Forschungsbericht 2013 - Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH

Eine neue Klasse aktiver und hochstabiler Brennstoffzellenkatalysatoren

Autoren
Meier, Josef C.; Galeano, Carolina; Mezzavilla, Stefano; Baldizzone, Claudio; Schüth, Ferdi; Mayrhofer, Karl J. J.
Abteilungen
Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Heterogene Katalyse (Ferdi Schüth) / Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH, Arbeitsgruppe Elektrokatalyse (Karl J. J. Mayrhofer), Grenzflächenchemie und Oberflächentechnik (Martin Stratmann)
Zusammenfassung
Warum werden unsere Autos heute noch immer nicht serienmäßig von Brennstoffzellen angetrieben? – Einer der wichtigsten Gründe dafür besteht in dem Verschleiß der essentiellen Katalysatoren während des Brennstoffzellenbetriebs, was zu einer Abnahme der Aktivität bzw. einem kompletten Leistungsverlust führt. Forscher aus zwei Max-Planck-Instituten haben sich dieses Problems angenommen und in Kooperation gezielt neue nanostrukturierte Materialien entwickelt und analysiert; ein erster Durchbruch gelang nun mit einem Hochleistungselektrokatalysator mit hervorragenden Stabilitätseigenschaften.

Hintergrund

Brennstoffzellen gelten als umweltfreundliche Technologie mit dem Potenzial, Verbrennungsmotoren in unseren Fahrzeugen zu ersetzen. Auf diesem Wege sollen sie gemeinsam mit Batterien den Energiewandel auch im automobilen Sektor voranbringen. Vor diesem Hintergrund haben in den vergangenen Jahren alle Automobilkonzerne ihre Entwicklungsarbeit im Bereich der elektrochemischen Energieumwandlung erheblich ausgebaut. Die wohl größte Hürde auf dem Weg zum brennstoffzellenbetriebenen Auto stellt dabei heute der Elektrokatalysator dar. Er besteht aus Platin, das fein verteilt in Form von Nanopartikeln auf einem Kohlenstoffträger die notwendigen Reaktionen mit hoher Effizienz ermöglicht. Die aggressiven Bedingungen in der Zelle, insbesondere auf der Kathodenseite während der Sauerstoffreduktion (niedriger pH, oxidierende Bedingungen, hohe und schwankende Potenziale, etc.), führen jedoch zum Verschleiß des Katalysators und damit zum Verlust von elektrochemisch aktiver Oberfläche über die Zeit. Der damit einhergehenden Verringerung der Effizienz wird derzeit durch den Einsatz entsprechend größerer Mengen an seltenem und teurem Platin entgegengewirkt, was jedoch eine sinnvolle wirtschaftliche Nutzung verhindert. In einer gemeinsamen Forschungskooperation haben sich das MPI für Kohlenforschung (MPI-KOFO) und das MPI für Eisenforschung (MPIE) der Verbesserung der Stabilität angenommen, und dabei gezielt eine neue, vielversprechende Klasse an Katalysatoren hervorgebracht.

„Dem Anwenden muss das Erkennen vorausgehen“ – Das grundlegende Verständnis des Katalysatorverschleißes

