Bare Münze gegen Schall und Rauch

Rechtswissenschaftler und Praktiker untersuchen die Vermarktung von Namensrechten an Sportstätten

22. Dezember 2010

Die Allianz Arena in München, die Commerzbank Arena in Frankfurt am Main oder der Signal Iduna Park in Dortmund - seit 2001 mit dem Hamburger SV erstmals ein Fußballerstligist die Namensrechte an seinem Stadion an ein Unternehmen vergab, hat sich die Namensvermarktung deutscher Sportstätten rasant entwickelt. Mittlerweile spielen zwölf von 18 Fußballvereinen der Bundesliga in Stadien, die nach einem Sponsor benannt sind. "Dabei ist der Höhepunkt der Vermarktung von Sportstätten in Europa sicherlich noch nicht erreicht", sagt der Rechtswissenschaftler Reinhard Zimmermann, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht. "Die Vermarktung von Namensrechten an Sportstätten im nationalen und internationalen Recht" war daher der Titel des diesjährigen Symposiums des Forums für internationales Sportrecht. Gemeinsam mit Ulrich Becker, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht, lud Zimmermann Rechtspraktiker und Experten aus Sport und Wirtschaft nach Hamburg ein, um die rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründe dieser in Deutschland noch vergleichsweise jungen Vermarktungsform zu durchleuchten.

In einem Punkt waren sich die Teilnehmer schnell einig: Die rechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit der Vermarktung der Namensrechte an Sportstätten werden immer wichtiger. Nicht zuletzt auf Grund der bevorstehenden Fußball-Europameisterschaften in Polen und in der Ukraine 2012, in Frankreich 2016 sowie der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland 2018 sind in diesen Ländern bedeutende Vertragsschlüsse im Bereich der Vermarktung von Namensrechten zu erwarten.

Schließlich steigt durch solche sportlichen Großereignisse der Bedarf an neuen, modernen Spielstätten, und diese müssen finanziert werden. Neben Osteuropa gilt insbesondere die Türkei als Wachstumsmarkt.

Während der Eigentümer oder Betreiber eines Stadions mit der zumeist zeitlich befristeten Übertragung des Namensrechts in erster Linie eine zusätzliche Finanzierungsquelle erschließe, sei die Nutzung des Namensrechts für den Sponsor ein vielversprechendes Instrument im Rahmen seiner Kommunikations- und Marketingaktivitäten, erklärte Maria Walsh als Vertreterin einer Sportmarketing-Agentur in der interdisziplinären Expertenrunde. "Im Vergleich zu den Kosten für TV-Werbeminuten zur Prime Time stellen die für das Sportstättensponsoring gezahlten Beträge eine preisgünstige Werbeform dar", sagte sie.

Keine Werbung für Stadionsponsor bei Großereignissen

Dem Hamburger Rechtsanwalt Mirko Wittneben zufolge enthalten diese typischerweise auch die Vereinbarung, dass der Namensinhaber den Sponsor bei der Einführung des neuen Stadionnamens unterstützen muss. Da die Medien nicht dazu verpflichtet werden können, den neuen Namen tatsächlich zu verwenden, ist diese Kooperation der Vertragspartner von tragender Bedeutung. Darüber hinaus müssten sich die Geschäftspartner bewusst machen, dass das Recht des Sponsors auf werbliche Präsenz beschränkt werden kann, etwa wenn Sportstätten bei Fußballspielen der Champions- oder der Europa League, der FIFA-WM oder bei Olympischen Spielen Werbebeschränkungen unterliegen. In der Regel werden Namensrechtsverträge auf fünf bis 15 Jahre befristet, wobei grundsätzlich ein Recht zur außerordentlichen Kündigung vorgesehen ist. Allerdings müssen wichtige Kündigungsgründe im Vertrag festgelegt werden. "In Frage kommt hier die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über Vermögen oder andere imageschädigende Handlungen oder Ereignisse einer Partei", erläutert Wittneben.

