Verknüpfung zweier Pharmaka hilft bei Multipler Sklerose

Max-Planck-Forschungsstelle und Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen melden Patent an

26. November 2012

Mehr Wirkung und weniger Nebenwirkung verspricht jetzt eine neue Substanzklasse gegen Multiple Sklerose und andere neurodegenerative Erkrankungen. Dazu haben Wissenschaftler um Gunter Fischer von der Max-Planck-Forschungsstelle für Enzymologie der Proteinfaltung, Halle/Saale, und Frank Striggow vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Magdeburg zwei bereits zugelassene Pharmaka-Grundkörper über eine chemische Linkerstruktur miteinander verbunden. Ziel dieser Verknüpfung ist einerseits ein maximaler Schutzeffekt auf Zellen des Gehirns und andererseits die Unterdrückung unerwünschter Nebenwirkungen. Die neue Wirkstoffklasse wurde jetzt als erstes Patent des DZNE im Rahmen einer Gemeinschaftspatentanmeldung mit der Max-Planck-Forschungsstelle beim Europäischen Patentamt angemeldet.

Multiple Sklerose ist eine entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems. Dabei wird die Isolierung der Leitungsbahnen von Nervenzellen, die so genannten Myelinscheiden der neuronalen Axone, zerstört. Dieser Prozess führt zur Störung der Signalleitung und schließlich zum Tod der betroffenen Nervenzellen. Die Folgen sind permanente neurologische Störungen. Ursache der Multiplen Sklerose sind körpereigene Angriffe auf die zellulären Bestandteile der Myelinscheiden, die Oligodendrozyten. Die Wissenschaftler um Gunter Fischer und Frank Striggow haben deshalb nach neuen Interventionsmöglichkeiten gesucht, die Hirnzellen gegen diese Angriffe schützen. Ziel ist nicht nur die Schädigung und den Verlust von Hirnzellen zu verhindern, sondern auch die Regeneration der Zellen positiv zu beeinflussen.

Die als Bausteine benutzten Wirkstoffe der Cyclosporin und FK506 (Tacrolimus)-Reihe werden, chemisch etwas abgewandelt, bereits seit langem medizinisch als Immunsuppressiva eingesetzt. Beide unterdrücken die zelluläre Immunabwehr. Dieser Effekt ist bei Organtransplantationen notwendig, ansonsten für den Organismus aber kritisch. Die spezifische Verbindung beider Substanzen führt dazu, dass die schützende Wirkung auf die Nervenzelle durch unterschiedliche, aber synergistische Wirkmechanismen verstärkt wird. Gleichzeitig ist der Einfluss auf die Immunabwehr geringer – und damit sinken die Nebenwirkungen. Beide Effekte konnten experimentell nachgewiesen werden. Jetzt wurde die neue Wirkstoffklasse zum Patent angemeldet. „Die Erteilung eines Patentes kann mehrere Jahre dauern. In dieser Zeit möchten wir die präklinische Entwicklung abschließen und sobald wie möglich in die klinische Forschung und Entwicklung gehen. Insgesamt sehen wir ein erhebliches therapeutisches Potenzial in Bezug auf chronische und altersbedingte neurodegenerative Erkrankungen“, so Frank Striggow.

Die Ascenion GmbH begleitet dieses Projekt gemeinsam mit Max-Planck-Innovation als die jeweiligen Verwertungspartner des DZNE und der Max-Planck-Gesellschaft.

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