Gen-Katalog für regenerierendes Gewebe

Max-Planck-Forscher finden während der Neubildung von geschädigtem Gewebe bisher unbekannte Proteinfamilien

20. Februar 2013

Amphibien können Gewebe und Organe nach Verletzungen teilweise oder komplett neu bilden. Erst seit kurzem kennen Wissenschaftler einige der molekularen Grundlagen dieser Regeneration. Forschern vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim ist es nun gelungen, einen Katalog aller aktiven Gene des Grünlichen Wassermolches (Notophthalmus viridescens) zu erstellen. Nun wollen die Wissenschaftler in diesem sogenannten Transkriptom nach speziellen Regenerationsgenen suchen.

Ein abgetrenntes Bein wächst innerhalb weniger Monate vollständig nach. Eine im Experiment mehrfach geschädigte Augenlinse wird immer wieder komplett regeneriert, und auch das Herz heilt nach einer Schädigung vollständig: Der Grünliche Wassermolch ist der Regenerationskünstler unter den Molchen. Bei kaum einem anderen Tier sind die Selbstheilungskräfte so perfekt.

Die genetischen Hintergründe dieser Selbstheilungskräfte sind weitestgehend unbekannt. Das liegt auch an der Größe des Molchgenoms. Das Genom des Molches ist etwa zehnmal so groß wie das des Menschen. Dadurch ist es selbst mit neuesten molekularbiologischen Verfahren extrem aufwendig, das Genom komplett zu entschlüsseln. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung wählten deshalb nun zusammen mit Kollegen aus Köln und den USA einen anderen Weg. „Wir haben zunächst aus verschiedenen Geweben von gesunden Molchen, aus den Larvenstadien und aus geschädigtem Gewebe die mRNA, also die Kopien aktiver Gene, vollständig isoliert und sequenziert“, sagte Thomas Braun, Direktor am Max-Planck-Institut und Leiter der Studie. Rund 120.000 der als Transkripte bezeichneten Kopien wurden identifiziert und zum Transkription zusammengefügt und mit Daten aus Proteinuntersuchungen verglichen. „Wir fanden 826 Proteine, die es nur bei den Lurchen gibt, darunter einige bisher unbekannte Proteinfamilien, die in keiner Datenbank zu finden waren“, so Braun. 

Besonders interessant sind dabei die Proteine für die Max-Planck-Wissenschaftler aus den Geweben, die sich nach einer Schädigung in der Regenerationsphase befanden. „Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass einige der neu entdeckten Proteinfamilien am Regenerationsablauf beteiligt sind“, so Braun. Mit dem neuen Molch-Transkriptom ist die Grundlage dafür geschaffen, gezielt die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen zu untersuchen und die Funktion der neu entdeckten Proteine zu bestimmen.

Die Max-Planck-Forscher hoffen, dass ihre Studien mittelfristig Perspektiven für die Regenerationsmedizin bieten: „Wir glauben, dass bei den neuen Proteinfamilien Kandidaten dabei sind, die sich für eine Therapie eignen. Damit könnte der Selbstheilungsprozess eines Patienten stimuliert werden, beispielsweise im Herzmuskel nach einem Infarkt“, sagte Braun.

MH/HR

Zur Redakteursansicht