Neuer Signalweg für Insulin-Freisetzung entdeckt

Diabetes mellitus nach Ausfall eines Verstärkungsmechanismus in Insulin-produzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse

5. Mai 2010

Bei Diabetes mellitus kommt es aufgrund einer gestörten Insulinfreisetzung zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel. Bisher besteht die medikamentöse Standardtherapie darin, den Insulinspiegel durch das Spritzen von Insulin oder durch die Gabe von Insulin-freisetzenden Arzneimitteln anzupassen. Wissenschaftler der Abteilung Pharmakologie des Bad Nauheimer Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung haben nun in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Tübingen einen neuen Mechanismus für die Regulation der Insulinfreisetzung entdeckt. Ziel ist es nun, dieses Wissen zur Entwicklung neuartiger Verfahren einzusetzen. Durch eine verbesserte und einfacher durchzuführende Therapie könnten Patienten so ein Stück Lebensqualität zurückbekommen. (J. Clin. Invest., 3. Mai 2010)

Insulin wird in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse produziert. Die Freisetzung aus diesen Zellen unterliegt einem komplexen Regulationsmechanismus, dessen Stellrädchen noch nicht alle bekannt sind. Wichtigster Auslöser der Insulinsekretion ist der nach einer Mahlzeit erhöhte Glukosespiegel im Blut, eine Feinregulation wird jedoch durch eine Reihe von Botenstoffen vermittelt, die vom Nervensystem oder dem Verdauungstrakt freigesetzt werden. Viele dieser regulierenden Substanzen vermitteln ihre Wirkungen durch G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, wie zum Beispiel der Neurotransmitter Acetylcholin, das gastrointestinale Hormon GLP-1 oder die Fettsäure Palmitat.

Über welche intrazellulären Signalwege diese Rezeptoren die Insulinsekretion beeinflussen, untersuchten Dr. Nina Wettschureck und Dr. Antonia Sassmann am Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung nun mit Hilfe von Knockout-Mäusen. Die Besonderheit dieser Mäuse bestand dabei darin, dass selektiv in Betazellen dieser Tiere ein zentraler Signalweg G-Protein-gekoppelter Rezeptoren inaktiviert wurde: die Gq/G11-Familie heterotrimerer G-Proteine. Es zeigte sich, dass diese Tiere einen Diabetes mellitus mit Störung der frühen Phase der Insulinfreisetzung entwickelten. "In einem Zellkulturexperiment konnten wir zeigen, dass Acetylcholin oder Palmitat in Betazellen ohne Gq/G11 keine Verstärkung der Insulinausschüttung mehr hervorrufen", sagt Nina Wettschureck.

Während dieses Ergebnis für die Max-Planck-Forscher nicht unerwartet kam, überraschte sie aber ein weiterer Befund. "Der Clou ist, dass nicht nur die Effekte von Acetylcholin oder Palmitat aufgehoben sind, auch die Insulinausschüttung durch Glukose selbst ist in Betazellen ohne Gq/G11 verringert", so Wettschureck. Die Forscher konnten zeigen, dass die verminderte Reaktion auf Glukose mit einem verlangsamten Schließen des ATP-abhängigen Kaliumkanals zusammenhängt, welcher eine zentrale Rolle bei der Glukose-vermittelten Insulinsekretion spielt.

Für die Bad Nauheimer Wissenschaftler stellte sich deshalb die Frage, wie Glukose die Gq/G11-Proteine aktivieren kann. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die gemeinsam mit Insulin ausgeschütteten Nukleotide UDP und ADP sowie Kalzium-Ionen verschiedene Gq/G11-gekoppelte Rezeptoren auf Betazellen aktivieren, wodurch es zu einem erleichterten Schließen von Kaliumkanälen und damit zur Aktivierung von Insulinsekretion kommt.

Die Wissenschaftler erhoffen sich von diesen Erkenntnissen eine verbesserte Therapie von Diabetikern: "Neue Wirkstoffe könnten in diesen Verstärkungsmechanismus eingreifen, so dass die Betazellen wieder mehr Insulin ausschütten", hofft Wettschureck.

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