Feierliche Eröffnung des Max Planck Florida Instituts in den USA
Neues Institut führt Spitzenforscher auf dem Gebiet der Neurowissenschaften zusammen, um die Geheimnisse des Gehirns zu entschlüsseln
Das neue Institut erforscht, ideal eingebettet auf einem Campus mit dem Forschungsinstitut Scripps und der Florida Atlantic University, die grundlegenden Prozesse des Gehirns, um so die Heilungschancen für Krankheiten wie Schizophrenie und Alzheimer zu verbessern. Inzwischen gibt es insgesamt neun Forschungsgruppen am Institut, an dessen Spitze die zwei Direktoren Dr. David Fitzpatrick und Dr. Ryohei Yasuda stehen: Bis 2015 soll das Institut auf 135 Mitarbeiter anwachsen. „Wenn wir die Funktionsweise des Gehirns besser verstehen und damit Ansätze für neue Therapien liefern können, so ist das für Millionen von Menschen in Amerika und rund um den Globus von entscheidender Bedeutung. Schließlich kann man nicht heilen, was man nicht erforscht hat”, erläutert Dr. David Fitzpatrick, Wissenschaftlicher Direktor und Geschäftsführer des MPFI, die Mission des Instituts: „Die grundlegenden Erkenntnisse, die wir hier am Institut gewinnen, werden wir mit Forschern aus aller Welt austauschen, um Behandlungen und Heilverfahren für die zahlreichen Erkrankungen des menschlichen Gehirns zu entwickeln.“
Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft hebt die Vorteile des Standorts hervor: „In Jupiter finden unsere Wissenschaftler mit dem Scripps Research Institute und der Florida Atlantic University hervorragende Partner vor Ort. Mit ihnen bildet unser Institut einen leistungsfähigen neurowissenschaftlichen Forschungscluster, der weithin ausstrahlen wird.“ Gruss unterstreicht zudem, dass die Präsenz in den USA für beide Seiten einen Gewinn darstellt. Zum einen wird die Exzellenz der deutschen Wissenschaft auch im Spitzenforschungsland USA sichtbarer. „Umgekehrt können wir durch das US-Engagement herausragende Forscher für die Wissenschaftscommunity der Max-Planck-Gesellschaft gewinnen, die wohl nicht nach Deutschland gekommen wären.“ Staatssekretärin Cornelia Quennet-Thielen erklärt: „Wir haben in den letzten Jahren die Internationalisierung der deutschen Wissenschaft vorangetrieben, weil wir als aktiver Partner die Forschungszusammenarbeit mit den weltweit Besten mitgestalten wollen. Dabei kommt der Zusammenarbeit mit den USA eine besondere Rolle zu. Das Max Planck Florida Institute for Neuroscience erfüllt alle Voraussetzungen, um ein Leuchtturm der deutsch-amerikanischen wissenschaftlichen Zusammenarbeit zu werden.“
Das Forschungsportfolio der MPG werde durch das neue Institut ideal ergänzt, so der Max-Planck-Präsident: „Die Wissenschaftler um die Direktoren David Fitzpatrick und Ryohei Yasuda nehmen innerhalb der Neurowissenschaften ein vielversprechendes Forschungsgebiet in den Blick. Ein besseres Verständnis der neuronalen Netzwerke in der Hirnrinde kann Millionen von Menschen helfen, die unter neuropsychiatrischen Erkrankungen leiden. In Jupiter wird dieses Thema nun von ganz verschiedenen Seiten angehen.“ Die Aufbaufinanzierung des Staates Florida und des Palm Beach County sei dafür eine wertvolle Grundlage.
Die Leistung des Nobelpreisträgers und MPG-Wissenschaftlers Bert Sakmann stellt Präsident Peter Gruss gesondert heraus. „Mit seiner Aufbauarbeit in Florida hat er wesentlich dazu beigetragen, dass das Institut bereits jetzt fest in der internationalen Wissenschaftscommunity verankert ist. Das gilt auch für Kooperationen zwischen dem Institut in Florida und den Max-Planck-Instituten auf dem Gebiet der Neurowissenschaften in Deutschland.“
CFO Jeff Atwater sagt: „Das Max-Planck-Institut konnte sich keinen besseren Platz als Heimstatt wählen als Florida, wo es sich wunderbar einfügt in die Reihe anderer Forschungsinstitute in unserem innovativen Bundesstaat. Mit seinen Forschungsarbeiten wird das Institut zum wissenschaftlichen und medizinischen Fortschritt beitragen und damit auch Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze in Florida schaffen. Ich hoffe, dass es zukünftige Wissenschaftler ermutigt und inspiriert und das Interesse unserer Studenten an Wissenschaft, Technologie und Ingenieurwesen weckt."
Der von den Washingtoner Architekten ZGF Architects LLP (ZGF) entworfene Neubau des MPFI bietet den Wissenschaftlern und den Forschungsteams hochmoderne Arbeitsbedingungen. Das Gebäude hat auf seinen rund 5.400 qm Laborfläche Platz für Nass- und Trockenlabors, Gerätelabors, computergestützte Forschung, Bildgebungstechnik, Mikroskopieplätze, IT-Services sowie Büroräume für die Wissenschaftler und weitere Mitarbeiter. Die wissenschaftlichen Einrichtungen verteilen sich auf drei Gebäudeflügel. Konferenzräume, ein Auditorium mit 100 Plätzen, Lounges und Verwaltungsbüros sind zentral um eine offene Lobby herum angeordnet, die alle drei Geschossebenen miteinander verbindet. Ein großzügiges Atrium ist direkt mit einer Außenterrasse im ersten Stock verbunden, die als zentraler Treffpunkt fungiert. Um für Kooperationen mit Forschern anderer Organisationen genügend Raum zu haben, verfügt der Neubau zudem über sechs Gästelabors.
