Immunzellen weisen Lymphgefäßen den Weg

Weiße Blutkörperchen geben Startsignal zur Bildung von Lymphbahnen

16. März 2010

Blut- und Lymphgefäße sind die Verkehrsnetze unseres Körpers. Alles, was unsere Zellen benötigen, gelangt durch arterielle Gefäße an seinen Bestimmungsort. Venen und Lymphbahnen wiederum helfen beim Abtransport, sind jedoch streng getrennte Gefäßsysteme. Forscher vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin in Münster haben nun entdeckt, dass eine spezialisierte Gruppe von Blutzellen im Embryo Lymphgefäße sprießen lassen kann. Diese Blutzellen bilden Botenstoffe, die das Auswachsen von Gefäßen veranlassen. (Developmental Cell, 16. März 2010)

Lymphgefäße durchziehen den gesamten Körper. Sie leiten überschüssige Flüssigkeit und Abfallstoffe aus den Geweben, außerdem sind sie wichtige Transportbahnen für Immunzellen. Lymph- und Blutgefäße sind abgesehen von zwei Verbindungsstellen im Bereich der Schlüsselbeine getrennte Systeme. So verlaufen sie beispielsweise in der Haut in unterschiedlichen Schichten. Die Transportsysteme des Körpers können offenbar nur getrennt richtig funktionieren, denn Mutationen im Erbgut, die diese Trennung verhindern, enden für den Organismus fast immer bereits in der Embryonalphase tödlich.

Die Max-Planck-Wissenschaftler aus Münster haben nun entdeckt, dass eine Gruppe weißer Blutkörperchen, so genannte myeloide Zellen, das Signal für die Bildung von Lymphgefäßen geben können. Die Forscher konnten beobachten, dass immer dort Gefäße besonders stark sprossen, wo sich zuvor die weißen Blutkörperchen angesammelt hatten. Die Zellen bildeten vermehrt Signalstoffe und lösten so die Bildung von Lymphbahnen aus. Bislang war man davon ausgegangen, dass eine fehlerhafte Regulation der Endothelzellen zum unkontrollierten Wachstum der Lymphgefäße führt.

Signalmolekül Syk verhindert übermäßiges Wachstum von Lymphgefäßen

Gemeinsam ist den myeloiden Zellen das Enzym Syk. Dieses intrazelluläre Signalmolekül spielt den Forschern zufolge eine wichtige Rolle bei der Bildung von Lymphgefäßen. Dies konnten die Forscher bei Mäusen beobachten, die aufgrund eines Gendefekts kein Syk bilden können. Bei diesen so genannten Knockout-Mäusen vermischen sich Blut- und Lymphgefäße - es entstehen Verbindungen zwischen beiden Systemen und führen bereits im Mutterleib zum Tod der Tiere. Fehlt Syk, so häufen sich viele myeloide Zellen an, die mehr Botenstoffe bilden. "Dadurch entstehen mehr Lymphgefäße, die nun auch in Bereiche der Haut einwachsen, in denen sonst nur Blutgefäße vorkommen. Vermutlich fördert die räumliche Nähe, dass sich zwischen den beiden Systemen Verbindungen bilden und die Trennung zwischen Blut- und Lymphsystem aufgehoben wird", erklärt Friedemann Kiefer.

Syk reguliert also die Ansammlung myeloider Zellen und die Ausschüttung von Botenstoffen so, dass Lymph- und Blutgefäße nicht in Kontakt kommen. Dadurch werden die beiden Systeme getrennt gehalten. Als nächstes wollen die Forscher herausfinden, wie die weißen Blutkörperchen die Stellen auswählen, an denen sie das Sprossen neuer Lymphgefäße auslösen.

Diese Erkenntnisse könnten eines Tages dazu beitragen, dass das Wachstum von Lymphgefäßen gezielt angeregt werden kann. Davon könnten beispielsweise Krebspatienten profitieren, denen von Tumorzellen befallene Lymphknoten entfernt werden müssen. Als Folge davon leiden diese Patienten häufig unter Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe, so genannten Lymphödemen. Umgekehrt könnte die Ausbreitung von Krebszellen über das Lymphsystem verhindert werden, indem das Einwachsen von Lymphgefäßen in Tumore unterdrückt wird.

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