In Deutschland gibt es bei Namensänderungen besonders traditionsreicher Spielstätten nicht selten Widerstand aus den Reihen der Fans. Nirgendwo konnten diese sich jedoch so nachhaltig durchsetzen wie beim FC St. Pauli, wie Michael Meeske, Geschäftsleiter des Vereins, in seinem Vortrag schilderte. 2007 untersagte die Mitgliederversammlung per Mehrheitsbeschluss die namensrechtliche Vermarktung des traditionell mit dem Verein verbundenen Millerntor-Stadions. Der Identitätsverlust, den viele durch ein solches Geschäft befürchteten, wog offenbar schwerer als die Aussicht auf zusätzliche Einnahmen. Das Stadion des Hamburger SV trägt demgegenüber in dieser Saison bereits seinen vierten Namen innerhalb von zehn Jahren.

Was nach einem simplen Deal für beide Seiten klingt, erscheint Rechtswissenschaftlern wie Reinhard Zimmermann und Ulrich Becker allerdings mit Fragen behaftet: "Wer ist Inhaber des Namensrechts an einer Sportstätte und wer darf Namensrechte kommerzialisieren? Wer muss gegebenenfalls zustimmen? Was müssen die Parteien bei Vertragsabschluss beachten, um etwaige spätere Streitigkeiten zu vermeiden?" Schließlich sei die wirtschaftliche Bedeutung dieser Verträge ungemein groß, stellen sie mit Verweis auf den weltweiten Markt für Namensrechte an Sportstätten fest. Allein im vergangenen Jahr seien schätzungsweise rund zehn Milliarden US-Dollar zwischen Vereinen, Hallenbetreibern oder Sportstätteneignern einerseits und Sponsoren aus der Wirtschaft andererseits geflossen. Allein 75 Prozent davon entfielen auf die USA, das Ursprungsland dieser Vermarktungsform. So waren in den USA die ersten Unternehmen Anfang der 1970er Jahre des 20. Jahrhunderts auf die Idee gekommen, Stadien als Kommunikationsplattform zu nutzen. Mittlerweile liegen in den USA die Namensrechte von über 100 Hallen, Stadien und Arenen in Sponsorenhand. Teilweise sind dafür dreistellige Millionen-Dollar-Beträge bezahlt worden. Dafür darf der Sponsor - meist für einen befristeten Zeitraum - den Namen der Sportstätte zu Werbezwecken nutzen und sein Firmenlogo im Bereich des Stadions oder auf Eintrittskarten und Publikationen des Vereins anbringen.

Teure Stadien in München und London

In Europa ist - so war auf dem Symposium auch zu erfahren - Deutschland hinsichtlich Anzahl und Höhe der Deals Tabellenführer. Großbritannien liegt auf dem zweiten Platz vor Spanien und den Niederlanden. Dabei bildeten die Münchner Allianz Arena und das Londoner Emirates Stadium mit Einnahmen von je rund sechs Millionen Euro pro Jahr die europäische Spitze. Grundsätzlich aber spielt die Vermarktung von Namensrechten an Sportstätten in Großbritannien keine so große Rolle, wie es angesichts dieser Platzierung erscheinen mag. "Dies resultiert jedoch weniger aus einem Widerstand gegen die fortschreitende Kommerzialisierung im Fußball, als aus der im Vergleich zu Deutschland besseren finanziellen Ausstattung der Premier League", erklärte Simon Cliff, General Counsel des Manchester City Football Club in seinem Vortrag. Das wirtschaftliche Potenzial der namensrechtlichen Vermarktung ihrer Spielstätten haben auch die britischen Clubs im Auge. So hat der 2008 von der Abu Dhabi United Group übernommene Manchester City FC bereits damit begonnen, einzelne mit ihm verbundene Standorte, wie das Carrington Training Centre und die City Academy, in Form von Kooperationen, die bisher noch keine Namensrechte enthalten, an Sponsoren aus Abu Dhabi zu vermarkten. Auch für die angestrebte namensrechtliche Vermarktung des City of Manchester Stadium, für das der Club durch einen 250-jährigen Pachtvertrag weitreichende Verfügungsrechte besitzt, ist ein entsprechender Vertragsabschluss bisher noch nicht gelungen.

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