Recht zufällig Recht

Recht zufällig Recht

Zwei Vorstellungsrunden und einen Probearbeitstag musste Alexandra Müller bestehen, ehe sie ihre Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste in der Bibliothek des MPI für ausländisches und internationales Sozialrecht begann – ein Glückstreffer, wie sich herausstellte. Alexandra Müller ist die erste und bisher einzige Auszubildende in der Bibliothek am Institut.

An diesem Vormittag gibt es viel zu tun. „Das elektronische Bibliothekssystem, das von 34 Institutsbibliotheken genutzt wird, ist mein zentrales Arbeitsmittel von der Bestellung und Katalogisierung bis hin zur Ausleihe“, erzählt Alexandra Müller. Bereits mit 16 Jahren hat die zierliche Frau aus der Nähe von Rosenheim ihre Ausbildung am Institut in München begonnen. Sie bestellt über das System Bücher, nachdem sie vorher den Bestand auf mögliche Dubletten überprüft hat, kontrolliert Lieferungen und katalogisiert Loseblattsammlungen und Monografien. Außerdem scannt sie die Veröffentlichungen der  Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und ist für die „Bestands- oder Regalpflege“ zuständig. So bezeichnet man die Tätigkeit, Bücher ins Regal zu räumen, gerade zu rücken und zurückzunehmen.

Fach- oder Fantasybücher

Die Bibliothek des MPI für Sozialrecht gilt als die weltweit größte ihrer Art. Derzeit umfasst sie über 110.000 Bände und bietet eine einzigartige Sammlung an Spezialliteratur zum deutschen und ausländischen Sozialrecht. „Eigentlich mag ich alles an meinem Job ziemlich gerne“, sagt Alexandra Müller, „vor allem, dass es hier ruhiger zugeht als in einer Stadtbücherei.“ Nur eines kann sie nicht so gut leiden: „Bibliotheksführungen, besonders auf Englisch!“ Denn Fremden gegenüber ist sie eher schüchtern. „Ich könnte nie in einer öffentlichen Bibliothek arbeiten, auch weil ich dort den ganzen Tag schmökern würde, anstatt zu arbeiten. Bei meinen Freunden werde ich aber schon mal zur Quasselstrippe." Am liebsten liest die junge Frau Fantasy-Bücher, doch auch die juristischen Inhalte hat sie in zwei Jahren Ausbildung kennen und schätzen gelernt. „Wenn man allmählich versteht, um was es geht, ist es sogar richtig interessant.“

Eine gute Auffassungsgabe ist Bedingung

In der Berufsschule stehen im Blockunterricht Medienmarketing, -erschließung und -ethik auf dem Stundenplan. Während der Praxisphasen macht Alexandra Müller regelmäßig Praktika in anderen Bibliotheken oder Buchhandlungen. Das gehört zum Ausbildungskonzept der Institutsbibliothek. „Die Praktika sind zwar immer interessant und geben einen guten Überblick“, erzählt die 19-Jährige, „aber die Stelle hier würde ich niemals tauschen wollen.“

Schließlich ist Alexandra Müller froh, sie bekommen zu haben. Die Bibliothek am MPI gehörte zu den wenigen, die nicht ausschließlich Abiturienten zum Vorstellungsgespräch einluden, berichtet sie. Sie kommt von der Hauptschule, wechselte in der siebten Jahrgangsstufe dort in eine so genannte M-Klasse und hat nach insgesamt zehn Schuljahren ihre Mittlere Reife gemacht. In der Schule mochte sie Deutsch am liebsten. „Für die Ausbildung braucht man aber vor allem eine gute Auffassungsgabe, um Fragestellungen schnell zu verstehen“, erzählt sie.

Ein Volltreffer - für beide Seiten!

Für Henning Frankenberger, den Leiter der Fachbibliothek, war eines besonders wichtig: „Der Bewerber muss ins Team passen. Ausbildung kann nur ohne innere Vorbehalte funktionieren. Da kommt es auf die richtige Chemie an.“ In die Azubiauswahl bezog er deshalb alle seine Mitarbeiter ein. „Beim Vorstellungsgespräch war das ganz schön unheimlich, als alle vor mir saßen“, erinnert sich Alexandra Müller. Gelohnt hat sich die Mühe für beide Seiten: „Unsere Entscheidung war ein Volltreffer“, bestätigt Frankenberger. Wegen der positiven Erfahrungen möchte er gerne weiterhin ausbilden. „Aber bevor wir jemand Neuen einstellen, möchte ich, dass unsere Frau Müller die Ausbildung erfolgreich abschließt."

Julia Merlot

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