Archaeen spielen Schlüsselrolle beim Proteinabbau im Meeresboden

Die Mikroorganismen tragen maßgeblich zum Kohlenstoffkreislauf der Ozeane bei

27. März 2013

Archaeen zählen zu den häufigsten Organismen des Meeresbodens. Wie die zellkernlosen Mikroorganismen am Grund der Ozeane leben, war jedoch bislang kaum bekannt. Ein Forscherteam hat nun vier einzelne Zellen aus dem Meeresboden der Bucht von Aarhus analysiert und ihr Genom entschlüsselt. Demnach können Archaeen Proteine zersetzen. Bislang ging die Wissenschaft davon aus, dass Proteine im Meer nur von Bakterien zersetzt werden können. Jetzt wird klar, dass Archaeen eine Schlüsselrolle beim Proteinabbau und damit im globalen Kohlenstoffhaushalt spielen.

Obwohl Archaeen die häufigsten Lebewesen auf der Welt sind, sind sie außerhalb der Wissenschaft eher unbekannt. Neben den Bakterien und den zellkernhaltigen Eukaryoten stellen die Archaeen den dritten Ast des Baums des Lebens dar. Entdeckt wurden sie in extremen Habitaten wie den heißen Quellen, aber auch in Kuhmägen und Reisfeldern, wo sie Methan bilden.

Erst in den letzten Jahren haben Forscher entdeckt, dass Archaeen sehr häufig vorkommen und einen großen Anteil der Lebewesen im Meeresboden stellen. Bo Barker, ehemaliger Direktor am Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen und Leiter des Center of Geomicrobiology in Aarhus, sagt: „Eine realistische Schätzung ist, dass Archaeen die Gruppe Lebewesen auf der Erde mit den meisten Individuen ist. Die Anzahl an Archaeen ist größer als die Anzahl aller Sandkörner aller Strände auf der Erde.“

Zum ersten Mal ist es Wissenschaftlern gelungen, Archaeen aus einer Sedimentprobe zu isolieren und ihre Genome zu charakterisieren. Archaeen wachsen nämlich bislang nicht unter Laborbedingungen. Deshalb konnten die Forscher keine der üblichen physiologischen Tests durchführen. „Stattdessen haben wir die Zellen von den Sedimentkörnern getrennt und anschließend ihr Erbgut vervielfältigt und die Gene kartiert. So konnten wir zeigen, dass es sich um Archaeen handelt. Gleichzeitig haben wir so neue Information über ihre Lebensweise gewonnen“, sagt Andreas Schramm vom Center of Geomicrobiology.

Michael Richter von der Bremer Firma Ribocon hatte die Software zur Auswertung der Genomdaten entwickelt und die Analyse der Genome begleitet. Nur mit den Genomsequenzen allein ist es leider nicht getan. Die Rohdaten müssen wie bei einem Buch in fremder Sprache zunächst in Worte, Sätze, Satzzeichen, Kapitel und Abschnitte sortiert werden, also die einzelnen Gene und Steuerelemente sichtbar gemacht werden. „Das schafft unsere Software. Die Forscher können dann komplette Stoffwechselwege und Transportprozesse der Zelle im Computer nachvollziehen.“

Diese Methode öffnet die Türen zu einer Welt neuen Wissens für Mikrobiologen. Forscher können damit einzelne Mikroorganismen untersuchen wie Zoologen eine einzelne Maus – eine Methode, auf die Mikrobiologen lange warten mussten. Denn bisher konnte man nur die Stoffwechsel der Mikroorganismen untersuchen, die auch in Kultur im Labor wachsen. Dies tun aber nur ein Prozent. Mit der neuen Methode können die Forscher nun auch die restlichen 99 Prozent analysieren, und das sogar ohne Zellkulturen direkt aus der Natur. Neue unbekannte Funktionen von Mikroorganismen können so entdeckt werden.

MS/HR

 

Zur Redakteursansicht