Innere Rotation eines fernen Sterns aufgedeckt

Mit Daten des Weltraumteleskops CoRoT machen Forscher außerdem einen Exoplaneten dingfest

30. Juli 2013
Wissenschaftler unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung und der Universität Göttingen haben zweifelsfrei die innere Rotation eines sonnenähnlichen Sterns gemessen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich der Stern HD52265 etwa 2,3-mal so schnell dreht wie die Sonne und seine Achse um 30 Grad gegenüber der Verbindungslinie zur Erde geneigt ist. Zudem haben die Forscher bewiesen, dass der den Stern umkreisende Körper in der Tat ein Exoplanet ist und nicht – wie zuvor argumentiert worden war – ein Brauner Zwerg, also eine verhinderte Sonne. Bei einer derartigen Massenbestimmung kamen zum ersten Mal Methoden der Asteroseismologie zum Einsatz.

In Sternen, die der Sonne ähneln, steigt heißes Plasma im Innern auf, kühlt ab und sinkt wieder herab. Forscher sprechen von Konvektion. Dieser Vorgang erzeugt Druck- und Schallwellen, die im Stern eingeschlossen sind. Sie sorgen dafür, dass der Stern wie eine Glocke vibriert. Die Asteroseismologie nutzt die Schwingungen an der Oberfläche, um – neben anderen Eigenschaften – die Rotation im Innern von Sternen zu bestimmen.

Die Gruppe unter Leitung von Laurent Gizon, Direktor am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung und Professor an der Universität Göttingen, verwendete für ihre Studie Daten des Weltraumteleskops CoRoT. Zwischen November 2008 und März 2009 blickte das Teleskop 117 Tage lang ohne Pause auf den mehr als 90 Lichtjahre entfernten Stern HD52265 in der Konstellation Einhorn. Solch lange und ununterbrochene Beobachtungszeiten sind entscheidend, um die Schwingungsfrequenzen eines Sterns mit der notwendigen Genauigkeit zu bestimmen.

„Die Drehung des Sterns hinterlässt winzige Spuren in den Frequenzen, mit denen er schwingt”, sagt Laurent Gizon. Druckwellen, die sich in Richtung der Rotationsbewegung ausbreiten, sind schneller als solche, die sich in die entgegengesetzte Richtung bewegen. Das führt zu Unterschieden in den Schwingungsfrequenzen, die im hypothetischen Fall eines nicht-rotierenden Sterns gar nicht vorhanden wären. Die Sichtbarkeit der einzelnen Schwingungen hängt zudem vom Betrachtungswinkel des Sterns ab.

„Die asteroseismologischen Ergebnisse stimmen hervorragend mit denen anderer, unabhängiger Messungen überein“, betont Gizon. Eine dieser Methoden misst die Geschwindigkeit, mit der sich dunkle Sternflecken auf der Oberfläche eines Sterns bewegen. Die neuen Ergebnisse zeigen, dass sich im Fall von HD52265 die Rotationsgeschwindigkeiten an der Oberfläche und die in seinem Innern sehr ähneln. Das gilt im Übrigen auch für die Sonne und sonnenähnliche Sterne.

Seit mehr als zehn Jahren wissen die Astronomen, dass HD52265 von einem anderen Himmelskörper umkreist wird. „Da wir seine Masse jedoch nicht kannten, war unklar, ob er zu einer Klasse massearmer Sterne, sogenannter Brauner Zwerge, gehört oder ob es sich um einen Exoplaneten handelt“, sagt Thorsten Stahn von der Universität Göttingen.

Eine untere Grenze für die Masse von HD52265b – wie der Begleiter genannt wird – hatten Forscher bereits zuvor mittels der Radialgeschwindigkeitsmethode bestimmt. Sie nutzten dafür die Tatsache, dass der Stern und sein Begleiter streng genommen um den gemeinsamen Massenschwerpunkt kreisen. Von der Erde aus betrachtet sieht es deshalb so aus, als „wackele“ der Stern leicht hin und her.

Die genaue Masse lässt sich jedoch nur bestimmen, wenn man auch die Neigung der Bahnachse kennt. Die Asteroseismologie gestattet es, die Neigung der Drehachse des Sterns zu berechnen. Da in der Regel angenommen wird, dass beide Achsen dieselbe Neigung aufweisen, konnten die Forscher die untere Grenze für die Masse in die tatsächliche Masse umrechnen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass HD52265b etwa 1,85-mal so schwer ist wie der Jupiter“, sagt Stahn. „Der Körper kann deshalb kein Brauner Zwerg sein.“

„Das wirft die Frage auf: Wie konnte ein solch riesiger Planet in so geringer Entfernung zu einem Stern entstehen“, sagt Hannah Schunker vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung. Die Neigung der Drehachse berge zusätzliche Informationen über dieses System aus Stern und Planet. „Das kann uns helfen zu entscheiden, welches Szenario für Entstehung und Evolution des Systems am wahrscheinlichsten ist“, so Schunker.

Die neuen Ergebnisse belegen auf eindrucksvolle Weise das Potenzial der Asteroseismologie, die Geheimnisse des Innern von Sternen zu lüften und Exoplaneten zu charakterisieren, die sie umkreisen.

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Die Studie wurde im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 963 „Astrophysikalische Strömungsinstabilität und Turbulenz“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft vorgenommen. In dem Bereich arbeiten elf Forschungseinrichtungen aus Göttingen und Umgebung eng zusammen. Das Teilprojekt „Asteroseismologie und Dynamos in sonnenähnlichen Sternen“ wird von Laurent Gizon und Hannah Schunker geleitet.

BK / HOR

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