Entscheidend für eine systematische Entwicklung von stabileren Katalysatormaterialien, welche auch bei geringerem Einsatz an Platin die erforderliche Lebensdauer besitzen, ist ein umfangreiches Wissen über die möglichen Abnutzungsprozesse [1]. Dafür wurde am MPI-KOFO eine Serie von Brennstoffzellenkatalysatoren mit definierten strukturellen Eigenschaften synthetisiert, welche am MPIE auf Aktivität und Stabilität untersucht wurden. Zusätzlich zu rein elektrochemischen Verfahren wurde ein spezieller Ansatz der Elektronenmikroskopie eingesetzt, um insbesondere strukturelle Veränderungen auf der Nanoskala unter simulierten Betriebsbedingungen detailliert zu bestimmen. Diese Methode, genannt IL-TEM (Identical location transmission electron microscopy), ermöglicht die Alterung von einzelnen Katalysatorpartikeln nach dem Betrieb direkt sichtbar zu machen [2, 3]. Dabei sind insbesondere die Prozesse unter simulierten Start-Stopp-Bedingungen in einer Brennstoffzelle von Interesse, da die dabei auftretenden hohen und stark schwankenden Potenziale an der Kathode für die Katalysatorstabilität die größte Herausforderung darstellen. Mit dem Verfahren war es nun möglich zu zeigen, dass alle der in Abbildung 1 dargestellten Prozesse, also Platinauflösung, Ostwald-Reifung, Korrosion des Trägermaterials, Ablösung ganzer Partikel vom Träger sowie Agglomeration und Verschmelzung der Partikel, unter Start-Stopp-Bedingungen gemeinsam auftreten, das Ausmaß jedoch von Material zu Material deutlich variieren kann [3, 4]. Abbildung 2 zeigt dafür beispielhafte IL-TEM-Aufnahmen eines Pt-Katalysators auf einem herkömmlichen Kohlenstoffträger, links vor und rechts nach elektrochemischer Alterung unter simulierten Bedingungen. Hierbei konnte nachgewiesen werden, dass insbesondere die Verschmelzung als Folge einer nicht hinreichenden Trennung der Platinpartikel eine dominante Rolle gerade zu Beginn des Verschleißes spielt, und einen signifikanten Verlust an Platinoberfläche nach sich zieht.

Verbesserung der Katalysatorleistung – Gezielte Entwicklung von stabilen Materialien

Durch die systematischen Studien über die letzten drei Jahre konnten wichtige Fortschritte im Verständnis der Wechselbeziehung von Katalysatorstruktur und Verschleiß gewonnen werden. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse wurden wiederum am MPI-KOFO für die Entwicklung eines neuartigen nanostrukturierten Materials genutzt. Dabei kommt ein besonderer, speziell entwickelter Kohlenstoffträger zum Einsatz, der die Form von Hohlkugeln mit einer mesoporösen, graphitisierten Schale mit einer Dicke von etwa 30-50 nm besitzt. Der umschlossene Hohlraum erleichtert den Massentransport, während die Poren der Kohlenstoffschale ein dreidimensionales Netzwerk bilden und somit Raum für die Einbettung von Platinnanopartikeln bieten. Nach der Abscheidung von Platin in der mesoporösen Porenstruktur erfolgt eine Temperaturbehandlung, welche ein Sintern der zunächst fein verteilten Platinpartikel nach sich zieht. Hierbei wird das Partikelwachstum durch die Porenstruktur kontrolliert, sodass sich höchst geeignete Partikelgrößen von etwa 3-4 nm einstellen [1, 5]. Die Synthese ist systematisch in Abbildung 3 zusammengefasst.

Abbildung 4A und B zeigt den entwickelten Katalysator vor und nach simulierten Start-Stopp-Bedingungen. Dabei wurden Transmissionelektronenmikroskopieaufnahmen (in rot) und Rasterelektronenmikroskopieaufnahmen (in grün) einander überlagert, wobei erstere die Platinnanopartikel im gesamten Material, letztere insbesondere die Oberflächenmorphologie des Kohlenstoffträgers zeigen [5]. Im Gegensatz zum herkömmlichen Katalysator (Abb. 2) weist der Kohlenstoffhohlkugel-basierte Katalysator keine nennenswerte Verschmelzung der Partikel auf. Dies wird durch einen Vergleich der Änderung der Partikelgrößenverteilungen im Verlauf des Abnutzungstests bestätigt. Während der Standardkatalysator mit dem herkömmlichen Trägermaterial nach nur 3600 Start-Stopp-Zyklen ein deutliches Partikelwachstum mit einer für Agglomeration typischen Partikelgrößenverteilung aufweist (Abb. 4D), ist kein signifikantes Partikelwachstum für den neuen Brennstoffzellenkatalysator sichtbar (Abb. 4C) [1, 5]. Die besondere Stabilität des neuen Materials spiegelt sich auch in einem vergleichsweise geringen Verlust an Partikeln wider, was zusammen eine überragende elektrochemisch aktive Oberfläche und Leistung über die gesamte Betriebszeit ergibt. Dieses Verhalten konnte mittlerweile auch in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Brennstoffzellentechnik in Duisburg im Rahmen von in-situ Messungen in realen Brennstoffzellensystemen bestätigt werden.