Das MPFI setzt hohe Maßstäbe für die Nachhaltigkeit von Laboreinrichtungen. Der Energieverbrauch soll auf ein Minimum reduziert werden. Die Klimatisierung wurde bereits baulich optimiert: Die nach Norden ausgerichteten großen Fenster der Labor- und Büroräume sorgen für maximale Tageslichtausbeute, während der außen liegende Sonnenschutz der nach Süden gerichteten Büros zwar genügend Tageslicht hereinlässt, aber gleichzeitig für einen ausreichenden Wärme- und Blendschutz sorgt. Alle Bereiche sind mit einer ausgeklügelten, energieeffizienten Klimaanlagentechnik ausgestattet. Mechanische Systeme mit innovativen Energierückgewinnungsrädern fangen nutzbare Energie an den Gebäudeabluftsystemen auf. Aus der Raumentfeuchtung stammende Feuchtigkeit wird im Kühlsystem des Gebäudes weiterverwendet. Bei der Gestaltung des Außengeländes kommen trockenresistente heimische Pflanzen zum Einsatz, die mit aufbereitetem Wasser aus der öffentlichen Versorgung bewässert werden. Wegen der zahlreichen Maßnahmen zur Energieeffizienz wurde für den Institutsneubau das Leed-Gold-Zertifikat für nachhaltiges Bauen vergeben.
Die Forschungsgruppen am MPF
Das MPFI hat derzeit neun verschiedene Forschungsgruppen, die jeweils von einem Gruppenleiter geführt werden und sich aus mehreren Wissenschaftlern und Studenten zusammensetzen. Sie widmen sich unterschiedlichen Bereichen, wie etwa neuronalen Erkrankungen, Botenstoffen im Gehirn, neuronalen Schaltkreisen, der Plastizität des Nervensystems und der digitalen Neuroanatomie. Im Folgenden werden einige Forschungsschwerpunkte genannt:
- Dr. David Fitzpatrick, Wissenschaftlicher Direktor und Geschäftsführer des MPFI, erforscht schwerpunktmäßig, wie durch Erfahrungen ausgelöste neuronale Aktivitätsmuster die Entwicklung von Schaltkreisen im Gehirn bereits früh im Leben maßgeblich prägen. Neue Erkenntnisse über die grundlegenden Mechanismen, die für eine solch frühzeitige Anlage von Schaltkreisen verantwortlich sind, sind eine entscheidende Grundlage für die Entwicklung von Behandlungen für eine Vielzahl von Störungen in der Entwicklung des Nervensystems.
- Prof. Dr. Bert Sakmann, Nobelpreisträger, untersucht die Fähigkeit neuronaler Strukturen, sich auf der Grundlage von sensorischen Erfahrungen auch noch im Erwachsenenalter zu verändern. Mit einem erweiterten Wissen über die Mechanismen, die für solche Prozesse im erwachsenen Gehirn verantwortlich sind, könnten innovative Therapien erschlossen werden, die die Wiederherstellung der Gehirnfunktion nach Schädigungen durch neurologische Erkrankungen begünstigen. Dr. Sakmann war es auch, der das erste realistische 3D-Diagramm eines Gehirnschaltkreises entwickelt hat – ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden Computermodell des Gehirns.
- Dr. Ryohei Yasuda, Wissenschaftlicher Direktor am MPFI, beschäftigt sich mit der Fähigkeit neuronaler Synapsen, der Kontaktstellen im Gehirn, sich zu verstärken oder abzuschwächen. Man nimmt an, dass diese Fähigkeit dem Lernen und der Gedächtnisfunktion zugrunde liegt.
- Dr. Sam Young misst, wie Informationen von einer Nervenzelle zur nächsten gelangen — eine notwendige Voraussetzung, um die Ursachen von Alzheimer, Huntington und geistiger Retardierung zu verstehen. Er hat Forschungsinstrumente zur Untersuchung von Genen entwickelt, die mit Parkinson in Zusammenhang stehen.
- Dr. McLean Bolton analysiert Nervenzellnetzwerke des Gehirns. Sie möchte herausfinden, wie sich die Netzwerke bei Verletzungen oder Erkrankungen wie Alzheimer, Autismus, Schizophrenie oder Epilepsie verändern.
- Dr. Jason Christie erforscht die Übertragung elektrischer Signale an den Synapsen. Er konzentriert sich dabei die Art und Weise, wie einlaufende Signale die synaptische Übertragung verstärken oder abschwächen.
- Dr. James Schummers will verstehen, wie die Nervenzellnetzwerke der Großhirnrinde aufgebaut sind und funktionieren – damit konzentriert er sich auf die Gehirnregion, die für höhere geistige Fähigkeiten gebraucht wird. Sein Interesse gilt dabei nicht nur den Nervenzellen selbst, sondern vor allem den sogenannten Astrozyten. Diese gehören zu den Gliazellen und unterstützen die Nervenzellen der Großhirnrinde in unterschiedlicher Weise.
- Dr. Hyungbae Kwon ist den Prozessen auf der Spur, mit denen die Reize aus der Umwelt dafür sorgen, dass die Netzwerke des Gehirns während der Entwicklung korrekt angelegt werden. Seine Forschung soll die Regulation der Gehirnnetzwerke aufklären und darüber hinaus Erklärungen für die Entstehung neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen liefern.
- Dr. Hiroki Taniguchi forscht an Nervenzellen, die den hemmenden Botenstoff GABA an ihren Synapsen zur Signalübertragung einsetzen. Solche hemmenden Neurone regulieren die Aktivität der Nervenzellnetzwerke und spielen eine wichtige Rolle bei verschiedenen Erkrankungen.