Europäische und globale Sozialforschung verzahnen

Europäische und globale Sozialforschung verzahnen

Das Max Planck-Sciences Po Center on Coping with Instability in Market Societies (kurz: MaxPo) ist in Paris angesiedelt, dem Sitz des universitären Partners. Es konzentriert sich darauf, herauszufinden, wie Individuen, Organisationen und Nationalstaaten mit neuen Formen von Instabilität zurechtkommen, die sich in den vergangenen vierzig Jahren in westlichen Gesellschaften aufgrund einer weitreichenden Liberalisierungspolitik einhergehend mit technologischem Wandel und großen kulturellen Veränderungen entwickelt haben.

Das Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln und die sozialwissenschaftliche Elite-Hochschule Sciences Po Paris kooperieren in dem Max Planck Center miteinander. Die beiden Direktoren, die deutsche Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Cornelia Woll und der französische Soziologe Prof. Dr. Olivier Godechot, bringen Ausbildungs- und Lehrerfahrung aus Frankreich und den USA mit – ein Glücksfall für das Center, in mehr als einer Hinsicht. Denn so weiß Cornelia Woll die sehr interaktiv ausgerichtete Art des Unterrichtens in den USA nach Paris zu importieren, um die diskussionsfreudige Atmosphäre amerikanischer Lernenden-Kleingruppen nachzuzeichnen. Olivier Godechot, Wissenschaflter der französischen Forschungsinstitution CNRS, war lange Zeit an der École normale supérieure tätig. Gemeinsam verzahnen sie amerikanische und europäische Sozialforschung: Cornelia Woll ist nach einem Politikstudium in Chicago, einer deutsch-französischen Promotion in Köln und Paris und der Leitung einer Otto-Hahn-Gruppe seit 2004 Dozentin an der Sciences Po. Olivier Godechot studierte Soziologie und Statistik an der ENS-EHESS (École des hautes études en sciences sociales) und schloss seine Dissertation in Soziologie 2004 ab. Es folgte die Habilitation, die er 2013 an der Sciences Po erfolgreich beendete. Beide wollen britischen und amerikanischen, also englischsprachigen Kollegen als Türöffner dienen und den Zugang zu französischen und deutschen sozialwissenschaftlichen Thesen erleichtern. Ein Spagat: Denn letztendlich wird auf Englisch publiziert; ein Erfordernis des globalen Wissenschaftsmarkts.

In ihm den richtigen Platz für die wissenschaftliche Zukunft zu finden – auch darin sehen Cornelia Woll und Olivier Godechot ihre Aufgabe bei der Unterstützung von Doktorandinnen und Doktoranden und jungen Forschern. Denn das Max Planck Center ist Anlaufstelle auch für Mitglieder der International Max Planck Research School, der Graduiertenschule des Kölner Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, in die wiederum die Sciences Po als Partner integriert ist. Aber auch Postdocs werden im Center aufgenommen, daneben gibt es ein Austauschprogramm für Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler; alle werden in zwei unterschiedliche Seminarreihen eingebunden.

Die Professoren ergänzen sich in ihrer Forschung. Sozialstrukturen, Finanzen, Ungleichheit und Macht: Diese Begriffe stehen für zentrale Themen. „Mich interessierte immer schon, wie die Zwänge und Strukturen eines Finanzmarktes auf die Organisation einer Gesellschaft einwirken“, sagt Olivier Godechot. Seine Schwerpunkte werden Mobilität auf den Finanz-Arbeitsmärkten, der Arbeitsmarkt für CEOs (Chief Executive Officers) und die daraus entstehenden wirtschaftlichen Ungleichheiten sein.

Für Cornelia Woll stellt sich dabei die Frage der Rückwirkungen auf die Politik: Wer überhaupt wird politisch vertreten? Wie werden wirtschaftliche Ideen in den politischen Entscheidungsprozess eingespeist? Dies nach bereits vorliegenden Untersuchungen für die Vereinigten Staaten in vergleichender Perspektive für Europa zu erforschen, ist ihr Ziel. Beiden Wissenschaftlern kommt die Arbeit einer Art Rückbesinnung auf klassische Fragen der Wirtschaftssoziologie gleich, denn die Konsequenzen wirtschaftlicher Transformationen für die Gesellschaft seien nicht umfassend genug analysiert worden. Und so vereine der Name des Centers „Umgang mit Instabilität in Marktgesellschaften“ zwei sozialwissenschaftliche Forschungstraditionen; das Studium entstehender sozialer Schichten und sozialer Ungleichheit sowie das Studium der Funktionsweise von Märkten.

SB

Foto: © SciencePo/MPI für Gesellschaftsforschung

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