Ausblick – Ein Forschungsansatz mit hohem Potenzial

Durch die Kombination der komplementären Expertisen von zwei Max-Planck-Instituten und der wechselseitigen Optimierung der Nanostruktur und der Untersuchung ihres Einflusses auf den Verschleiß auf Nanoebene wurde ein höchst stabiler Katalysator entwickelt. Er verbindet verschiedene Vorteile, welche die potenziellen Abnutzungsprozesse in Brennstoffzellen unterbinden, wie die Einbettung der Platinnanopartikel in die mesoporöse Schalenstruktur deren Verschmelzung oder Ablösen, ohne dabei die Zugänglichkeit für die elektrochemischen Reaktionen zu verlieren. Des Weiteren verringert die Graphitisierung der Kohlenstoffhohlkugeln die Korrosion des Trägermaterials bei höheren Temperaturen sowie eine Partikelgröße über 3 nm eine signifikante Auflösung. Die dadurch deutlich verbesserte Lebensdauer und das damit verbundene Einsparungspotenzial an Edelmetallen zeigen, welche entscheidende Bedeutung die Stabilität generell für Elektokatalysatoren besitzt. Die beschriebene Vorgehensweise für die Entwicklung von Brennstoffzellenkatalysatoren wird auch in Zukunft als Blaupause für das Design von Katalysatoren für andere, bedeutende elektrochemische Systeme wie zum Beispiel die Elektrolyse dienen [6]. Somit soll das Ziel erreicht werden, mit elektrochemischer Energieumwandlung auch über den automobilen Sektor hinaus einen entscheidenden und nachhaltigen Beitrag zur Energiewende zu leisten.

 Literaturhinweise

Meier, J. C.; Galeano, C.; Katsounaros, I.; Witte, J.; Bongard, H. J.; Topalov, A. A.; Baldizzone, C.; Mezzavilla, S.; Schüth, F.; Mayrhofer, K. J. J.
Design criteria for stable Pt/C fuel cell catalysts
Beilstein Journal of Nanotechnology 5, 44-67 (2013)
Mayrhofer, K. J. J.; Meier, J. C.; Ashton, S. J.; Wiberg, G. K. H.; Kraus, F.; Hanzlik, M.; Arenz, M.
Fuel cell catalyst degradation on the nanoscale
Electrochemistry Communications 10, 1144–1147 (2008)
Meier, J. C.; Katsounaros, I.; Galeano, C.; Bongard, H. J.; Topalov, A. A.; Kostka, A.; Karschin, A.; Schüth, F.; Mayrhofer, K. J. J.
Stability investigations of electrocatalysts on the nanoscale
Energy and Environmental Science 11, 9319-9330 (2012)
Meier, J. C.; Galeano, C.; Katsounaros, I.; Topalov, A. A.; Kostka, A.; Schüth, F.; Mayrhofer, K. J. J.
Degradation mechanisms of Pt/C fuel cell catalysts under simulated start-stop conditions
Acs Catalysis 2, 832–843 (2012)
Galeano, C.; Meier, J. C.; Peinecke, V.; Bongard, H.; Katsounaros, I.; Topalov, A. A.; Lu, A.; Mayrhofer, K. J. J.; Schüth, F.
Toward highly stable electrocatalysts via nanoparticle pore confinement
Journal of the American Chemical Society 134, 20457–20465 (2012)
Katsounaros, I.; Cherevko, S.; Zeradjanin, A. R.; Mayrhofer, K. J. J.
Oxygen electrochemistry as a cornerstone for sustainable energy conversion
Angewandte Chemie International Edition 53, 102-121 (2014)

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht