalt, wobei zwei Zellen erhalten werden, die sich dann wieder von neuem in den Zellzyklus eintreten können.

Transportvesikel befördern lösliche und Membran-Proteine zwischen den verschiedenen für die Sekretion wichtigen Kompartimenten in der eukaryotischen Zelle. Um ein Transportvesikel herzustellen, binden Hüllproteine (coat-Proteine) an die Donormembran und deformieren dabei die Membran derart, dass sich eine Knospe bildet. Die zu transportierenden Proteine (Cargo) werden dann spezifisch in die entstehenden Vesikel aufgenommen. Die Vesikel trennen sich dann von der Donormembran, bewegen sich eine bestimmte Entfernung bis sie mit der Akzeptororganelle verschmelzen.

Zum Zeitpunkt der Knospung der Vesikel müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit sich ein funktionelles Vesikel bilden kann: 1. Die verschiedenen intrazellulären vesikulären Transportsysteme benutzen verschiedene Hüllproteine. Daher muss sichergestellt werden, dass die richtigen cytosolischen Hüllproteine an die Donormembran binden. 2. Die Transportvesikel müssen bestimmte Membranproteine bzw. Transportfaktoren beinhalten, die für einen späteren Schritt (z. B. die Vesikelfusion) essentiell sind. Diese Proteine müssen mit großer Sicherheit in die Vesikel rekrutiert werden. 3. Cargo-Proteine müssen erkannt und in die knospenden Vesikel einverleibt werden.
Wie bilden sich die Vesikelhüllen auf der Donormembran? Beeinflussen Transportfaktoren und Cargo diesen Prozess? Diese und weitere Fragen versuchen wir zur Zeit zu beantworten.
Vesikel, die in frühe Transportschritte (z.B. zwischen ER und Golgi-Apparat) involviert sind, haben entweder einen COPI oder COPII coat. Die COPI-Hülle besteht aus einem heptameren Proteinkomplex (α-, β-, β`, δ-, ε-, ζ- coat) von etwa 700 kDa und der kleinen GTPase Arf1p. Zu den COPII-Komponenten zählen zwei Heterodimere (der Sec23/24- und der Sec13/31-Komplex) sowie die kleine GTPase Sar1p. Während die COPI- und die COPII- Hülle für den anterograden Transport gebraucht werden, hängt der retrograde Transport nur von den COPI-Hüllproteinen ab.
Um die Regulation der Knospung von Transportvesikel besser zu verstehen, versuchen wir die verschiedenen Schritte, die zu einem Vesikel führen, in vitro nachzustellen.

So konnte bereits gezeigt werden, dass Vesikel durch Inkubation von synthetisch, chemisch-definierten Liposomen mit aufgereinigten COPI-Hüllproteinen, der kleinen GTPase Arf1p und Nukleotiden gebildet werden konnten (Spang et al., 1998). Diese Vesikel hatten die gleiche Größe wie die Vesikel in vivo. Dies zeigt, dass die Hüllproteine verantworlich sind für die Größe der Vesikel. Obwohl diese Transportcontainer ohne Cargo oder andere Membranproteine entstanden, bedeutet dies nicht, dass in vivo "leere" Vesikel vorkommen. Daher wollen wir zeigen, dass Transportfaktoren, die für die Verschmelzung des Vesikels mit der Akzeptormembran benötigt werden, in Vesikel eingeschlossen werden, indem sie die Knospungsstelle markieren. So führt die Erhöhung der Bindestellen für Hüllproteine zu einer vermehrten Vesikelbildung (Sandmann et al. 2003)
Eine weitere Stufe der Regulation bietet die Aktivierung und Rekrutierung der kleinen GTPase Arf1p zur Donormembran. Dieser Prozess wird durch einen so genannten Guanin-Nukleotid-Austauschfaktor (GEF) gesteuert. Außerdem benötigt Arf1p ein weiteres Protein zur Stimulierung der Aktivität, ein so genanntes GTPase aktivierendes Protein (ARF-GAP). Wir untersuchen, wie die beiden Regulatorproteine selber reguliert werden, um zu einem besseren Verständnis des räumlichen und zeitlichen Ablaufs der Knospung von Vesikel zu gelangen. Wir konnten zeigen, dass ARF-GAP nicht nur wichtig für die Stimulierung der GTPase-Aktivität von Arf1p ist, sondern auch bei der Knospung von Vesikel und der Aufnahme von Transportfaktoren eine essentielle Rolle spielt (Rein und Spang, 2002; Lewis et al., in press).
Wir untersuchen nicht nur die direkte Interaktion zwischen verschiedener am Transport beteiligter Proteine, sondern stellen auch den Vorgang des retrograden Transports vom Golgi zurück in das endoplasmatische Retikulum im Reagenzgefäß nach (Spang und Schekman, 1998). Dieser Transportassay erlaubt uns komplexe Interaktionen und Regulationsmechanismen zu untersuchen. Wir konnten z.B. kürzlich zeigen, dass es einen bislang unbekannten Mechanismus gibt, der verhindert, dass Vesikel mit der Membran des Kompartimentes verschmilzt von der er gebildet wurde (Kamena und Spang, 2004).
Desweitern untersuchen wir in der Arbeitsgruppe die Fusion von Transportvesikel mit Akzeptormembranen, sowohl im retrograden Transport vom Golgi zum ER als auch bei der Zellteilung während der Cytokinese. Für das letztere Projekt benutzen wir den Nematoden C. elegans als Modellorganismus. Somit wird in unserer Arbeitsgruppe der komplette "Lebenszyklus" eines Vesikels von der Enstehung bis zu Verschmelzung mit der Zielmembran.

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