Kosmetik statt wirkungsvoller Verteidigung

Der Brandpilz Ustilago maydis lässt Maispflanzen Farbstoffe anstelle von Lignin produzieren

29. Januar 2014
Der Brandpilz Ustilago maydis ist ein gefürchteter Maisschädling. Als Schutz vor dem Erreger verstärken infizierte Pflanzen ihre Zellwände mit Lignin und verhindern so, dass er sich in der Pflanze ausbreitet. Der Pilz manipuliert jedoch den Stoffwechsel der Pflanze und macht sie dadurch verwundbar. Anstelle von Lignin stellen sie auf Befehl des Pilzes große Mengen an Anthocyan-Farbstoffen her. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forscherteam unter der Leitung von Regine Kahmann vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg. Die Wissenschaftler vermuten, dass weitere Krankheitserreger von Pflanzen ebenfalls diese Strategie verwenden und Pflanzen am Verholzen ihres Gewebes hindern. Lignin-arme Maispflanzen, wie sie auch zur Erzeugung von Biokraftstoffen gezüchtet werden, sind deshalb für eine Infektion mit Ustilago maydis besonders anfällig.

Ein vom Maisbeulenbrand befallenes Feld ist nicht schön anzusehen. Wo sonst gelbe Kolben wachsen, entstehen große schwarze Gallen, in denen sich der Brandpilz vermehrt. Ustilago maydis ist darauf angewiesen, dass seine Wirtspflanze am Leben bleibt und ihn ernährt. Da die meisten Nährstoffe in den Leitungsbahnen der Pflanzen transportiert werden, muss der Pilz sich dorthin vorarbeiten. Die Pflanzen versuchen dies zu verhindern, indem sie ihre Zellwände verholzen lassen und undurchdringlich machen.

Doch ein vom Pilz abgesondertes Protein namens Tin2 untergräbt diese pflanzliche Immunantwort. Es sorgt dafür, dass die Bauteile, die zur Herstellung des Holzstoffs Lignin nötig sind, vermehrt zur Synthese von Farbstoffen verwendet werden. Anstatt also Barrikaden zu bauen, färben sich die infizierten Pflanzenteile rot.

Anthocyane geben vielen Blüten und Früchten eine rote bis blaue Farbe und haben durchaus nützliche Eigenschaften: Sie locken Bestäuber an und schützen die Pflanzenzellen vor freien Radikalen. „Der Mais scheint jedoch von der erhöhten Anthocyan-Synthese keinen Vorteil zu haben“, sagt Kahmann. Da Mais nicht als Einziger auf eine Pilzinfektion mit der Produktion von Anthocyanen reagiert, gingen Wissenschaftler bisher davon aus, dass es sich dabei lediglich um eine unspezifische Stressantwort handelt. Die Marburger Forscher haben nun erstmals eine direkte Verbindung zwischen Anthocyanen und der Infektiosität eines Krankheitserregers aufgedeckt.

Wenn also das Verteidigungsmolekül Lignin fehlt, sind Pflanzen verwundbarer. Diese Ergebnisse haben auch für die Forschung an nachwachsenden Rohstoffen Bedeutung. So kann auch die wichtige Energiepflanze Zuckerrohr von Brandpilzen befallen werden. Da Lignin die Herstellung von Bioethanol behindert, wird weltweit an Pflanzen mit Lignin-armen Zellwänden geforscht. „Das dürfte eine Reihe von Problemen mit sich bringen“, sagt Kahmann, „denn ich könnte mir vorstellen, dass andere Krankheitserreger einen ähnlichen Angriffsweg haben.“ Jetzt wollen die Wissenschaftler untersuchen, ob andere Pilze tatsächlich auf dieselbe Strategie zurückgreifen.

CS/HR

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