Blick ins turbulente All

Weltgrößtes Tscherenkow-Teleskop H.E.S.S. II offiziell eingeweiht

2. Oktober 2012

Die Zuschauer staunten, als sich der Gigant auf Knopfdruck in Bewegung setzte: Am vergangenen Freitag wurde das neue Teleskop H.E.S.S. II offiziell eingeweiht. Dank seines 28-Meter-Spiegels hat das bisher aus vier Antennen bestehende H.E.S.S.-Observatorium im namibischen Khomas-Hochland deutlich an Sehschärfe gewonnen. Die Feierlichkeiten hatten am Donnerstag mit einem wissenschaftlichen Symposium begonnen und endeten am Sonntag mit einem Tag der offenen Tür.

In seinem Festvortrag bei der Einweihung würdigte Namibias Bildungsminister Abraham Iyambo die bisherigen bahnbrechenden Entdeckungen von H.E.S.S. (High Energy Stereoscopic System) und die internationale Anerkennung der Anlage. Dadurch sei Namibia zu einem wichtigen Ort auf der Landkarte der Forschung geworden. Mit Blick auf den wissenschaftlichen Nachwuchs wünschte sich der Minister, dass viele Schulklassen das Observatorium besuchen mögen.

Daniel Weselka vom österreichischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung erinnerte an die Entdeckung der kosmischen Strahlung durch den Namensgeber Victor Hess vor 100 Jahren. Für die Max-Planck-Gesellschaft, die etwa die Hälfte von H.E.S.S. II finanzierte, übermittelte Eberhard Bodenschatz Grüße des Präsidenten Peter Gruss. Alle Redner lobten die internationale Zusammenarbeit und die Beiträge von Wissenschaft, Technik und Institutionen, ohne die ein solches Projekt nicht möglich wäre.

Mit einem Druck auf den „roten Knopf“ setzte Abraham Iyambo die neue Antenne schließlich in Bewegung. Die Gäste waren beeindruckt von der synchronen Bewegung aller fünf Spiegel und darüber, wie schnell sich das 580 Tonnen schwere H.E.S.S.-II-Teleskop auf die gewünschte Position am Himmel ausrichten lässt. Beim Rundgang über das Gelände wurde auch der automatisierte Ein- und Ausbau der drei Tonnen schweren Kamera vorgeführt.

Das größte jemals gebaute Tscherenkow-Teleskop wird die energiereichsten und extremsten Phänomene des Universums beobachten. Von dem Instrument nahe des Gamsbergs versprechen sich die Forscher ein tieferes Verständnis bekannter hochenergetischer kosmischer Strahlungsquellen wie supermassiver schwarzer Löcher, Pulsare und Supernovae. Der 28-Meter-Spiegel des neuen Teleskops entspricht der Fläche von zwei Tennisplätzen.

Bereits am 26. Juli hatte das Instrument „erstes Licht“ gesehen und Bilder von atmosphärischen Teilchenschauern aufgenommen, die von Gammastrahlen oder von kosmischer Strahlung erzeugt werden. Insbesondere wird H.E.S.S. II den Himmel bei Energien im Bereich von einigen zehn Gigaelektronenvolt erkunden – also im wenig untersuchten Übergangsbereich zwischen Weltrauminstrumenten und den derzeitigen Teleskopen am Boden, der ein riesiges Potenzial für Entdeckungen bietet.

Der Bau des Teleskops wurde hauptsächlich von deutschen und französischen Institutionen vorangetrieben und finanziert. Wesentliche Beiträge kamen aus Österreich, Polen, Südafrika und Schweden. Das Heidelberger Max-Planck-Institut für Kernphysik beteiligte sich maßgeblich an der Entwicklung und dem Design aller Komponenten außer der Kamera und ihrer Elektronik und koordinierte die Aufbauarbeiten. Die Max-Planck-Gesellschaft war mit einem Anteil an der Finanzierung von knapp 50 Prozent der mit Abstand größte Geldgeber für H.E.S.S. II.

 

HOR / BF

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