Krisenmanager der Pflanzenabwehr

Biologen haben einen wichtigen Helfer für eine vollständige Immunantwort bei Pflanzen entdeckt

1. Juli 2010

Pflanzenparasiten, die bereits in eine Zelle eingedrungen sind, werden durch ein Protein in Schach gehalten, das sowohl im Zellkern als auch im Zytoplasma aktiv wird. Im Kern sorgt es dafür, dass die für die Abwehr benötigten Gene abgelesen werden. Im Zytoplasma könnte es den Tod der infizierten Zelle herbeiführen oder dem Zellkern zuarbeiten. (PLoS Pathogens, 2. Juli 2010)

Pflanzen sind nicht bereit, sich einem Eindringling widerstandslos hinzugeben. Auf Widersacher reagieren sie genau wie andere Lebewesen mit einer Immunantwort. Allerdings können sich Pflanzen keinen Fehlalarm leisten, weil jede überflüssige Immunreaktion mit einem erheblichen Stress verbunden ist und das Wachstum beeinträchtigt. Deshalb dosieren Pflanzen ihren Einsatz sehr genau. Wenn sich die Bedrohung allerdings schon in der Pflanzenzelle zeigt, muss schnell und effektiv reagiert werden, damit nicht die gesamte Pflanze Schaden nimmt.

Ein Protein, das dabei offensichtlich eine zentrale Rolle spielt, ist EDS1. Dieses nur mit einem Akronym bezeichnete Eiweiß wird von einem inneren Radar alarmiert. Pflanzen arbeiten bei der Immunabwehr mit einem doppelten Radarsystem, einem auf der Zelloberfläche und einem im Zellinneren. Der äußere Radar besteht aus speziellen Rezeptoren, die wie Häscher nach potentiellen Angreifern suchen. Der innere Radar arbeitet mit Sensoren, die alle wichtigen pflanzlichen Eiweiße bewachen. Vergreift sich der Eindringling an einem dieser Eiweiße, weiß die Zelle, dass sie sofort reagieren muss. Der Notruf geht dann an EDS1, das daraufhin seine Präsenz im Zellkern und im Zytoplasma erhöht und dort als Krisenmanager tätig wird.

Darauf haben jetzt Jane Parker vom Max Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln und ihre Kollegen hingewiesen. Offensichtlich gibt es auch enge Absprachen zwischen beiden Kompartimenten, denn es genügt für eine effektive Immunantwort nicht, wenn EDS1 nur im Zellkern auftaucht, ohne dass es vorher ein Signal des Erregers gegeben hätte. Erarbeitet wurden die Ergebnisse an der Ackerschmalwand (Arabidopsis) als Modellpflanze.

Das Protein vermittelt offensichtlich zwischen dem inneren Radar und der weiteren Immunantwort. "Wir wussten bislang nicht, wie es weitergeht, nachdem der innere Radar einen Notruf abgesetzt hat", sagt Jane Parker. "Mit EDS1 haben wir jetzt einen wichtigen Vermittler gefunden." Nach dem Anspringen des Radars steigt die Konzentration des Proteins im Zellkern an und die Gene für die Abwehrreaktion werden in eine Botenribonukleinsäure umgeschrieben. Die Wissenschaftler haben allerdings bislang noch keinen Hinweis dafür gefunden, dass EDS1 selbst das Ablesen der Gene vorantreibt. Es sieht vielmehr so aus, als ob das Protein alles dafür vorbereitet. Es könnte also sein, dass es die nötigen Proteine einfängt und zu einem Komplex zusammenführt. Es könnte aber auch sein, dass es ein Teil des Komplexes ist, mit dem die DNA in eine Botenribonukleinsäure umgeschrieben wird.

Dass das Protein eine wichtige Rolle bei der pflanzlichen Immunantwort spielt, steht außer Frage. Wird es so verändert, dass es sich selbst wieder aus dem Zellkern wirft, bleibt die Immunantwort schwach. Allerdings ist für die Abwehr auch das EDS1 im Zytoplasma notwendig. Welche Rolle es dort spielt, ist jedoch unklar. Parkers Experimente legen nahe, dass es eine enge Absprache zwischen dem Protein im Zellkern und im Zytoplasma gibt und dass ein ständiges Hin und Her für eine vollständige Immunantwort notwendig ist. Eine Variante, die nicht mehr in den Kern wandern kann, lässt Zellen an der Infektionsstelle absterben. "Es könnte also sein, dass EDS1 im Zytoplasma den programmierten Zelltod auslöst, davon aber abgehalten wird, wenn im Zellkern alles Nötige für eine effektive Immunantwort angelaufen ist", sagt Parker. "Es könnte aber auch sein, dass EDS1 im Zytoplasma Proteine einsammelt, die anschließend im Zellkern gebraucht werden."

Die Wissenschaftlerin will als nächstes die Rolle des Proteins in beiden Kompartimenten genauer untersuchen und herausfinden, welche Absprachen für eine effektive Immunantwort getroffen werden müssen. Die Ergebnisse helfen dabei, zu verstehen, wie die Pflanze zu einer angemessenen Immunreaktion kommt, einer, die den Feind beseitigt, aber gleichzeitig ihrem Wachstum nicht schadet.

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