Hart wie ein Haizahn

Zähne verschiedener Haiarten und des Menschen ähneln sich in ihren Materialeigenschaften

Mit Haizähnen verbinden sich schaurige Legenden, aber sie sind nicht so einzigartig, wie man vermuten könnte. Denn die Zähne eines Menschen sind genauso hart wie die des gefürchteten Raubtieres. Das ist ein Ergebnis einer Studie, in der Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen und des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung die Eigenschaften von Haifischzähnen untersuchten. Demnach ist nicht das Material, sondern nur die Form der Zähne auf ihre Funktion – Schneiden, Reißen oder Mahlen – optimiert.

Nicht jeder Hai hat den gleichen Biss: Während der Tigerhai Stücke aus seinen Opfern eher heraus schneidet, reißt der Kurzflossenmako Teile seiner Beutetiere ab. Zwei Haie – zwei unterschiedliche Techniken. Wie sich das in den Eigenschaften der Zähne widerspiegelt, haben Wissenschaftler um Matthias Epple, Professor an der Universität Duisburg-Essen, und Dierk Raabe, Direktor am Max-Planck-Institut für Eisenforschung, untersucht. Um herauszufinden, warum der eine Zahn besser zum Schneiden und der andere besser zum Reißen taugt, analysierten sie die chemische Zusammensetzung, die Struktur und die mechanischen Eigenschaften, wie etwa die Härte, der Zähne beider Haiarten.

In ihrer äußeren Form unterscheiden sich die Zähne der beiden Haie deutlich: Die Zähne des Tigerhais sind breit, flach und ihre Schnittfläche erinnert an ein Sägeblatt, so dass der Fisch mit ihnen wie mit einem Messer in das Fleisch seiner Opfer schneiden kann. Die Zähne des Kurzflossenmako ragen dagegen lang und spitz aus dessen Kiefer hervor. Der Raubfisch schlägt sie wie Dolche tief in sein Beutetier, um Stücke aus ihnen herauszureißen.

Gleiche Härte trotz eines weicheren Materials

Wie die Forscher in ihrer Analyse herausfanden, ähnelten sich die Materialeigenschaften der Zähne trotz ihrer unterschiedlichen Funktion jedoch sehr. So enthalten die Zähne beider Arten sowohl im Zahnschmelz als auch im Zahnmark etwa gleiche Anteile an Mineralien, organischen Materialien, Wasser und Carbonaten. Dementsprechend erwies sich der Zahnschmelz, der für die Härte des Zahnes insgesamt ausschlaggebend ist, bei beiden Raubfischen als gleich hart. Der Zahnschmelz der Haie ist aber auch nicht härter als der des Menschen. „Das hat uns deshalb überrascht, weil der Zahnschmelz des Menschen im Wesentlichen aus einem viel weicheren Mineral besteht“, sagt Dierk Raabe. Während es sich beim mineralischen Anteil im Zahnschmelz der Haie um den harten Fluorapatit handelt, enthalten menschliche Zähne das weichere Hydroxylapatit.

Erklären lässt sich dieser augenscheinliche Widerspruch durch die besondere Struktur der menschlichen Zähne. Wie aus vorherigen Untersuchungen bekannt ist, sind die Hydroxylapatit-Kristallnadeln darin so angeordnet und durch Proteine miteinander verklebt, dass ein Bruch nicht durch den ganzen Kristall läuft. „Für die Härte ist also nicht nur ein einziger Bestandteil entscheidend, sondern alle Komponenten und ihre spezielle Anordnung innerhalb der Gesamtstruktur“, sagt Helge Fabritius vom Max-Planck-Institut für Eisenforschung.

Die Form bestimmt die Funktion der Zähne

In ihrer Analyse der Haizähne entdeckten die Forscher noch weitere Besonderheiten. So ordnen sich die Mineralkristalle bei beiden Fischen in Bündeln an und bilden somit eine sehr geordnete Struktur. Allerdings sind die Kristalle des Kurzflossenmako etwas länger als die des Tigerhais. Bei beiden Arten erkannten die Wissenschaftler auf der Zahnoberfläche zusätzlich eine sehr dünne Schicht unstrukturiert angeordneter Kristalle, die die Zähne zum Glänzen bringt. Auch das Zahnmark beider Tiere besitzt den gleichen Aufbau und stimmt auch mit dem des Menschen überein: Es enthält nur wenige kleine Mineralkristalle, die mit einer organischen, von Kanälen durchzogenen Matrix umgeben sind.

„Aus den vielen Gemeinsamkeiten zwischen den Zähnen des Tigerhais und Kurzflossenmakos, aber auch zwischen Hai- und Menschenzähnen schließen wir, dass lediglich die Form deren Funktion bestimmt“, sagt Dierk Raabe. Und trotz der verschiedenen Funktionen hat sich also zumindest in diesen Beispielen über Artgrenzen hinweg, aber auch zwischen Fischen und Säugetieren ein Designprinzip der Zähne durchgesetzt, das die Natur nur wenig variiert.

(SB/PH)

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